Wien – Die Kolumnistin Gudula Walterskirchen, ehemalige Herausgeberin des Niederösterreichischen Pressehauses und der Wochenzeitung "NÖN", ist mit einer Privatanklage gegen den "Profil"-Journalisten Jakob Winter abgeblitzt. Walterskirchen klagte Winter auf üble Nachrede und Kreditschädigung. Der Grund: Winter hatte geschrieben und via "Profil"-Faktencheck belegt, dass Walterskirchen in ihrer Kolumne für "Die ganze Woche" Falschinformationen und Verschwörungsmythen verbreite.

Dass sie Verschwörungsmythen verbreite, sah Gudula Walterskirchen (hier bei Servus TV) als üble Nachrede und Kreditschädigung. Sie verlor aber die Klage gegen
Den Vorwurf, dass sie Verschwörungsmythen verbreite, sah Gudula Walterskirchen (hier bei Servus TV) als üble Nachrede und Kreditschädigung. Sie verlor aber die Klage gegen "Profil"-Journalist Jakob Winter.
Screenshot/Servus TV

Freispruch ist rechtskräftig

Winter hatte auch in einem offenen Brief an Noah Falk, Herausgeber der "Ganzen Woche", appelliert, dafür zu sorgen, dass in seinem Blatt keine Verschwörungsmythen mehr abgedruckt werden. Das Landesgericht für Strafsachen Wien sah im Faktencheck ein hinreichendes Tatsachensubstrat gegeben und sprach Winter frei. Nachdem Walterskirchen die angekündigte Berufung zurückgezogen hat, ist das Urteil jetzt rechtskräftig.

Jakob Winter ist "Profil"-Digitalchef und Leiter des Faktenchecks "Faktiv".
Peter Rigaud für "Profil"

Winter wurde von Michael Borsky von der Kanzlei Ruggenthaler, Rest & Borsky vertreten. Er sagt zum STANDARD: "Ich freue mich, dass unsere Faktenchecks einem gerichtlichen Gegencheck standhalten – das ist auch unser Anspruch." Winter ist Digitalchef bei "Profil" und Leiter der Faktencheckinitiative "Faktiv".

Kolumne "Der ganz normale Wahnsinn"

Die Vorgeschichte: Im Juni 2023 veröffentliche das Nachrichtenmagazin "Profil" in seiner Onlineausgabe einen Faktencheck in der Rubrik "Faktiv", wo regelmäßig Behauptungen auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft werden. Unter dem Titel "Propaganda für Pensionisten: Wie 'Die ganze Woche' desinformiert" ging es im Artikel von Lena Leibetseder und Jakob Winter um Passagen aus den Kolumnen von Walterskirchen, die in der "Ganzen Woche" zweiwöchig als "Der ganz normale Wahnsinn" erscheinen, so lautet der Titel.

So wähnte Walterskirchen Österreich etwa "auf dem Weg in die Regierungsdiktatur" und zog Parallelen zu Engelbert Dollfuß, der 1933 das Parlament ausschaltete. Der Grund sei das staatliche Krisensicherheitsgesetz, so die Historikerin. "Profil" zerlegte diese Behauptung. Und auch jene, dass eine "Weltdiktatur" dräue und ein "Anschlag auf Demokratie und Menschenrechte" erfolge, weil die Weltgesundheitsorganisation (WHO) an einem Pandemievertrag arbeite, der die Souveränität der Mitglieder aus den Angeln hebe. Walterskirchen hatte weiter behauptet, dass in Deutschland "Bürger verurteilt wurden, weil sie dem Westen eine Mitschuld am Ukrainekrieg gegeben hatten".

Appell an "Ganze Woche"-Herausgeber

Das seien allesamt Falschmeldungen oder unbelegte Behauptungen, konstatierte "Profil". Im Rahmen einer Kooperation ist der "Profil"-Faktencheck auch in einer Sendung auf ORF 3 zu sehen. Jakob Winter legte auch noch per "Faktiv"-Newsletter nach, wo er Noah Falk in die Pflicht nehmen wollte. Er schrieb: "Lieber Herr Falk, die Zeiten waren für Verleger schon einmal einfacher, ich gönne Ihnen die Reichweite, die Sie mit 'Die ganze Woche' erzielen. Bitte gehen Sie damit in Zukunft gewissenhafter um und sorgen Sie dafür, dass Verschwörungsmythen nicht mehr abgedruckt werden."

Die "Ganze Woche" ist mit einer Reichweite von zuletzt 8,6 Prozent laut Mediaanalyse Österreichs größte Wochenzeitschrift, die verkaufte Auflage lag im Jahr 2023 bei 238.000 Exemplaren pro Woche.

In Pandemie abgedriftet

Walterskirchen störte sich auch an dem Satz, dass sich die "NÖN" und die "Presse", wo sie regelmäßig Kolumnen schrieb, von ihr getrennt hätten. Im Zuge der Corona-Pandemie sei sie immer mehr "ins Lager der Impfgegner und Maßnahmenskeptiker" abgedriftet, hielt "Profil" fest. Die Privatanklage gegen Winter brachte für sie Anwalt Georg Prchlik ein, der sich als Wiener Landessprecher für die Impfgegner-Kleinpartei MFG engagiert hatte. Walterskirchen tritt immer wieder auch im Fernsehen als Diskutantin auf, etwa bei Servus TV, wo sie erst vergangenes Wochenende in "Links.Rechts.Mitte" über die Salzburg-Wahl und die ÖVP debattierte.

"Ausreichendes Tatsachensubstrat"

In dem Urteil des Gerichts heißt es: "Die Privatanklägerin hat tatsächlich in ihren Kolumnen die oben im Einzelnen angeführten falschen und irreführend unvollständigen Behauptungen verbreitet." Und: Walterskirchen habe von "Weltdiktatur", "Regierungsdiktatur" und "Regierungspropaganda" gesprochen, "also nicht bloß falsche und irreführend unvollständige Tatsachenbehauptungen aufgestellt, sondern diese falschen und irreführend unvollständigen Tatsachen auch stark pointiert bewertet".

Vor diesem Hintergrund sei das Werturteil, sie habe "Verschwörungsmythen" verbreitet, "nicht exzessiv und beruht auf einem ausreichenden Tatsachensubstrat", lautet die Begründung des Gerichts. Walterskirchen muss die gesamten Verfahrenskosten tragen. (Oliver Mark, 15.3.2024)