Dass man bei Bad Ischl an den Kaiser, an die Konditorei Zauner und an Kuraufenthalte denkt, gehört wohl zu den naheliegendsten Assoziationen. Auch das Bad Ischler Salz mag als Marke vielen ein Begriff sein. Mit Salz, dem "Weißen Gold", hat eine historische Zeitreise, bei der viele vordergründig das 19. Jahrhundert assoziieren, eine andere Dimension bekommen.

"Die Region Bad Ischl kann auf etwa 260 Millionen Jahre Erdgeschichte zurückblicken, wobei die Abfolge von Gesteinen im ausklingenden Erdaltertum mit den Steinsalz-Vorkommen des Haselgebirges beginnt und von Meeresablagerungen des Erdmittelalters (Mesozoikum) dominiert wird", umreißt Harald Lobitzer im handlichen Büchlein "Bad Ischl – Im Herzen des Salzkammerguts" den geologischen Zeitrahmen. Lobitzer muss es wissen, seit 1971 ist er im Salzkammergut tätig, seit seiner Pensionierung wohnt er hier. Zwischen Bad Ischl, Bad Goisern und Hallstatt gibt es kaum jemanden, der den umtriebigen Geologen, der seine aktive Berufslaufbahn an der Geologischen Bundesanstalt verbrachte, nicht kennt. Harry, wie er allseits genannt wird, verfasste mit Koautoren, in der Reihe "Geologische Spaziergänge" fünf Büchlein im handlichen Taschenformat (21 x 13 cm); zwei haben Bad Ischl zum Thema.

Kulturgeologische Spaziergänge im Stadtgebiet

Im Büchlein "Bad Ischl – Im Herzen des Salzkammerguts" werden zunächst der Landschaftsrahmen, dann die Gesteine samt Salzvorkommen erklärt. Fachausdrücke, die sich kaum vermeiden lassen, werden kundig erläutert: "Der Begriff 'Haselgebirge' ist wohl bergmännisch verballhornt für 'Hallgebirge' (= Salzgebirge)."

Kalkstein mit Seelilienresten
Im Sockel des Springbrunnens (1884) von Viktor Tilgner vor der Kaiservilla finden sich fossile Seelilienreste aus der Jurazeit (Erdmittelalter).
© Lobitzer

Als gemütlicher Einstieg, als Anleitung zum Spazieren im wahrsten Sinn des Wortes wie auch zum Flanieren lädt das Stadtgebiet von Bad Ischl ein. Hier (Seite 56ff) lädt Lobitzer zu kulturgeologischen Erkundungen der kaiserlichen Sommerfrische, wo wir auf den Ischler Marmor treffen. Freilich kein "echter" Marmor wie jener aus dem italienischen Carrara. Doch der als Dekorstein verwendete Rettenbachkalk, der im 20. Jahrhundert als "Ischler Marmor" gehandelt wurde, ist als polierter Kalkstein schön anzusehen. Er war auch auf der Wiener Weltausstellung im Jahr 1873 zu sehen und erwies damit dem imperialen Ischl alle Ehre.

Ob Norden, Süden, Osten oder Westen, die nächsten vier Abschnitte sind größeren Wanderungen beziehungsweise Ausflügen rund um die Kaiserstadt gewidmet. Von den Zielen seien einige herausgegriffen: der Jainzen – Sisis Hausberg; Moorwanderungen in der Umgebung von Bad Ischl (von Ilse Draxler beschrieben) oder: am Jubiläumssteig aufs Hoisenrad und zur Kolowratshöhe. Von Lobitzer stammen wiederum: der Ischler Kalvarienberg und die Geologie am Golfplatz.

Die Via Salis – Zeitreisen der besonderen Art

Das zweite Ischler Büchlein "Via Salis Bad Ischl" steht ganz im Fokus des Salzes, dessen Geschichte 1563 beginnt. Damals wurde unweit des Ischler Ortsteils Perneck der Mitterberg Stollen in den Berg getrieben. Das war die Geburtsstunde des Ischler Salzbergbaus, dessen untertägige Solegewinnung im Ischler Salzberg im Februar 2011 nach mehr 400 Jahren zu Ende ging. Heute erläutern längs des 2013 errichteten Themenwegs "Via Salis" Informationstafeln die Geschichte des Salzes und des Salztransports. Aber auch die Wirerquelle, die Knappensiedlung Reiterndorf, die Steinbrüche am Hubkogel, der Pernecker Gipsbergbau und die Strub-Klamm sind hier integriert.

Als Einstieg zur "Via Salis" bietet sich, ausgehend vom Stadtzentrum Bad Ischl, ein 4,7 Kilometer langer Weg mit 23 Stationen zur einstigen Knappensiedlung Perneck an. Alternativ gibt es noch die Hinterrad-Runde (zwölf Stationen) mit zehn restaurierten Mundlöchern (= Stolleneingängen) des einstigen Ischler Salzbergbaus. Die Reinfalz-Runde wiederum vereint 16 Stollen im sogenannten Pernecker und Steinberglager des Ischler Salzbergs. Diesen (zu) kurzen Darstellung der Wegrouten folgen ausführliche Beiträge – beginnend mit Seite 14 – einer sehr informativen Darstellung der 200-jährigen Geschichte der Kur in Bad Ischl unter dem Titel "… es müssen hier Zauberkräfte gewaltet haben …".

Ischler Trinkhalle
Die Ischler Trinkhalle wurde 1831 vollendet, sie erinnert an die Frühzeit des Kurbetriebs im 19. Jahrhundert.
© ONB-AKON/AK068_344

Rund ums Ischler Salz

Gleich drei Kapitel befassen sich mit dem "Weißen Gold", dem Salz. "Der Ischler Salzberg" ist eine historische Darstellung der Ischler Salzgewinnung, die einst in zahlreichen Stollen betrieben wurde. Der Salinengeologe Michael Mayr beschreibt zunächst die Salzvorkommen rund um Bad Ischl (ab Seite 40) und dann deren geologische Entstehung in aller Ausführlichkeit. So charakterisiert er das Haselgebirge, ein Mischgestein bestehend aus Gips, Anhydrit, Polyhalit und Steinsalz, im Detail: "In geringen Mengen kommen im Haselgebirge auch die Minerale Glauberit, Kieserit, Blödit, Löweit, Langbeinit, Vanthoffit und Epsomit als chemische Präzipitate vor." Mineralogen haben damit ihre Freude.

Fazit: Naturgemäß haben beide Büchlein, die sich um eine breite Leserschaft bemühen, auch einige inhaltliche Überschneidungen, wer Infos über Bad Ischl und das Salz will, ist mit beiden gut beraten. (Thomas Hofmann, 1.4.2024)