Eine spezielle Beratungsstelle soll Betroffenen bei sexueller Belästigung und Machtmissbrauch in Medien helfen.
Eine spezielle Beratungsstelle soll Betroffenen bei sexueller Belästigung und Machtmissbrauch in Medien helfen.
IMAGO/Zoonar.com/Mathias Fengler

Fälle von Machtmissbrauch bei Film und Theater waren zuletzt Thema in Medien. Sexuelle Belästigung, Gewalt von Vorgesetzten, Kollegenschaft und Interviewten, Drohungen, Einschüchterung, Rufschädigung, Diffamierung gibt es aber auch in Medienbetrieben selbst.

Mehr als zwei Drittel von in österreichischen Medien Beschäftigten waren in Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit von Machtmissbrauch betroffen, belegt eine Umfrage des Vereins Columna V. Drei Viertel gaben an, der Missbrauch sei von ihren Vorgesetzten ausgegangen, die Hälfte nannte Kollegen oder Kolleginnen, ein Viertel fühlte sich von Interviewpartnerinnen oder -partnern belästigt.

Strukturelles Problem

Columna V ist die Vertrauens- und Kompetenzstelle gegen Belästigung und Gewalt in der Medienbranche. Der Verein wurde vor einem Jahr ins Leben gerufen.

Die Umfrage ging über branchenspezifische Newsletter an in Medien beschäftigte Menschen. 223 antworteten. "Wir wollten belegen, dass es sich bei Machtmissbrauch auch in Medien um ein strukturelles Problem handelt", sagt Katrin Grabner von Columna V.

83,5 Prozent gaben an, aufgrund ihres Geschlechts oder ihrer Geschlechtsidentität diskriminiert worden zu sein, 33,9 Prozent aufgrund ihres Alters*. Bei mehr als der Hälfte der Befragten wurden in der Folge Aufträge oder Beförderungen verweigert. 42 Prozent der Betroffenen sahen sich mit Rufschädigung konfrontiert, mehr als 40 Prozent waren Anfeindungen ausgesetzt. Eine spezielle Ansprechperson, an die sich Betroffene wenden können, fehlt in der Mehrzahl der Betriebe.

"Die Medienbranche ist ein Boys' Club"

In Detailantworten beschrieben Betroffene, immer wieder mit sexistischen Witzen konfrontiert worden zu sein. Mehrmals sei die Aussage "Die Medienbranche ist ein Boys' Club" gefallen. "Selbst wenn man intern darüber sprechen kann, wird es unter den Teppich gekehrt", sagt Grabner.

Der Verein Columna V will Frauen ermutigen, Übergriffe zu melden, und fordert eine für alle Geschlechter offene, unabhängige Beratungsstelle, finanziert durch die öffentliche Hand. Columna V sieht das Medienministerium gefragt. Positive Signale für eine solche Anlaufstelle gibt es von fast allen Parteienvertreterinnen – inklusive der ÖVP. Lediglich eine Anfrage der FPÖ durch den Verein blieb unbeantwortet.

"Unsichtbare Barrieren, mangelnde Vielfalt, keine Fehlerkultur" nennt Columna-V-Mitglied Angela Alexa als Gründe dafür, dass Übergriffe in der Branche oft ohne Konsequenzen bleiben. "Die Verantwortlichen zögern häufig, ihren Führungswillen einzusetzen. Das führt dazu, dass der Eindruck entsteht, dass Leute, die Übergriffe begehen, keine oder nur geringe Konsequenzen zu befürchten haben." Das erzeuge Unsicherheit und könne dazu führen, dass Übergriffe von Betroffenen nicht erkannt oder bagatellisiert würden.

"Wir haben uns zum Ziel gesetzt, Betroffene mit juristischer Beratung und psychosozialer Hilfe zu unterstützen", sagt Alexa. "Wir streben einen Kulturwandel innerhalb der österreichischen Medienbranche an und setzen uns für Strukturveränderungen, Qualitätsjournalismus und Vielfalt ein. Es geht um einen Systemwandel". (Doris Priesching, 13.3.2024)

*Mehrfachnennungen waren möglich.