Das Bild zeigt eine Reihe gebrauchter E-Fahrzeuge von Audi
Gebrauchte E- oder Hybrid-Fahrzeuge sind im Schnitt um fünf Prozent günstiger als im Vorjahr. Komplett normalisiert haben sich die Preise aber noch nicht.
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E-Autos haben für einen Großteil der Bevölkerung einen entscheidenden Haken: Über die gesamte Lebensdauer betrachtet mögen sie zwar umweltfreundlicher und kostengünstiger sein als Verbrennerfahrzeuge. Die Anschaffungskosten für einen Neuwagen sind im direkten Vergleich aber immer noch deutlich höher als bei Pendants mit Verbrennermotor. Kein Wunder also, dass sich Vorbehalte gegenüber Elektroautos auch in Europa noch hartnäckig halten – gerade was die Anschaffungskosten betrifft.

Trotz der Skepsis zeigt sich allerdings, dass die E-Mobilität in Österreich dennoch Fahrt aufnimmt. Im Herbst letzten Jahres war bereits knapp jedes vierte neuzugelassene Auto ein elektrisch betriebenes. Was dabei gerne verschleiert wird: 80 Prozent dieser E-Auto-Neuwagen-Zulassungen sind auf gewerbliche Anmeldungen zurückzuführen. Für Verbraucherinnen und Verbraucher sind gebrauchte E-Autos oft eine attraktivere Alternative – wenn man zwar in die Elektromobilität einsteigen, gleichzeitig aber das eigene Budget nicht sprengen will.

Preisfrage

Einen guten Einblick in diesen Gebrauchtmarkt ermöglicht die jüngste Statistik von Willhaben. Der österreichische Online-Marktplatz bietet im Internet auch das größte Angebot an gebrauchten E-Autos an. "Von den derzeit insgesamt rund 205.000 gelisteten Fahrzeugen auf der Plattform befinden sich mehr als 10.000 reine E-Fahrzeuge in der Kategorie Gebrauchtwagen", sagt Alexander Reissigl, Head of Auto & Motor bei Willhaben gegenüber dem STANDARD.

Für 2024 erwarte man, dass das Segment wieder stark wachsen werde, nachdem das Volumen der Suchanzeigen vom Jahr 2022 auf das Jahr 2023 bereits einen Anstieg von etwa 60 Prozent verzeichnet hatte. Dabei ist nicht nur das Segment der Händler angewachsen, die Privatanzeigen haben sich im selben Zeitraum sogar verdoppelt.

Die Preise hingegen scheinen sich hingegen wieder einigermaßen zu normalisieren. "Tendenziell kostet ein Gebrauchtwagen im Segment Elektro/Hybrid heute im Schnitt fünf Prozent weniger als noch vor einem Jahr", sagt Reissigl. Er gibt aber zu bedenken, dass die Standzeiten, also der Zeitraum, in dem eine Anzeige online ist, ein Hinweis darauf sind, dass die Fahrzeuge den tatsächlichen Marktwert, den sie haben sollten, noch nicht abbilden.

Auch eine aktuelle Untersuchung der Arbeiterkammer (AK) Oberösterreich zu Gebrauchtwagen kommt übrigens zu dem Schluss, dass angebotene Preise fast immer über den tatsächlichen Werten der Fahrzeuge liegen. Im Durchschnitt lagen die Preise der untersuchten Angebote etwa elf Prozent über den realen Werten, was darauf hindeutet, dass Käuferinnen und Käufer durch geschicktes Verhandeln signifikante Einsparungen erzielen können.

Um ohne eigene Expertise den tatsächlichen Wert des Fahrzeugs zu ermitteln, sind sogenannte Eurotax-Rechner erforderlich, die es von unterschiedlichen Anbietern wie beispielsweise dem ÖAMTC, dem ARBÖ oder eben auch der AK gibt. Durch die Eingabe von Fahrzeugdaten wie Marke, Modell, Erstzulassung und Kilometerstand kann der Wert berechnet werden, was einen soliden Ausgangspunkt für Preisverhandlungen bieten und somit eine potenzielle Zeit- und Geldersparnis darstellen kann.

Für jedes Budget etwas dabei

Modelle wie der Smart fortwo, VW up! und Renault Zoe (bei einer Erstzulassung 2021) wurden im Schnitt zu Preisen zwischen etwa 17.800 Euro und 20.600 Euro angeboten. Im Gegensatz dazu liegt der Preis für einen Tesla Model 3 desselben Jahrgangs bei etwa 40.700 Euro. Auf dem Hybridmarkt sind Fahrzeuge wie der Fiat 500 und der Suzuki Swift mit Preisen ab rund 14.600 Euro bis 15.400 Euro erhältlich, während ein VW Golf Hybrid etwa 26.400 Euro kostet.

Nach oben hin sind die Grenzen freilich offen: In der Spitzenkategorie der elektrischen und hybriden Modelle steht der Porsche Panamera Hybrid 2022 mit einem Preis von ungefähr 138.700 Euro an der Spitze, gefolgt von hochpreisigen Modellen wie dem Audi A6 Hybrid, BMW X5 Hybrid und Mercedes GLE Hybrid, deren Preise zwischen 91.400 Euro und 125.300 Euro liegen. Der rein elektrische Porsche Taycan 2022 wird zu einem Durchschnittspreis von etwa 124.300 Euro angeboten, während für den BMW iX und Audi e-tron aus demselben Jahr Preise von rund 82.600 Euro bzw. 76.000 Euro angesetzt sind.

Wenn es um Favoriten unter den gebrauchten E-Autos geht, haben sich im Jahr 2023 gemäß der Anzahl der Anfragen pro Anzeige die Hersteller Tesla, Toyota und BMW als die am beliebtesten Marken herausgestellt. Diese Popularität spiegelte sich weitgehend auch in den spezifischen Modellen wider, die bei Herrn und Frau Österreicher besonders gefragt waren. Das Model 3 (von Tesla), der Zoe (von Renault) und der Prius (von Toyota) erhielten die höchsten Anfragezahlen.

Ein Trend, der sich auch im Jahr 2024 fortzusetzen scheint, denn Tesla lässt sich laut Reissigl auch bis in den März hinein als gefragtester Hersteller im Bereich elektrisch betriebener Fahrzeuge identifizieren. Interessant am Verhalten bei der Suche nach E-Autos ist auch, dass sie auf Willhaben überdurchschnittlich oft ohne Eingabe eines maximalen Preislimits erfolgt.

Erste Überlegungen

Bevor man überhaupt ein Preislimit festlegt und sich Hals über Kopf in ein "E-Abenteuer" stürzt, sollte vorausgesetzt werden, dass man sich zunächst einmal überlegt, wie viel Reichweite man mit dem Fahrzeug täglich abdecken möchte. Bei gebrauchten Fahrzeugen muss man nämlich – wenig überraschend – mit einer tendenziell geringeren Reichweite rechnen. "Für den Gebrauchtwagenmarkt sind die Fahrzeuge der vierten und fünften Generation mit starken Akkus noch zu jung, der Fokus liegt auf der zweiten und dritten Generation", erklärt Bernhard Matschl, Vizepräsident des Elektro Mobilitäts Club Österreich (EMC). "Ein VW e-Golf für rund 15.000 Euro hat eine Akkuleistung von 35,8 kWh. Damit sollte man in gebrauchtem Zustand mindestens 200 Kilometer weit kommen", führt er dabei als repräsentatives Beispiel an.

Ein weiterer wesentlicher Aspekt, den man vor der Anschaffung berücksichtigen sollte, ist auch, ob das Aufladen des Fahrzeugs am Wohnort möglich ist. Das macht den Betrieb nicht nur bedeutend günstiger, sondern erübrigt bei einem geringen täglichen Reichweitenbedarf weitgehend die Berücksichtigung der Ladeinfrastruktur im eigenen Bewegungsradius. "Ein paar Tage Mobilität sollte der Akku schon ermöglichen, wenn keine Ladestation zu Hause vorhanden ist", sagt Matschl. Einen ersten Überblick über die vorhandenen Lademöglichkeiten in der Umgebung kann man sich zum Beispiel unter der Webapp www.ladepreise.at verschaffen.

Knackpunkt Batterie 

Beim Kauf eines gebrauchten E-Autos rücken im Unterschied zum Verbrenner zwei zentrale Aspekte in den Vordergrund: die Batterie und die Bremsen. Diese Komponenten sind ausschlaggebend für Leistung, Sicherheit und nicht zuletzt auch für den Restwert des Fahrzeugs.

Die Batterie eines Elektroautos, durchaus als Kern des Fahrzeugs zu betrachten, speichert die Energie, die für den Antrieb des Elektromotors notwendig ist. "Über die Zeit hinweg unterliegt sie jedoch einem natürlichen Degradationsprozess, der zu einem sukzessiven Verlust an Kapazität und Effizienz führt", sagt Matschl. Dieser Prozess wird durch Faktoren wie das Batteriemanagementsystem, die Häufigkeit der Nutzung, die Art des Ladens – hier kann insbesondere regelmäßiges Schnellladen zu einer schnelleren Abnutzung führen – und die Umgebungstemperatur beeinflusst.

Eine direkte Folge der Batteriedegradation ist der Reichweitenverlust, der die alltägliche Nutzbarkeit und Flexibilität des Fahrzeugs einschränken kann. Zudem stellt ein möglicher Batterieaustausch einen Kostenfaktor von mehreren Tausend Euro dar, den man gerade zu Beginn vermeiden sollte. Matschl rät dazu, vor dem Kauf einen zertifizierten sowie unabhängigen Akkutest durchführen zu lassen, wie er zum Beispiel von Aviloo angeboten wird. Mit einem Leih-Dongle im Fahrzeug lasse sich die Restleistung des Akkus ermitteln. Der Nachteil besteht allerdings darin, dass der Test Zeit benötigt – und der Vorbesitzer ihn über die Dauer einer gesamten Akkuentladung durchführen muss. Eine "schnelle" und gleichzeitig seriöse Methode gebe es derzeit noch nicht.

Überlegungen, den Ist-Zustand der Batterie zu berücksichtigen, gibt es auch bei Willhaben. "Das ist mit Sicherheit ein Thema, das in Zukunft an Gewicht gewinnen muss. Für den Kauf eines gebrauchten Elektrischen ist das ganz ein entscheidender Wert, weshalb wir an Lösungen arbeiten, das besser in die Suche zu integrieren", sagt Reissigl von Willhaben.

 Knackpunkt Bremsen

Parallel dazu verdienen die Bremsen eines gebrauchten Elektroautos besondere Beachtung. Dank der Rekuperation, die beim Bremsen kinetische Energie in elektrische Energie umwandelt und somit die Batterie auflädt, werden die mechanischen Bremsen eines Elektroautos weniger beansprucht. Dies führt in der Regel zwar zu einer längeren Lebensdauer der Bremsbeläge und -scheiben. Dennoch kann diese reduzierte Nutzung paradoxerweise dazu beitragen, dass die Bremskomponenten anfälliger für Korrosion und andere Verschleißerscheinungen werden, insbesondere in feuchten Regionen.

"In Summe ist das sicher kein größeres Thema als bei konventionellen Fahrzeugen. Nur sind die Bremsen dort im gleichen Zeitraum verschlissen, beim E-Auto möglicherweise eben verrostet. Immerhin ist dafür die Feinstaubbelastung geringer", gibt EMC-Vizepräsident Matschl zu bedenken. Obwohl die mechanischen Bremsen möglicherweise seltener gewartet werden müssen, können unvorhergesehene Reparaturen oder der Ersatz spezialisierter Teile, die für Elektroautos entwickelt wurden, auch kostspielig sein.

Altbekannte Maßstäbe

Und was gilt es darüber hinaus noch zu beachten? Der Kauf eines gebrauchten Elektroautos inkludiert tatsächlich auch viele Überlegungen, die denen eines herkömmlichen Verbrennerfahrzeugs ähneln. Obwohl die zugrunde liegende Technologie und der Antrieb unterschiedlich sind, teilen beide Fahrzeugtypen wesentliche Aspekte, die vor dem Kauf gründlich evaluiert werden sollten.

Bei dieser Bewertung spielt der allgemeine Zustand des Fahrzeugs einschließlich Lackierung, Karosserie und Innenraum natürlich eine wichtige Rolle. Auch die Dokumentation der Fahrzeughistorie ist ein wesentlicher Faktor, der bei beiden Fahrzeugtypen Beachtung finden sollte. Ein vollständiges Serviceheft, das regelmäßige Wartungen und eventuelle Reparaturen beinhaltet, kann eine wesentliche Übersicht über den Zustand des Fahrzeugs und die bisherige Pflege durch den Vorbesitzer liefern.

Nicht zuletzt ist die Laufleistung ein wichtiger Indikator für den Verschleißzustand eines Fahrzeugs, unabhängig davon, ob es sich um einen Elektro- oder Verbrennungsmotor handelt. Eine höhere Laufleistung kann auf einen erhöhten Verschleiß hinweisen. Ein wenig zu differenzieren ist das in diesem Fall aber schon noch, weil Elektroautos deutlich weniger verschleißanfällige mechanische Teile haben. "Eigentlich könnte man sagen, dass es deshalb auf dem Gebrauchtmarkt tendenziell leichter sein kann, ein gutes E-Fahrzeug zu bekommen als einen guten Verbrenner", sagt Matschl.

Ob es auch ausdrücklich Modelle gibt, die man meiden sollte? "Das hängt immer davon ab, welche Reichweite man für den Alltag benötigt. Gut beraten ist man aber grundsätzlich schon damit, wenn man bei der Suche ab dem Baujahr 2018 beginnt", gibt der E-Auto-Experte schließlich noch mit auf den Weg. (Benjamin Brandtner, 15.3.2024)