Das einstige Tor nach China schließt sich weiter. Am Dienstag hat das Hongkonger Parlament eine verschärfte Version des Sicherheitsgesetzes verabschiedet. Es wird das 2020 verhängte "Nationale Sicherheitsgesetz" nicht ersetzen, aber ergänzen. "Ein stolzer Moment für diese Stadt" nannte Regierungschef John Lee den Vorgang. Lee sprach außerdem vom Kampf gegen eine "schwarze Gewalt" und davon, dass "manche Staaten" noch immer versuchen würden, die Sonderverwaltungszone zu "unterwandern".

Das von Peking kontrollierte Hongkonger Parlament winkte die Verschärfung durch.
REUTERS/Joyce Zhou

De facto gibt das neue Gesetz den Behörden noch mehr Möglichkeiten, gegen Aktivisten und Demonstranten vorzugehen. Zu den ursprünglichen Tatbeständen "Sezession, Subversion, Terrorismus und geheime Absprachen mit ausländischen Kräften" kommen nun noch "Verrat, Aufruhr, Diebstahl, Spionage und Sabotage" hinzu.

"Ein Land, zwei Systeme"

Die ehemalige britische Kronkolonie Hongkong ist 1997 an China gefallen. In einem Vertrag sicherte Peking der Stadt allerdings Autonomierechte für 50 Jahre unter dem Grundsatz "Ein Land, zwei Systeme" zu. Die Stadt im Süden Chinas galt lange als "Tor zu China". Schon gegen 2010 aber hatte Schanghai der ehemaligen Kolonie ihren Rang abgelaufen. Hongkong wurde aus wirtschaftlicher Sicht für Peking unwichtiger, weswegen man eine engere Eingliederung der Stadt riskieren konnte.

Nachdem die Autonomierechte Stück für Stück beschnitten worden waren, gingen erstmals im Sommer 2014 Tausende von Studentinnen und Studenten auf die Straße. Die sogenannten "Regenschirm-Proteste" verebbten zunächst, nur um dann 2019 umso heftiger wiederaufzuflammen. Anlass war damals ein geplantes Gesetz bezüglich Auslieferungen an das Festland. Noch im Dezember 2019 waren die Demokratie-Aktivisten um Nathan Law, Benny Tai und Agnes Chow siegessicher. Ihr Lager hatte Kommunalwahlen gewonnen, die Demonstranten auf der Straße genossen eine breite Unterstützung in der Bevölkerung. Erst Corona und die Lockdown-Regelungen beendeten die Proteste auf den Straßen Hongkongs schlagartig.

Das Nationale Sicherheitsgesetz besiegelte dann im Sommer 2020 das Ende der Demokratiebewegung. Heute sind die Aktivisten von damals entweder im Exil oder verbüßen lange Haftstrafen. Viele befürchteten, dass dies nur der Auftakt einer "Marginalisierung" Hongkongs zugunsten anderer Städte im Perlflussdelta sein würde. Seit über zehn Jahren gibt es Pläne Pekings, wonach Hongkong seine Sonderrechte verlieren und zu einer Metropolregion mit Shenzhen, Guangzhou und Macao zusammenwachsen soll.

Sorge bei westlichen Unternehmen

Die EU sowie die UN kritisierten am Mittwoch die Ergänzung des Sicherheitsgesetzes. Die EU warnte in einem separaten Schreiben auch nochmals explizit vor den wirtschaftlichen Schäden, die das Gesetz mit sich bringe. Vor kurzem hatten die Beratungsfirmen Deloitte und KPMG ihre Mitarbeiter noch dazu angehalten, bei Reisen nach Hongkong "Burner-Phones" zu verwenden, also Geräte, die nach Gebrauch weggeworfen werden können.

1997, im Jahr der Rückgabe an China, lag Hongkongs Anteil an der gesamten Wirtschaftskraft Chinas bei knapp 20 Prozent. Dieser Anteil ist auf zwei Prozent gefallen. Insofern ist Pekings Plan schon lange aufgegangen: Hongkong ist zu einer mittelgroßen chinesischen Stadt geworden – mit etwas westlicher Folklore. (Philipp Mattheis, 20.3.2024)