Insolvenzmeldungen gab es in den vergangenen Wochen und Monaten zahlreiche. Der Wiener Szenegastronom Martin Ho hat es bisher aber geschafft, den Namen seiner Dots-Gruppe größtenteils rauszuhalten. Dabei sieht es in seinem komplex aufgebauten und verschachtelten Firmenkonstrukt gar nicht so rosig aus. Einige seiner Unternehmen wechselten Name, Eigentümer und Geschäftsführer und wurden kurz darauf in die Insolvenz geschickt. DER STANDARD hat berichtet.

Die Arbeiterkammer (AK) beschäftigt sich dennoch weiter intensiv mit Ho und hat nun wegen des Verdachts auf Betrug die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Auf Anfrage des STANDARD weist die Dots-Gruppe die Vorwürfe scharf zurück. Es handle sich um eine "haltlose Diffamierung ohne wirtschaftliches Grundverständnis" und eine "peinliche Wahlkampf-Show".

Um zu verstehen, warum die AK eine Anzeige eingebracht hat, muss man sich das Konstrukt genauer ansehen. Konkret geht es um die Unternehmen Bao Lynn Flowers (ehemals Dots Nussdorf), Rixi Seven Personalverwaltung (Dots Establishment) und Rixi One Personalverwaltung (Dots at The Leo Grand). Alle drei sind insolvent, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter warten seit Monaten auf ihr Geld, heißt es bei der AK Wien. Man habe bereits offene Forderungen in Höhe von 240.000 Euro von 44 Beschäftigten eingeklagt.

Die Rixi One Personalverwaltung GmbH war binnen weniger Monate die vierte Ex-Firma von Martin Ho, die pleitegegangen ist. Allen Insolvenzen ging eine Namensänderung voraus.
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Betriebsübergang

Laut AK wurden die meisten Leute, die bei den mittlerweile insolventen Unternehmen angestellt waren, von einer anderen Dots-Gesellschaft übernommen – der HG Operating (vormals Ho Gallery). Gesellschafterin der HG Operating ist die Dots Beteiligung GmbH, sozusagen das Mutterschiff der Dots-Gruppe, an der Ho 49 Prozent der Anteile hält. "Sowohl für die Beschäftigten als auch für die Gäste änderte sich nach der Übernahme nichts. Dienstort, Einsatzbereich, Website, Außenauftritt – alles blieb gleich", sagt Ludwig Dvořák von der AK Wien in einer Pressekonferenz am Dienstag. Somit liege ein sogenannter Betriebsübergang vor.

Laut Wirtschaftskammer liegt ein Betriebsübergang vor, wenn ein Unternehmen, Betrieb oder Betriebsteil entgeltlich oder unentgeltlich übereignet wird. Das kann in Form eines Verkaufs, einer Schenkung oder eines Pächterwechsels passieren. Bei einem Betriebsübergang übernimmt der neue Arbeitgeber die Arbeitsverhältnisse mit allen Rechten und Pflichten – also auch offene Löhne sowie ausständiges Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Laut Dvořák habe die Dots-Gruppe darauf spekuliert, dass der Insolvenzentgeltfonds die offenen Entgelte bezahlt, weil das Personal zur Bao Lynn Flowers bzw einer der Rixi-Firmen gehöre.

Versuchter Betrug?

Die Arbeiterkammer hat anhand der Rixi One GmbH (Dots at The Leo Grand) die Ströme der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verfolgt. Die Passiva betragen 1,2 Millionen Euro, hieß es im Jänner, als die Zahlungsunfähigkeit angemeldet wurde. Dabei habe sich der Verdacht erhärtet, dass der Arbeitgeber zu einem Zeitpunkt, zu dem es bereits offene Ansprüche gab, die in weiterer Folge von der AK eingeklagt wurden, weiterhin Beschäftigte aufgenommen hat. Deren Ansprüche hätten dann ebenfalls eingeklagt werden müssen.

"Es besteht daher der Verdacht, dass der Arbeitgeber die Leute zur Arbeitsleistung veranlasst hat, obwohl ihm hätte klar sein müssen, dass er ihre Lohnansprüche nicht zeitgerecht bzw. vollständig erfüllen kann", sagt Dvořák. Das begründe den Verdacht des Betrugs. Man habe deswegen eine detaillierte Sachverhaltsdarstellung der Staatsanwaltschaft mit der Bitte um Prüfung übermittelt. Es klingt im ersten Moment, als hätte die AK Martin Ho angezeigt, doch so ist es nicht. Es geht darum, die Frage zu klären, ob und welche Machthaber der Gesellschaften sich strafrechtlich etwas haben zuschulden kommen lassen. Da geht es neben Ho vor allem um die zuletzt zuständigen Geschäftsführer.

Die Dots-Gruppe teilte in einer Stellungnahme mit, dass es von "mangelndem wirtschaftlichem Verständnis" zeuge, "Gesellschaften im Zusammenhang mit der DOTS GROUP zu bringen, die seit geraumer Zeit nicht mehr in deren Einflusssphäre liegen". Die "rein politisch motivierte Agitation der Arbeiterkammer" lasse sich "nur als Wahlkampf-Geplänkel einordnen". Fakt sei, "dass die DOTS GROUP nicht betriebsnotwendige Gesellschaften im Zuge der Restrukturierung und Internationalisierung veräußert hat". Deren wirtschaftliches Agieren obliege "ausschließlich der neuen Eigentümerin und ihrer Geschäftsführung".

"Fragwürdige Geschäftsmodelle"

"Manche Unternehmen verursachen durch fragwürdige Geschäftsmodelle hohe Kosten für den Sozialstaat. Insolvenzen werden quasi ausgelagert, um offene Entgeltansprüche auf die Allgemeinheit abzuwälzen und sich der unternehmerischen Verantwortung zu entziehen", sagt Dvořák. Er verweist dabei auf Beispiele wie die Ex-Firmen der Dots-Gruppe, Signa oder Hygiene Austria. "Sie drücken sich um Sozialversicherungsbeiträge oder hängen ihre Lohnkosten durch Insolvenzen der Allgemeinheit um. Die Allgemeinheit zahlt die Zeche dafür", meint Dvořák.

Offiziell hat sich Martin Ho im Sommer 2022 vom operativen Geschäft zurückgezogen und die Leitung einer vermutlich nahen Verwandten übertragen. Der Grund dafür war, dass sich Ho auf die internationale Expansion konzentrieren wolle. (Andreas Danzer, 13.3.2024)