Pianistin Martha Argerich.
Pianistin Martha Argerich.
EPA/Robert Ghement

Es kommt nicht alle Tage vor, dass ein Dirigent sein nächstes Konzertprogramm in der Öffentlichkeit tadelt. Zubin Mehta ist mittlerweile aber 87, vor einigen Jahren von einer schweren Krebserkrankung genesen und nimmt sich angesichts von vergleichsweise Lappalien kein Blatt mehr vor den Mund. Bruckners wuchtige Siebente Symphonie und Ravels quirliges G-Dur-Klavierkonzert würden "keine ideale Kopplung" ergeben, ließ er am Freitag via Ö1 wissen. Er dirigiere diesen Mix am Wochenende im Musikverein dennoch gern – aus Liebe zu den Wiener Philharmonikern und Martha Argerich.

Die romantische Riesensymphonie (nächsten Samstag erklingt sie in dieser Besetzung auch am Linzer Brucknerhaus) macht auch unter Mehta monumentalen Eindruck, jedoch nicht immer aus den richtigen Gründen. Behäbige Tempi dehnen die beiden ersten Sätze auf die gefühlte Länge einer Wagneroper. Das beschert Momente der Erhabenheit, ist dem Aufbau tragfähiger Spannungsbögen aber weitgehend abträglich. Erst ab dem Scherzo beschleunigen die Philharmoniker den Melodienstrom sinnstiftend, erklimmen (teils allzu dröhnende) Intensitätsgipfel.

Subtiler gestaltet davor das Ravel-Konzert, vor allem sein Mittelsatz. Streicher, Solobläser und eine samtpfötige Martha Argerich bringen die Paradoxie dieses Adagios – seinen ätherischen Wohlklang trotz eingewobener Dissonanzen – gänsehautfördernd zur Geltung. Schade nur, dass Klavier und Orchester in der Reprise auseinanderdriften und auch sonst Auffassungsunterschiede zwischen Mehta und der (rasanteren) Pianistin ins Ohr fallen. Immerhin: Wenn die beiden Koryphäen den Schlusssatz wiederholen, beschert diese Zugabe doch noch einen beschwingten, grünen Nenner. (Christoph Irrgeher, 17.3.2024)