Weiße Skipiste aus Kunstschnee in grüner Landschaft
Skifahren bei Hopfgarten im Brixental (Tirol) Mitte Februar. "So kalt wie früher wird es nicht mehr werden", sagt der Schweizer Klimaforscher Christoph Marty.
APA/EXPA/JOHANN GRODER

Weißer wird's nicht: Längst ist bekannt, dass sich Skigebiete auf immer weniger Schnee in den kommenden Jahrzehnten gefasst machen müssen. Insbesondere in niedrig gelegenen Regionen fehlt der Schnee. Für Pisten für den Wintersport können häufig nur noch Schneekanonen sorgen, die durch ihren Strom- und Wasserverbrauch wiederum alles andere als klimaneutral sind. Eine Studie konnte kürzlich bereits feststellen, dass der Schneerückgang auf den menschengemachten Klimawandel zurückgeht und sich dies insbesondere in Zentraleuropa zeigt. Neue Daten zeigen: In den Skigebieten der Alpen geht die Zahl der Schneetage bis zum Ende des Jahrhunderts durchschnittlich um mehr als 40 Prozent zurück.

Interessant ist, dass sich das deutsch-schweizerische Forschungsteam Schneeregionen nicht nur kleinräumig, sondern weltweit angesehen hat, von den europäischen bis zu den sogenannten Australischen Alpen. Die Ergebnisse veröffentlichte das Team um Sportwissenschafterin Veronika Mitterwallner und Biogeografin Anna Walentowitz von der Universität Bayreuth im Fachjournal "Plos One". Konkret ging es um die sieben wichtigsten Skitourismusgebirge der Erde, die alle Kontinente außer Afrika abdecken.

Rückgang natürlicher Schneedecke

Die höchste Konzentration an Skiresorts findet sich dabei in Europa. Dort befinden sich rund 70 Prozent der Skigebiete, die in der Studie berücksichtigt wurden. Auf Platz zwei und drei folgen die Rocky Mountains im Westen Nordamerikas (15 Prozent) und die Gebirge Japans (sieben Prozent). Wenn die Temperaturen und Niederschlagsmengen sinken, landet weniger Schnee auf dem Boden oder hält sich nur kaum. Je nach Klimaszenario bis 2100 bleiben im Durchschnitt daher weniger Schneetage übrig als früher. Laut den Berechnungen dürfte global jedes achte Skigebiet bis zum Ende des Jahrhunderts überhaupt keinen natürlichen Schnee mehr haben.

Gab es in den Skigebieten der Alpen zwischen 1981 und 2010 noch um die 218 Schneetage pro Jahr, liegt dieser Wert mittlerweile – für den Zeitraum 2011 bis 2040 – bei 187. Im Zeitraum 2070 bis 2100 dürften durchschnittlich nur mehr 137 Tage mit natürlicher Schneedecke übrig sein, wenn die Treibhausgasemissionen weiterhin hoch sind und sich die Erde im Vergleich zur vorindustriellen Zeit um etwa 3,6 Grad erwärmt – ein durchaus realistisches Szenario.

Bei niedrigeren Emissionen stünden die Alpen besser da. Erwärmt sich die Erde nur um 1,8 Grad, würde die Zahl der Schneetage von heute bis zum Ende des Jahrhunderts nur geringfügig sinken, nämlich auf durchschnittlich 184 Tage.

Grafik Schneetage Skigebiete weltweit
APA, Plos One, Universität Bayreuth

Die Ergebnisse zum Rückgang der Schneetage sehen im 3,6-Grad-Szenario im Vergleich 1981–2010 bis 2100 prozentuell so aus:

Das Team hinter der neuesten Studie befürchtet, dass Skigebiete sich in höhere Lagen und in schwach besiedelte Gebiete ausbreiten könnten. Das Problem dabei ist: Dorthin weichen Tiere und Pflanzen aus, denen es in niedrigen Lagen zu warm wird oder denen es an Lebensraum fehlt. Das macht die auch vom raschen Klimawandel gefährdeten Spezies noch verletzlicher und verschärft die Biodiversitätskrise. "Ökosysteme in großen Höhen könnten so gefährdet werden", schreibt die Forschungsgruppe.

Menschen auf Snowboard- und Skipiste im Schnee
Anfang Dezember 2023 gab es wie hier im Skigebiet Saalbach-Hinterglemm (Salzburg) viel Schnee, und das wird auch in Zukunft immer wieder passieren. Doch die Schneetage gehen tendenziell stark zurück, vor allem in Lagen unter 1.500 Metern.
APA/BARBARA GINDL

Eine Möglichkeit, zu der bereits jetzt viele Skigebiete greifen, ist der stärkere Einsatz von Schneekanonen und anderen technischen Alternativen zu den Schneeflocken, die vom Himmel fallen. Der künstlich hergestellte Schnee benötigt freilich zusätzliche Ressourcen. Bis zum Jahr 2050 könnte Kunstschnee einer Studie zufolge doppelt so viel Energie und Wasser benötigen wie bisher. Etwa 100 Millionen Kubikmeter Wasser werden in den zwölf wichtigsten Skitourismusländern Europas pro Jahr dafür benutzt. Wird der Strom aus erneuerbaren Quellen gewonnen, wären die CO2-Emissionen des Prozesses wenigstens wesentlich niedriger.

Finanzielle Einbußen

Die Autorinnen und Autoren gehen jedenfalls davon aus, dass Skiresorts weltweit wirtschaftlich weniger profitabel werden. Bereits jetzt wird es für die Branche teurer, und das in verschiedenen Regionen der Welt. In einer neuen Studie der Universitäten Innsbruck und Waterloo in Kanada wurde berechnet, dass die Skiindustrie in den USA in den 2000er- und 2010er-Jahren insgesamt einen ökonomischen Scha­den von mehr als fünf Milliarden US-Dollar hatte. Umgerechnet sind das etwa 4,6 Milliarden Euro. Der Grund dafür sind entgangene Besuche und stärkere künstliche Beschneiung.

"Die Zeit der Hochsaison im Skisport ist wahrscheinlich vorbei", sagt Studienautor Robert Steiger, Finanzwissenschafter der Uni Innsbruck. Mit seinem Kollegen Daniel Scott ermittelte er, wie stark sich die Skisaison je nach Klimaszenario bis 2050 in den USA verkürzen wird. Sind die Emissionen eher niedrig, wird die Wintersaison um zwei Wochen bis einen Monat kürzer. Bei hohen Emissionen muss die Skiindustrie mit einer um ein bis zwei Monate kürzeren Wintersaison rechnen. Jährlich kostete sie das bereits in der jüngeren Vergangenheit etwa 250 Millionen US-Dollar. Dabei sind noch nicht einmal die Einbußen von Hotellerie, Einzelhandel und Gastronomie eingerechnet. Die Kosten dürften sich Mitte des Jahrhunderts verdoppeln bis verfünffachen.

Schneedeckendauer in Wien seit 1929
Schneedeckendauer in Wien seit 1929.
Geosphere

Die sich nun auf der Nordhalbkugel zum Ende neigende Wintersaison ist gezeichnet von Temperaturextremen: Der Februar war der neunte Monat in Folge, in dem global Monatshöchstwerte seit Messbeginn erreicht wurden. Das dürfte einen Vorgeschmack geben für die Zukunft des Wintersports, sagt Scott: "Dieser Winter hat die Grenzen der Beschneiung in vielen Gebieten aufgezeigt und die Skibesuche und die Wahl des Reiseziels von Millionen von Skifahrern verändert."

Neun von zehn Skigebieten in Europa betroffen

Im vergangenen Sommer wurde bereits eine Arbeit veröffentlicht, die zeigte, dass neun von zehn Skigebieten in Europa von Schneemangel bedroht sind. Das gilt für das Szenario einer Erwärmung um drei Grad Celsius. Der Prognose zufolge würde dies 94 Prozent der österreichischen Skigebiete betreffen, und künstliche Beschneiung könnte dies nicht ausgleichen.

In den kommenden Jahren könnte es nach dem El-Niño-Phänomen im Schnitt wieder etwas kühler werden, und ob Schnee liegt, hängt freilich stark vom Niederschlag in den Wintermonaten ab. "Dass es durch den Klimawandel langfristig wärmer wird, bedeutet nicht, dass jeder künftige Winter wärmer ist als der jeweils vorhergehende", sagt etwa der Schweizer Klimatologe Christoph Marty vom Institut für Schnee- und Lawinenforschung in Davos. Im Alpenraum könne es kurzfristig kälter werden und mehr Schnee als in den Vorjahren liegen. "Klar ist aber auch: So kalt wie früher wird es nicht mehr werden."

Besonders schwierig sei es in Höhenlagen bis 1.500 Meter, da sehe es "definitiv nicht gut" aus. Dies deckt sich mit den Aussagen des österreichischen Klimaforschers Marc Olefs von der Geosphere Austria. Er war beteiligt an einem Positionspapier des Expertenforums "Klima, Schnee, Sport", das vor einem Jahr präsentiert wurde. Marty betont: "Je weiter wir in die Zukunft schauen, desto schneeärmer wird es." Darauf müssen sich Industrien und Gesellschaften bereits heute einstellen, anpassen und das Ausmaß der Erhitzung soweit möglich eingrenzen. (Julia Sica, 13.3.2024)