Bernhard Auinger (li.) geht am Sonntag für die SPÖ in die Stichwahl. Kay-Michael Dankl (re.) von der KPÖ will die zweite Stadt dunkelrot einfärben.
Der Standard / Birgit PRobst

Die Gemeinderats- und Bürgermeisterwahl hat die Mehrheitsverhältnisse in der Stadt Salzburg umgedreht. SPÖ und KPÖ plus haben eine Mehrheit im Gemeinderat. SPÖ-Kandidat Bernhard Auinger und KPÖ-plus-Kandidat Kay Michael Dankl gehen am Sonntag, 24. März, in die Stichwahl um das Amt des Bürgermeisters. Auinger konnte im ersten Wahlgang 29,4 Prozent der Stimmen erreichen und geht als Favorit in die Stichwahl. Dankl lag mit 28 Prozent nur 821 Stimmen dahinter. Der STANDARD hat Auinger und Dankl einzeln zum Interview getroffen und ihnen dieselben Fragen gestellt. Die beiden Gespräche wurden zur besseren Lesbarkeit hier zusammengefasst.

STANDARD: Haben Sie sich heute schon um den Zustand der Stadt Salzburg gesorgt?

Auinger: Heute? Nein, ehrlich gesagt, nicht. Ich bin fokussiert im Wahlkampf und hab meine Ideen für die Zukunft der Stadt Salzburg präsentiert. Die gehen auf die Defizite ein, die entstanden sind.

Dankl: Maximal um die steigenden Wohnkosten. Wir haben heute wieder viele Anrufe gekriegt von Salzburgerinnen und Salzburgern, die sich für unsere Sprechstunden melden. Ich habe da bei mir auf dem Schreibtisch schon einen ganzen Stapel an Anfragen. Das sind in vielen Fällen Menschen, die sich aufgrund von Sorgen und Nöten rund ums Wohnen melden. Wir haben auch Fälle, wo Leute von der Krankenkasse bestimmte Leistungen nicht übernommen bekommen, wo das Geld nicht ausreicht, etwa eine notwendige Brille oder ein anderes medizinisches Gerät zu kriegen. Da helfen wir auch. Aber das meiste sind tatsächlich die Wohnkosten. Das bereitet mir und wahrscheinlich der breiten Mehrheit der Menschen in Salzburg mittlerweile Sorgen.

STANDARD: Was muss geschehen, damit die Stadt besser wird?

Auinger: Wir müssen im Wohnbau versuchen den Anteil der geförderten Mietwohnungen auf über 50 Prozent bringen. Das wird nicht in fünf Jahren passieren, sondern zwei Funktionsperioden brauchen. Erste Flächen wie die Obus-Remise, das Kabellager in Schallmoos und Teile des Asfinag-Geländes sollten verfügbar werden. Da gehen sicher 1.500 Wohnungen hin. In der neuen Verkehrsgesellschaft müssen wir den Obus endlich wieder fit bringen und das Radwegebudget verdoppeln. Und das Thema Personal im Pflege und Elementarbereich angehen.

Dankl: Die Stadtpolitik muss sich ernsthaft um das Thema der steigenden Wohnkosten kümmern. Da geht es schon um eine Grundsatzfrage an das System. Ob man das Grundbedürfnis Wohnen weiterhin dem profitorientierten Markt überlasst, den Investoren, den Immobilienfirmen, die ein Riesengeschäft daraus machen. Oder ob man sagt, Wohnen ist etwas, das steht allen Menschen zu. Dass man Wohnungen hat, ist kein Luxus, sondern ein Grundrecht.

STANDARD: Aber wie wollen Sie das als Bürgermeister bewerkstelligen? Sie werden ja nicht den ganzen Markt umdrehen können.

Dankl: Ein wichtiger Hebel ist, wie man mit Flächen umgeht. Grund und Boden ist ein wertvolles Gut. Der ist nicht vermehrbar. Die Stadt hat sehr viele Instrumente, um Grundstücke für leistbaren Wohnbau zu sichern. Das reicht vom räumlichen Entwicklungskonzept über die Flächenwidmung für einzelne Grundstücke. Die Stadt könnte über das Bodenbeschaffungsgesetz einen Schritt setzen, um das Horten von Bauland aus Spekulationsgründen zu stoppen. Und die Stadt könnte selber Grundstücke kaufen und mit leistbaren Gemeindewohnungen bebauen.

KPÖ-Kandidat Kay-Michael Dankl empfängt in seinem Zwölf-Quadratmeter-Büro als Gemeinderat Menschen in Notlagen zu Sprechstunden. Das werde er auch als Bürgermeister weitermachen, sagt er.
Der Standard / Birgit Probst

STANDARD: Welche Projekte, die bislang keine Mehrheit hatten, wollen sie als Erstes mit der rot-roten Mehrheit umsetzen?

Auinger: Bei mir wird es bei großen Themen breite Mehrheiten geben. Das habe ich von Heinz Schaden gelernt. Es braucht keiner Angst haben, dass jetzt der Bernhard Auinger als Bürgermeister die nächsten fünf Jahre nur mit der KPÖ regiert. Das wird nicht passieren. Wo es einen Wechsel gibt, ist bei der aktiven Bodenpolitik und beim geförderten Mietwohnbau, da ist die ÖVP stark auf Eigentum gegangen. Da wird jetzt sicher mehr weitergehen. Aufgrund des sachlichen Wahlkampfs wird die Zusammenarbeit von Beginn an eine andere sein.

Dankl: Ob es eine rot-rote Mehrheit tatsächlich gibt, wird davon abhängen, wie die SPÖ sich verhält. In den letzten fünf Jahren hat die SPÖ sich sehr eng an die ÖVP angeschmiegt und 99 Prozent der Gemeinderatsbeschlüsse der ÖVP mitgetragen. Man wird schauen müssen, ob die SPÖ es schafft, sich aus diesem engen Abhängigkeitsverhältnis zu lösen. Die Hoffnung ist da, dass man die rechnerisch möglichen Mehrheiten ohne die ÖVP nutzt. Eine Sache wäre, dass man den Leerstand von tausenden Wohnungen erhebt nach dem Vorbild der Stadt Innsbruck. Damit die Leerstandsabgabe, die schon in Kraft ist, auch konsequent angewandt wird. In Innsbruck wurden neun Prozent Leerstand erfasst, das wären auf Salzburg übertragen um die 10.000 Wohnungen. Wenn es gelingt, einen Teil dieses Leerstands mit einer höheren Leerstandsabgabe zu mobilisieren, ist schon sehr viel gewonnen.

STANDARD: Florian Kreibich will nach der Wahl das Planungsressort. Überlassen Sie es als Bürgermeister erneut der ÖVP?

Dankl: Das wäre ein sehr schlechter Witz. Die ÖVP hat fünf Jahre lang bei den Schlüsselthemen Wohnen und Verkehr, für die sie zuständig war, nichts weitergebracht. Also das würde den Bock zum Gärtner machen. Das gehört auf jeden Fall in neue Hände.

Auinger: Ich werde sofort am Montag, wenn ich Bürgermeister bin, mit den ersten Vieraugengesprächen mit allen Kolleginnen und Kollegen in der Stadtregierung. Natürlich fange ich mit der zweitstärksten Partei an. Dann wird man sehen, wer für welches Thema brennt. Wenn mehrere für ein Thema sind, bin ich Demokrat genug, dass der Zweitstärkste den Vorzug bekommt.

Bernhard Auinger (SPÖ) setzt in der Stichwahl auf seine Erfahrung und will als Bürgermeister anpacken und umsetzen.
Der Standard / Birgit Probst

STANDARD: Worin unterscheiden sich SPÖ und KPÖ plus?

Auinger: Da gibt es gravierende Unterschiede. Die geschichtlichen Hintergründe brauche ich nicht ausführen. So eine Vergangenheit hat die SPÖ zum Glück nicht. Die SPÖ war immer eine Partei mit dem Ziel, die Lebenssituation aller Menschen zu verbessern. Wir grenzen keinen aus. Ich will ein Bürgermeister für alle Salzburgerinnen und Salzburger sein. Die SPÖ ist wählbar für die Einzelunternehmer genauso wie für die Kassiererin. Zum Thema Sport, Kinderbetreuung und Pflege habe ich von der KPÖ wenig gehört. Die KPÖ hat unsere Wohnbauforderungen im Wahlprogramm mit "copy-paste" übernommen. Da gibt es eine 95-prozentige Übereinstimmung. In vielen anderen Themen ist die SPÖ thematisch breiter aufgestellt.

Dankl: Ein grundsätzlich unterschiedlicher Zugang ist, dass wir an Blick von unten mitbringen. Wir versuchen, die Menschen in den Mittelpunkt unserer politischen Arbeit zu rücken, die es nicht so leicht haben, die keinen so guten Draht in die Politik haben. Das sind auch Menschen, die nicht superreich sind, die vielleicht selber gar nicht wählen gehen, die aber trotzdem eine starke Stimme in der Politik brauchen. Ich würde auch als Bürgermeister oder Vizebürgermeister so weitermachen und persönliche Sprechstunden für Menschen in Notlagen anbieten und alles über den durchschnittlichen Facharbeiterlohn von derzeit 2.300 Euro netto im Monat abgeben. So kriegt man Einblicke in Lebensrealitäten und Hinweise, welche Probleme man politisch angehen muss. Das führt dazu, dass unsere sozialpolitische Arbeit klarer ist als die der SPÖ.

STANDARD: Was schätzen Sie an Kay-Michael Dankl?

Auinger: Er ist ein unwahrscheinlich sympathischer, hochgebildeter Träumer. Er ist noch sehr jung und auf dem Thema Wohnen fünf Jahre draufgeblieben und hat dadurch auch einen sehr guten Erfolg erreicht.

STANDARD: Was schätzen Sie an Bernhard Auinger?

Dankl: Er ist jemand, der sich leidenschaftlich für Sport und für Bildungsthemen interessiert. Er kennt sich mit Sportarten wie Reitsport aus, wo ich überhaupt keinen Bezug dazu habe. Er ist jemand, der sich wirklich mit viel Herzblut sich für seine Bereiche interessiert.

STANDARD: Warum sind Sie der bessere Bürgermeister?

Auinger: An der Spitze dieser Stadt muss schon jemand stehen, der auch mit allen anderen Parteien gut zusammenarbeiten kann. Ich habe das bewiesen und mit allen Farben in der Landesregierung in meinen Ressorts sachpolitisch gut zusammengearbeitet. Ich habe sechseinhalb Jahre Erfahrung. Ich bin einer, der anpackt und umsetzt, auch wenn die politische Konstellation in der Stadtregierung nicht ganz einfach war. Alle anderen Regierungsmitglieder sind de facto neu. Der Bürgermeister verwaltet fast 700 Millionen Euro, wir sind ein Unternehmen mit 3.000 Mitarbeitern. Es wird wohl kaum wer einen, der gerade seine Ausbildung beendet hat, als Geschäftsführer einsetzen.

Dankl: Die SPÖ war in den letzten Jahrzehnten schon im Schloss Mirabell an der Macht. Ich glaube, es ist Zeit, dass sich einmal abseits von den etablierten Parteien in Salzburg etwas Neues tut. Und ich bringe als Person sicher größeres Gespür für Salzburger in Notlagen und das Soziale mit. Auch wenn das Soziale nicht so prestigeträchtig ist wie andere Politikfelder, die mein Mitbewerber macht. (Stefanie Ruep, 21.3.2024)