Die Autoren der Studien attestieren zahlreichen Staaten ökonomische Ungleichheit und eine verfehlte Wirtschaftspolitik.
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Gütersloh – Ein Rückgang der Demokratien unter Entwicklungs- und Schwellenländern hat einer Analyse zufolge auch Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung, Ungleichheit und Armut. Der "Transformationsindex" der Bertelsmann-Stiftung kommt mit Blick auf 137 Staaten von Algerien bis zur Zentralafrikanischen Republik zu dem Schluss: "Zu keinem Zeitpunkt wurden in den vergangenen zwanzig Jahren so wenige Staaten demokratisch regiert wie heute."

Zugleich attestieren die Autoren vielen Staaten ökonomische Ungleichheit und eine verfehlte Wirtschaftspolitik. In 83 der 137 Länder herrsche eine massive soziale Ausgrenzung. Die Untersuchung der Entwicklungs- und Schwellenländer ergab, dass nur noch 63 Demokratien mit einer Bevölkerung von insgesamt rund drei Milliarden Menschen inzwischen 74 Autokratien mit etwa vier Milliarden Menschen gegenüberstehen.

"Neue Tiefstände"

Die ausgewerteten Ländergutachten und Daten haben bei Demokratiequalität, Regierungsleistungen und Wirtschaftsentwicklung "neue Tiefststände" ergeben. "In einer steigenden Zahl von Ländern sind es die Gegner demokratischer und marktwirtschaftlicher Reformen, die an den Schaltstellen der Macht sitzen." Allein in den vergangenen zwei Jahren seien in 25 Ländern die Wahlen weniger frei und fair, in 32 Staaten die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit weniger geachtet und in 39 die Meinungs- und Pressefreiheit stärker eingeschränkt gewesen.

In den 74 autokratischen Ländern lasse eine autoritäre Führung politische Beteiligung nur sehr begrenzt oder gar nicht zu, betont die Studie. Repression, Machtkonzentration, Ausschaltung verbliebener Kontrollinstanzen und Entscheidungen in engen Führungszirkeln seien dafür kennzeichnend. Zu den 25 "moderaten" Autokratien zählen demnach die Türkei, Algerien, der Irak, Uganda, Nigeria oder auch Jordanien und Singapur. Zudem auch Tunesien, Benin und El Salvador, die 2022 noch als Demokratien eingestuft worden waren.

"Hardliner-Autokratien" in Russland und China

Hinzu kommen 49 "Hardliner-Autokratien", zu denen der Analyse zufolge auch das gegen die Ukraine einen Angriffskrieg führende Russland gehört. Kreml-Chef Wladimir Putin hatte sich am Sonntag nach einer als Farce kritisierten Präsidentenwahl erneut zum Sieger erklärt. Und zur Volksrepublik China schreiben die Studienautoren: "Das chinesische Regime mutiert unter Xi Jinping in zunehmendem Maße von einer Einparteienherrschaft zu einer absolutistischen Monokratie." Ähnlich sei es mit Regimes in Putschstaaten wie Burkina Faso, Mali und Myanmar. Und in arabischen Staaten wie Ägypten, dem Sudan oder Syrien habe die Repression höchste Ausmaße erreicht, werde jegliche Opposition im Keim erstickt. Ähnlich drastisch sei die Lage in Afghanistan, Nicaragua, Tadschikistan, dem Iran und dem Tschad.

Auch in als "defekt" oder "stark defekt" eingestuften Demokratien schrumpfen Freiräume für politische Beteiligung, ist laut der Untersuchung die Fairness von Wahlen – etwa in Ungarn – beeinträchtigt, werden kritische Medien drangsaliert – Beispiel Indien – oder wird die Tätigkeit regierungskritischer Organisationen behindert – so wie in Serbien. In die Gruppe der Demokratien mit Defekten ordnet die Analyse auch Albanien, Rumänien, die Ukraine oder Südafrika ein. Dabei geben Beispiele wie jüngst in Polen laut der Stiftung Grund zur Hoffnung – dort hatte die Bevölkerung autoritäre Kräfte abgewählt.

Die Auswertung sieht ein besonders hohes Demokratieniveau bei den EU-Mitgliedern Estland, Kroatien, Lettland, Litauen, Slowakei, Slowenien und Tschechien, aber auch in Jamaika, Chile, Uruguay, Costa Rica oder Südkorea und Taiwan. (APA, 19.3.2024)