Bild einer Demonstration gegen Rassismus, Antisemitismus und Islamophobie in Großbritannien.
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Weil er Arabisch sprach, wird ein 16-Jähriger auf offener Straße von einem Bewaffneten am Nacken gepackt und zu Boden geworfen. Ein Mann mit "Refugees Welcome"-Shirt wird gezwungen, dieses auszuziehen, und dabei gefilmt – das Video wird in einer rechtsradikalen Telegram-Gruppe verbreitet. Auf einem Garagentor und einem Schild finden sich islamfeindliche und antisemitische Beschmierungen. Eine Frau wird auf offener Straße mit antiasiatischen, rassistischen Beleidigungen attackiert. Die Beratungsstelle Zara gegen Rassismus hat im Vorjahr 1.302 derartige Meldungen von Rassismus dokumentiert. 58 Prozent davon betreffen den digitalen Raum. Das geht aus dem Rassismusreport hervor, der am Mittwoch veröffentlicht wurde.

Beschwerdestelle positiv bewertet

In etwas mehr als einem von zehn gemeldeten Fällen werde der Rassismus von staatlichen Behörden oder Institutionen ausgeübt: So berichtet Zara von Jugendlichen, bei denen "absichtliches Rülpsen" vor der Polizei mit hohen Strafen geahndet wurde. Oder von einer Romni, die trotz vorstrafenlosen Strafregisters wiederholt von einem Beamten fälschlich des Diebstahls bezichtigt wird. In nur vier von 58 Fällen rassistischer Polizeigewalt seien formale Beschwerden eingereicht worden. Dies sei unter anderem mit den damit verbundenen emotionalen und finanziellen Belastungen für Betroffene zu erklären, konkludiert die Beratungsstelle.

Ein guter erster Schritt im Umgang mit staatlichem Rassismus ist laut Zara die Anfang des Jahres gestartete Beschwerdestelle zur Aufklärung von Misshandlungsvorwürfen durch die Polizei. Diese sei zwar nicht ideal, denn die Stelle ist beim Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) angesiedelt. Damit ist sie dem Innenministerium unterstellt – sowie auch die Polizei selbst, was die Unabhängigkeit nicht sicherstelle. Dennoch sei die Beschwerdestelle eine Möglichkeit, um Mängel aufzuzeigen und die Dunkelziffer polizeilicher Übergriffe sichtbarer zu machen, findet die Zara-Beraterin Désirée Sandanasamy.

Zu den Mitgliedern des Gremiums gehören neben Zara selbst etwa Ärztekammer-Vizepräsident Harald Schlögel, Strafrechtlerin Verena Murschetz, Amnesty-Rechtsexpertin Teresa Exenberger und Philipp Sonderegger, nominiert von SOS Mitmensch.

Aktionsplan müsse Rassismus systematisch bekämpfen

In dem Bericht kritisiert Zara, dass es nach wie vor keinen Aktionsplan gegen Rassismus gibt – obwohl dieser im türkis-grünen Regierungsprogramm vorgesehen ist. Studien der EU-Grundrechteagentur würden zeigen, dass Österreich insbesondere bei der Diskriminierung afrikanisch gelesener Menschen Höchstwerte aufweise. "Rassismus ist tief in der österreichischen Gesellschaft verwurzelt und durchzieht sämtliche Bereiche", heißt es. Daher brauche es konkrete Maßnahmen zur Erkennung und Bekämpfung.

Zara nennt einige: Zum Beispiel bedürfe es Mechanismen zur leichteren Meldung von Rassismus bei Sicherheitsbehörden. Auch seien Maßnahmen zur Bekämpfung von sozioökonomischer Ungleichheit im Allgemeinen zu setzen. Zudem fordert die Meldestelle einen besseren Diskriminierungsschutz. Auch müsse Rassismus in Medien abgebaut werden: Etwa durch diversere Teams und den Verzicht auf die Herkunftsnennung bei Straftaten, da diese keinen Informationswert habe. Überhaupt brauche es aber eine gesamtgesellschaftliche kritische Auseinandersetzung mit Rassismen. (muz, 20.3.2023)