Leo Varadkar
Der 45-jährige Leo Varadkar legt auch sein Amt als Parteivorsitzender zurück.
AP/Evan Vucci

Dublin – Der irische Ministerpräsident Leo Varadkar hat überraschend seinen Rücktritt angekündigt. Auch den Posten als Chef der Regierungspartei Fine Gael werde er abgeben, teilte Varadkar am Mittwoch in Dublin mit. Er trete sowohl aus persönlichen als auch aus politischen Gründen ab. "Nach sieben Jahren im Amt denke ich, dass ich nicht mehr die richtige Person dafür bin", sagte Varadkar. Der Schritt gilt als große Überraschung.

Als Nachfolgekandidaten waren unter anderem der Minister für öffentliche Ausgaben, Paschal Donohoe, sowie Handelsminister Simon Coveney im Gespräch. Varadkars Rückzug von der Spitze der Drei-Parteien-Koalition löst nicht automatisch eine Neuwahl aus. Varadkar erklärte, dass er den Posten des Regierungschefs räumen werde, sobald ein Nachfolger feststehe und das Amt übernehmen könne.

Er sei stolz, dazu beigetragen zu haben, dass das EU-Land moderner und gleichberechtigter geworden sei. Es gebe keinen guten Zeitpunkt für einen Rücktritt. Doch jetzt sei ein besserer als sonst, so Varadkar weiter. Der Haushalt sei bewilligt, die Beziehungen zum Vereinigten Königreich nach den Brexit-Streitigkeiten seien verbessert, sagte er in einer emotionalen Stellungnahme. Die Partei solle nach der Osterpause einen neuen Chef und damit einen neuen Ministerpräsidenten wählen.

Gerüchte über Job bei EU-Kommission

Zu seiner eigenen Zukunft äußerte sich der 45-Jährige zunächst nicht. Er habe keine genauen Pläne. Spekuliert wurde, dass Varadkar nach der Europawahl einen Posten in der EU-Kommission anstrebt. Das Kabinett hatte sich am Mittwochvormittag erstmals seit der krachenden Niederlage in zwei Referenden zur Rolle der Familien getroffen. Dabei hatte eine Mehrheit der Menschen in dem EU-Land Verfassungsänderungen abgelehnt, mit denen Formulierungen zur Rolle der Frau im Haushalt und zur Familie modernisiert werden sollten. Die Regierung hatte die Passagen als veraltet und sexistisch empfunden und die Änderungen empfohlen.

Die liberal-bürgerliche Partei Fine Gael regiert seit 2020 in einer Koalition mit der liberal-konservativen Partei Fianna Fail. Deren Vorsitzender Michéal Martin hatte sich mit Varadkar im Amt des Regierungschefs nach der Hälfte der Legislaturperiode abgelöst. Ziel der beiden Volksparteien war, mit der Regelung eine Regierungsbeteiligung der irisch-republikanischen Partei Sinn Féin zu verhindern, die früher als politischer Arm der Terrorgruppe IRA galt.

Varadkar war vergangene Woche noch traditionell anlässlich der Feiern zum irischen St. Patrick's Day in die USA gereist und hatte sich dort mit Präsident Joe Biden getroffen. Er hatte bereits mehrere Regierungsämter inne, aber betont, sich mit 50 Jahren aus der Politik zurückziehen zu wollen. (APA, 20.3.2024)