Blick auf einen Windpark mit Freiflächen-Photovoltaik im Vordergrund
Der Ausbau von Windkraft und Photovoltaik soll beschleunigt werden. Die Basis dafür soll das neue Elektrizitätswirtschaftsgesetz sein, das man Anfang Juli mit Zweidrittelmehrheit beschließen will.
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Für das Osternest werde es sich nicht mehr ganz ausgehen, aber kurz danach soll es die finale Fassung des neuen Elektrizitätswirtschaftsgesetzes (ElWG) geben, kündigte Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) bei einer Veranstaltung von Österreichs Energie Montagabend an. Mit dem "Fokus auf das Wesentliche" sollte es auch möglich sein, das von der Elektrizitätswirtschaft dringend benötigte Gesetz noch in dieser Legislaturperiode zu beschließen. Der Zeitplan sei jedenfalls straff, appellierte Gewessler an die Oppositionsparteien, konstruktiv mitzuarbeiten.

Das neue Gesetz soll das Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (Elwog) aus dem Jahr 2010 ablösen und den Veränderungen auf dem Strommarkt, die es seitdem gegeben hat, Rechnung tragen. "Wir arbeiten auch nicht mehr auf Windows 95; auch der Strommarkt braucht ein neues Betriebssystem", zog Gewessler eine Parallele zur Computerwelt. Das neue Gesetz adressiert aber auch die Endkunden und Endkundinnen, die künftig unter anderem Anspruch auf eine monatliche Rechnung und dynamische Preise haben sollen.

Positive Signale

Eigenversorger sollen künftig auch abseits von Energiegemeinschaften selbst Strom verkaufen dürfen. Gleichzeitig soll auch definiert werden, wie und unter welchen Bedingungen Energieversorger künftig die Preise anheben dürfen. Das Fehlen einer klaren Regelung hat bei zurückliegenden Preisanpassungen zu einer Flut an Klagen durch Konsumentenschützer geführt. An Gewicht gewinnt mit dem neuen Gesetz auch die E-Control: Die Regulierungsbehörde erhält, wie von Brüssel gefordert, mehr Gestaltungsspielraum.

Damit die Regierungsvorlage, an der die Beamtenschaft mit Hochdruck arbeite, Gesetzeskraft erlangt, braucht es – weil Zweidrittelmaterie – die Zustimmung zumindest einer großen Oppositionspartei. Die bei der Veranstaltung anwesenden Energiesprecher der Parteien zeigten sich prinzipiell nicht abgeneigt, wiewohl der eine oder andere Punkt noch zu verhandeln sei, wie Alois Schroll (SPÖ), Gerhard Deimek (FPÖ, in Vertretung von Energiesprecher Axel Kassegger) und Karin Doppelbauer (Neos) anmerkten.

Großes Interesse

Rege Teilnahme hat es bereits im Begutachtungsverfahren des Erstentwurfs Anfang des Jahres gegeben: 130 Stellungnahmen auf insgesamt 1.600 Seiten sind zusammengekommen, die mit den Ergebnissen der Gespräche einer Arbeitsgruppe in den kommenden Wochen in die finale Fassung des Gesetzesvorschlags eingearbeitet werden sollen. Die Meinungsbildung der für die Themen Grundversorgung, Sozialtarife und Prozedere bei Preisänderungen, für die eine Arbeitsgruppe eingesetzt worden ist, sei noch nicht abgeschlossen, sagte Gewessler.

Was den Zeitablauf betrifft, schwebt den Regierungspartnern ÖVP und Grüne vor, das ElWG im Juni im Wirtschaftsausschuss zu behandeln und Anfang Juli im Nationalrat beschließen zu lassen. Lukas Hammer, Energiesprecher der Grünen, und Joachim Schnabel, Wasserstoffsprecher der ÖVP, sind überzeugt, dass das gehen kann.

Feinschliff

"Es muss gehen", sagte der Präsident von Österreichs Energie, Verbund-Chef Michael Strugl. Der Zeitdruck sei enorm, das Jahr 2030 quasi übermorgen, wo der Gesetzgeber vorschreibe, dass 100 Prozent des in Österreich verbrauchten Stroms zumindest bilanziell aus erneuerbaren Energien stammen müssen.

Wiewohl prinzipiell zufrieden mit dem Gesetzesentwurf, arbeitet Österreichs Energie noch darauf hin, dass im Feinschliff einige Nachbesserungen erfolgen, wie Strugl sagte. Das betrifft etwa die Einführung eines "flexiblen Netzzugangs", den es nicht nur temporär geben soll, sondern unbeschränkt. Damit würde Verteilnetzbetreibern gestattet, die Einspeiseleistung von (Ökostrom-)Erzeugungsanlagen dauerhaft auf 70 Prozent der Nennleistung zu begrenzen.

Bei Photovoltaikanlagen würde dies heißen, dass maximal fünf Prozent des jährlich erzeugten Stroms nicht ins öffentliche Netz eingespeist werden. Diese Einspeisebegrenzung würde es aber ermöglichen, rund 40 Prozent mehr Ökostromanlagen anzuschließen. Verloren wäre der Strom damit nicht: Er könnte vom Erzeuger selbst oder in einer Energiegemeinschaft genutzt werden – oder er lasse sich etwa in Batterien für eine spätere Verwendung speichern. (Günther Strobl, 19.3.2024)