Ob für den Weg zum Arzttermin oder als Anschluss zum öffentlichen Verkehr: Das Sammeltaxi im Marchfeld nutzten in den vergangenen Jahren 120.000 Personen.
APA/GEORG HOCHMUTH

Im Bezirk Gänserndorf in Niederösterreich dominiert das Auto. Die Gemeinden Deutsch-Wagram, Strasshof und Gänserndorf, die entlang der Bundesstraße 8 liegen, sind von starkem Durchzugsverkehr betroffen und hoffen auf den Bau der S8, der Marchfeld-Schnellstraße (DER STANDARD berichtete).

Für ein wenig Entlastung sorgte bisher ein Anrufsammeltaxi, das Menschen ohne eigenes Auto in der Region von A nach B brachte. "Marchfeld mobil" startete 2019 und beförderte seither 120.000 Fahrgäste. Das Konzept funktionierte folgendermaßen: Man bucht seine Fahrt online oder via Hotline, vereinbart Uhrzeit und wird von einer Station in der Nähe abgeholt.

Der Tarif für eine Fahrt mit "Marchfeld mobil" ist von der Anzahl der Zonen abhängig, die man zurücklegt. Man zahlt zwischen zwei und 6,40 Euro. Zusätzlich zum Grundtarif ist ein Komfortzuschlag in Höhe von zwei Euro bzw. vier Euro (ab 20 Uhr) zu entrichten.

"Marchfeld mobil" wird aber in bestehender Form nicht verlängert. Subventioniert wurde es bisher von 19 beteiligten Marchfeld-Gemeinden, die die Zahlungen nun aber einstellen. Es sei nicht die richtige Zielgruppe angesprochen worden. Zum Teil hätten Schülerinnen und Schüler das Sammeltaxi genutzt, um in die Schule gebracht zu werden.

Taxigutscheine für beeinträchtigte Personen

Die Gemeinden wollen allerdings "die Mobilität in der Region weiterhin unterstützen", heißt es in einer Erklärung auf der Website der Region Marchfeld. Essenzielle Fahrten sollen demnach mit Taxigutscheinen ermöglicht werden. Regionsobmann und Bürgermeister von Gänserndorf René Lobner (ÖVP) sagt, dass mobilitätseingeschränkte Personen gezielt unterstützt werden sollen.

Der Betreiber von "Marchfeld mobil" will dennoch weitermachen und das Anrufsammeltaxi privat betreiben. Nahezu alle bisherigen Haltestellen sollen beibehalten werden, zusätzlich werden weitere Ortschaften aus der Gegend ins System integriert. Da es keine öffentliche Förderung mehr gibt, steigen die Tarife. Wie viel man berappen wird müssen, ist derzeit noch nicht bekannt.

Dass Sammeltaxis in Niederösterreich künftig generell einen schweren Stand haben werden, berichtete DER STANDARD kürzlich. Der schon angesprochene Komforttarif, der im Marchfeld schon länger vom Fahrgast selbst bezahlt werden musste, wurde in weiten Teilen Niederösterreich bisher vom Land übernommen. Der zuständige Verkehrslandesrat Udo Landbauer (FPÖ) streicht diese Unterstützung aber nun.

Warten auf das Gerichtsurteil

In Sachen Marchfeld-Schnellstraße fand am Dienstag eine Verhandlung am Bundesverwaltungsgericht statt. Die Ermittlungen sind abgeschlossen, das Urteil ergeht schriftlich. Wolfgang Rehm, Sprecher der Bürgerinitiativen im Marchfeld und der Umweltschutzorganisation Virus, hofft auf eine Absage an das Straßenbauprojekt. "Aufgrund der Gerichtsgutachten deuten nun alle Zeichen darauf hin, dass dem Autobahnvorhaben die Bewilligung versagt werden wird", sagte er nach der Verhandlung.

Marchfeld-Schnellstraße
Wo die geplante Marchfeld-Schnellstraße (S8) verlaufen soll.
STANDARD

Anlass für den Widerstand der Projektgegner ist die Vogelart Triel. Sie ist in Mitteleuropa vom Aussterben bedroht, ihre Brutstätten liegen im Marchfeld und würden durch den Bau der Straße zerstört. Seit mehr als einem Jahrzehnt wandert das Genehmigungsverfahren zwischen Behörde und Gerichten hin und her.

Die Entwicklung in der Marchfeld-Region werde seit Jahren blockiert, sagt Rehm. Das Warten auf die Straße hindere die Verantwortlichen daran, alternative Mobilitätskonzepte zu entwickeln: "Das Land Niederösterreich mit seiner grottenschlechten Verkehrspolitik steht immer noch ohne Plan B da und sollte sich nun endlich zu bewegen beginnen, anstatt sich weitere Jahre einzubetonieren." (Rosa Winkler-Hermaden, 21.3.2024)