Lange Zeit war Prinzessin Kate nicht in der Öffentlichkeit zu sehen. Die Rückkehr war eher suboptimal.
via REUTERS/POOL

Wer an der Fähigkeit der Briten zweifelt, auch inmitten größter Aufregung Ruhe und Humor zu bewahren, sah sich am Mittwoch bei der Lektüre der "Times" eines Besseren belehrt. Das Blatt druckte eine Karikatur von Ella Baron, die den stark bedrängten Premierminister Rishi Sunak vor der berühmten schwarzen Tür der 10 Downing Street zeigt, in die Zange genommen von seinen Vorgängern Boris Johnson und Liz Truss. Verzweifelt fragt der schmächtige Regierungschef: "Glauben Sie, Kate könnte das mit Photoshop verschönern?"

Geschickt verknüpfte die Karikaturistin also die jüngsten, eigentlich komplett unwichtigen Querelen in der konservativen Regierungspartei mit dem Thema, das die Briten dieser Tage über alle Maße interessiert: Wo steckt Kate? Und wie geht es der Prinzessin von Wales nun wirklich?

Video: Wirbel um Kates manipuliertes Familienfoto
AFP

Am Sonntag hatte die begeisterte Hobbyfotografin ein Bild von sich im Kreis ihrer drei Kinder veröffentlicht, das dem Fotovermerk zufolge von ihrem Mann Prinz William geschossen worden war. Vorangegangen war eine tagelange interne Debatte im Kensington-Palast, wo das Thronfolgerpaar sein offizielles Quartier hat, über die Frage, ob es zum britischen Muttertag überhaupt ein Foto geben sollte. Denn die Prinzessin war nicht mehr in der Öffentlichkeit zu sehen, seit sie sich Mitte Jänner einer angekündigten, aber nicht näher definierten "Operation im Bauchraum" unterziehen musste. Dass dieses Foto enormes Aufsehen erregen würde, musste allen Beteiligten klar gewesen sein.

Kates Entschuldigung

Was dann geschah, dürfte zukünftig das Kapitel "Wie man es nicht macht" in Lehrbüchern der PR-Branche zieren. Offenbar genügten die Künste des Thronfolgers nicht den Ansprüchen seiner Gattin, jedenfalls widmete sich die 42-Jährige über zwei Tage hinweg der digitalen Nachbereitung des fröhlichen Schnappschusses. Die Digitalprofis im Palast gaben das Machwerk frei – oder wurden sie womöglich gar nicht gefragt? Jedenfalls bezichtigten am Sonntagabend große Fotoagenturen den Palast der Fälschung und nahmen das Bild vom Markt. Am Montag musste sich Kate für die "Verwirrung", wie das vornehm ausgedrückt wurde, entschuldigen: "Wie viele Hobbyfotografen experimentiere auch ich gelegentlich mit der Bearbeitung eines Bildes."

Dieses Experiment war spektakulär und in aller Öffentlichkeit fehlgeschlagen: Jenes Foto, das doch ein wenig Ruhe in die fiebrige Atmosphäre der royalen Klatschkolumnisten und digitalen Unruhestifter bringen sollte, schürte nun erst recht die unappetitlichen Gerüchte in den unsozialen Medien – und das ausgerechnet rund um das allen Umfragen zufolge beliebteste Mitglied der royalen Familie.

Seit ihrer Heirat mit William 2011 haben die britischen Boulevardblätter die einst wegen ihrer langen Verlobungszeit als "Waity Katy" (Kate in der Warteposition) verhöhnte Tochter aus gutbürgerlichem Haus ins Herz geschlossen. Scheinbar mühelos gelang der studierten Kunsthistorikerin der Spagat zwischen der traditionellen, häufig hoffnungslos veraltet wirkenden Windsor-Familie und der Moderne. Sie trägt Trainers wie andere Mütter, wechselt maßgeschneiderte Outfits ab mit Kleidern von der Stange und sieht dabei stets makellos aus, wie es das Traumbild von der Prinzessin verlangt. Gerüchte um eine Affäre ihres Mannes mit der Marquise von Cholmondeley lächelte sie weg.

Der Grundsatz der Queen

Schon bisher waren Kates Auftritte fein dosiert, schließlich ist das Thronfolgerpaar fest entschlossen, den Kindern George (10), Charlotte (8) und dem fünfjährigen Louis eine so weit wie möglich "normale" Kindheit zu ermöglichen. Die totale Abwesenheit aus dem Rampenlicht aber macht die an royalem Gossip interessierte Öffentlichkeit nervös und verstößt gegen den Grundsatz der 2022 verstorbenen Queen Elizabeth II: "Ich muss gesehen werden, damit die Leute an mich glauben."

Für die Monarchie besteht seit zwei Monaten das zusätzliche Problem, dass neben dem einzigen glamourösen Mitglied auch der Chef selbst weitgehend aus der Öffentlichkeit verschwunden ist. König Charles III. unterzieht sich einer Krebsbehandlung und nimmt deshalb keine öffentlichen Termine wahr, wenn man ihn auch gelegentlich auf Fotos zum Empfang ausländischer Botschafter oder zur Audienz mit Premier Sunak bewundern kann.

"Grenzt an Mobbing"

Nach der etwas uncharmant "Kategate" genannten Peinlichkeit rund um ein digital aufgehübschtes Foto sind das Königshaus und die weitgehend loyalen britischen Medien nun um Schadensbegrenzung bemüht. Es sei nun wirklich genug, findet "Times"-Kolumnistin Alice Thomson: Die Spekulationen rund um Kate, das "grenzt inzwischen an Mobbing".

Was es mit Gerüchten rund ums Königshaus auf sich hat, lässt sich an einem Fallbeispiel aus den späten 1930er-Jahren demonstrieren. "Damals kannte in der gut vernetzten Londoner High Society, zu der auch meine Mutter gehörte, jede jemanden, die mit einem Mann getanzt hatte, der mit einer Frau getanzt hatte, die mit einem royalen Insider getanzt hatte", spottet der selbst hervorragend vernetzte Londoner Reporter William Ward. Resultat der tanzenden Gerüchteküche: Prinzessin Margaret, die kleine Schwester der zukünftigen Königin Elizabeth, sei gehörlos. "Plötzlich tauchte das Kind in der Wochenschau auf und redete ganz normal. Und das Gerücht fiel in sich zusammen." (Sebastian Borger aus London, 13.3.2024)