Eine Analyse des Abstimmungsverhalten rechtspopulistischer Parteigruppen im Europäischen Parlament zeigt, dass diese zwar oft pro Umwelt, jedoch so gut wie nie pro Klimaschutz abstimmen. Für diese Parteigruppen besteht zwischen Umwelt und Klima ein großer Unterschied. Nationalismus kann ein Grund dafür sein. Denn Klimaschutz erfordert internationale Kooperation – etwas, das Parteien am rechten Rand meist ablehnen. Dieses Thema beleuchtete ich in meiner Abschlussarbeit.

Europäisches Parlament
Zwischen 2014 und 2019 stimmten Abgeordnete von radikal rechten Parteien der Fraktionen "Europa der Freiheit und der direkten Demokratie" (EFDD) und "Europa der Nationen und der Freiheit" (ENF) im Europäischen Parlament wesentlich öfter pro Umwelt als pro Klima.
APA/AFP/FREDERICK FLORIN

Die FPÖ war einer der stärksten Gegner der landwirtschaftlichen Nutzung von Glyphosat in der EU im Jahre 2019. Das Glyphosatverbot wurde zuerst seitens der Sozialdemokraten vorgeschlagen, jedoch wurde es schnell ein prominentes Thema der FPÖ. Tatsächlich gibt es zahlreiche Beispiele von Abstimmungen im Europäischen Parlament, die zeigen, dass Umweltthemen für rechtspopulistische Parteien in der gesamten EU eine große Rolle spielen. Von Lebensmittelkennzeichnung bis zur Bekämpfung radioaktiver Strahlung gibt es zahlreiche dokumentierte Abstimmungen, bei denen Rechts-außen-Parteien eine "grüne" Position einnehmen.

Unterschied zwischen Umwelt- und Klimapolitik

Bei Klimathemen sieht das jedoch anders aus. Parteien wie die FPÖ, die französische Nationale Versammlung (ehemalige Nationale Front), welche seit 2022 von Jordan Bardella und nicht mehr Marine Le Pen angeführt wird, oder die niederländische Partei für die Freiheit (PVV) sind aus verschiedenen Gründen meist gegen Klimaschutz. Sei es aus wirtschaftlichen oder wissenschaftsskeptischen Gründen, die Parteien legen entweder kein großes Augenmerk auf das Erreichen von Klimazielen oder leugnen die Wissenschaft dahinter.

In meiner Abschlussarbeit untersuchte ich genau diesen Unterschied zwischen Umwelt- und Klimapolitik rechtsradikaler Parteien. Die Recherche ergab, dass eine beachtliche politische Diskrepanz zwischen Umwelt- und Klimathemen besteht, obwohl diese oft in eine "grüne" Kategorie gesteckt werden. Tatsächlich sind die beiden politischen Felder sehr verschieden, nicht nur inhaltlich, sondern auch politisch.

Nach Analyse des Wahlverhaltens der radikal rechten Parteigruppen im Europäischen Parlament von 2014 bis 2019 fällt auf: Das Abstimmungsverhalten bei Klimafragen ist ein gänzlich anderes als bei Umweltschutz. Zwischen 2014 und 2019 stimmten Abgeordnete von radikal rechten Parteien der Fraktionen "Europa der Freiheit und der direkten Demokratie" (EFDD) und "Europa der Nationen und der Freiheit" (ENF) im Europäischen Parlament wesentlich öfter pro Umwelt als pro Klima. Bei konservativen und christdemokratischen Parteien dagegen ist dieser Trend deutlich weniger stark erkennbar.

Doch was ist für rechtsradikale Parteien der Unterschied zwischen Umwelt und Klima? Dafür gibt es in der politikwissenschaftlichen Literatur zahlreiche mögliche Erklärungen. Eine davon ist etwa, dass Umweltschutz ein Thema ist, gegen das man nicht sein kann, ein sogenanntes "Valenz-Thema", weil ein grundsätzlicher gesellschaftlicher Konsens besteht.

Niemand kann sich im politischen Kontext tatsächlich für verschmutzte Flüsse, gerodete Wälder und grausame Tierhaltung aussprechen. Grundsätzlich sind sich bei diesen Umweltschutzthemen alle einig, abgesehen von Fragen der Umsetzung und Priorisierung. Klimaschutz hingegen lässt sich sehr wohl hinterfragen, beispielsweise indem man die wissenschaftliche Grundlage des menschengemachten Klimawandels leugnet.

Nationalismus und Anti-Internationalismus

Die durchgeführte Recherche führte jedoch zu einer anderen, komplementären These. Demnach ist ein Grund für den Unterschied zwischen dem Abstimmungsverhalten zu Klima- und Umweltthemen Nationalismus und zugehöriger Anti-Internationalismus, die in radikal rechten Parteien stark vertreten sind. Umweltschutz und Nationalismus passen in einem Narrativ gut zusammen – Klimaschutz passt nicht dazu.

Das Glyphosat-Beispiel veranschaulicht das gut: "Unsere Lebensmittel", "unsere" Bauern, "unsere" Natur schützen, Umweltschutz ist Heimatschutz – das Narrativ ist stringent. So auch im europäischen Kontext. 2018 brachte Donald Tusk, damals EU-Ratspräsident, einen Vorschlag ein, um als EU gemeinsame Energieversorgungsverträge abzuschließen, welche Klimaziele einbinden und außerdem das russischen Gasmonopol brechen sollten. Die rechte Parteigruppe ENF stellte sich dagegen. Ihre Begründung: Der Vorschlag sei ein Angriff auf nationale Autonomie.

Bernard Monot, französischer Abgeordneter der ENF, meinte sogar, die EU zwinge den Mitgliedsstaaten Energiepolitik auf, ähnlich wie die Sowjetunion. Diese und weitere ähnliche Fälle wurden anhand von Reden rechtsradikaler Abgeordneter im Europäischen Parlament analysiert. Das ergab tatsächlich, dass Vorschläge, die Klimaziele voranbringen sollten, von rechtsradikalen Parteien aufgrund von nationalistischen Tendenzen abgelehnt wurden.

Blockierende Funktion in politischen Debatten

Der IPCC-Report bestätigt, dass Klimaschutz nur durch internationale Kooperation funktioniert. Ein Beispiel dafür ist das Phänomen Carbon Leakage, welches die Verlagerung von Emissionen in Drittstaaten als Folge von Klimaschutzmaßnahmen bezeichnet. Aus klimawissenschaftlicher Sicht kann kein Land allein und ohne Koordination mit anderen die Klimakrise bewältigen.

Rechts-außen-Parteien stellen sich jedoch meist gegen jede Art von Einschränkung nationaler Autonomie, sind meist gegen internationale Institutionen wie die EU und setzen auf protektionistische Maßnahmen. Nationalistische Tendenzen sowie der Widerstand gegen internationale Institutionen sind also dieser Forschung zufolge ein entscheidender Grund für den Widerstand rechter Parteien gegen Klimaschutz.

Die hier gefundene Erklärung ist mit anderen Gründen für die Ablehnung von Klimaschutz kompatibel. Rechts-außen-Parteien können auch aus wirtschaftlichen, wissenschaftsskeptischen oder strategischen Gründen Klimaschutz ablehnen. Doch im Kontext von internationaler Zusammenarbeit, in der Rechts-außen-Parteien heutzutage vertreten sind, zeigt sich die deutliche anti-internationale Haltung, die wiederum Klimaschutz blockiert.

Es folgt aus dieser Forschung, dass nationalistische Einstellungen von Rechts-außen-Parteien eine blockierende Funktion in politischen Debatten zum Klimaschutz einnehmen. Angesichts der steigenden Stimmenanteile radikal rechter Parteien und wachsender Umfragewerte mit Blick auf die anstehenden Europawahlen ist das eine besorgniserregende Erkenntnis.

Klimaschutz erfordert internationale Kooperation, was bedeutet, Kompetenzen an internationale Institutionen abzugeben und internationalen wissenschaftlichen Gremien wie dem Weltklimarat zu vertrauen. Dinge, die rechtsradikale Parteien ablehnen. Solange Rechts-außen-Parteien internationale Kooperation durch Nationalismus schwächen, wird es mit diesen Parteien keinen wirksamen Klimaschutz geben. (Franziska Marhold, 2.4.2024)