"Kriegst eh alles, was du willst" oder "Ich liebe meinen Kanzler": Solche – mittlerweile fast schon ikonischen – Zitate aus Ermittlungsakten sollen nicht mehr an die Öffentlichkeit gelangen dürfen. Zumindest wollen das die ÖVP und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler verbieten, die grüne Justizministerin Alma Zadić hat dieses Zitierverbot bisher abgelehnt. Jetzt will Edtstadler es offenbar mit einem anderen Mediengesetz – dem sogenannten Medienprivileg – verknüpfen. Das sorgt derzeit für heftige Kritik. Wegen des Redaktionsgeheimnisses gibt es Ausnahmen für Medienunternehmen beim Datenschutzgesetz. Eine Entscheidung des Verfassungsgerichts verlangt hier Änderungen.

Was sagt Georg Kodek dazu, der neue Präsident des Obersten Gerichtshofs? Auf Armin Wolfs Frage, ob er ein solches Zitierverbot vermisse, antwortet Kodek ganz klar: "Ich vermisse ein solches Verbot nicht." Er war Mittwochabend zu Gast bei Armin Wolf in der "ZiB 2" und erklärt dort: "Die Medienfreiheit ist ein ganz wichtiges Grundrecht", er betont deren "ganz fundamentale Rolle" in einem Rechtsstaat, Medien "arbeiten allerdings nicht im rechtsfreien Raum". Die Problematik bringt er sehr sachlich auf den Punkt: "Es ist immer eine Frage der Abwägung und eine Gratwanderung für den Gesetzgeber. Geht er beim Schutz anderer Grundrechte zu weit, riskiert er, in die Medienfreiheit einzugreifen."

Georg Kodek war Mittwochabend zu Gast in der
Georg Kodek war Mittwochabend zu Gast in der "ZiB 2" bei Armin Wolf.
Screenshot: ORF-TVThek

Chats könnten nicht unter Verbot fallen

Wolf wirft ein, dass Medien nicht aus privaten Chats zitiert hätten, "mir fällt da kein Fall ein, wo tatsächlich private Nachrichten irgendwo standen". Gibt es also überhaupt das Problem? Kodek erklärt hier – sehr verständlich und praxisnah – mit einem Blick auf Deutschland und das Zitierverbot dort, dass etwa die veröffentlichten Chatnachrichten nicht unter das Verbot fallen könnten.

Auch seine Antwort in Hinblick auf Redaktionsgeheimnis, Datenschutz und das sogenannte Medienprivileg ist ganz klar: "Könnte jeder Betroffene Auskunft erlangen von einem Journalisten, woher er das hat, wäre in der Tat der Quellenschutz komplett unterlaufen. Das kann es nicht sein."

ZIB 2: OGH-Präsident Kodek zum Verhältnis zwischen Justiz und Politik
Für Richter und Staatsanwaltschaft war das Leben schon einmal leichter. Schwierige Gesetzesvorhaben und ein etwas gespanntes Verhältnis zur Politik. Georg Kodek, neuer Präsident des Obersten Gerichtshofs, ist dazu Gast im Studiogespräch.
ORF

Später geht es noch um weitere strittige Punkte zwischen ÖVP und Grünen und die Justizpolitik, Stichwort Generalstaatsanwalt. Hier sieht Kodek keine Notwendigkeit für eine umfassende Reform. Falls so eine Reform doch käme: Will er eher eine mächtige Einzelperson (das will die ÖVP) oder ein Kollegialorgan (das wollen die Grünen)? "Aus Gründen der Effizienz" spricht sich Kodek hier für eine Einzelperson aus, Nachtrag: "aber unter parlamentarischer Kontrolle". Beim Thema Verfahrenskosten bei freigesprochenen Beschuldigten sieht er eine fixe Obergrenze problematisch, man solle sich an den tatsächlichen Kosten orientieren.

"Insgesamt ist die österreichische Justiz geradezu rekordverdächtig schnell", begegnet er Vorwürfen, wonach Verfahren extrem lang dauern würden. Kodek sieht hier "Einzelfälle", hier gelte es, "derartige Fälle zu evaluieren und Lehren für die Zukunft zu ziehen". Das Disziplinarverfahren des Kurz-Richters will Kodek aufgrund des laufenden Verfahrens nicht kommentieren. Generell sieht er bei Gerichten "in Einzelfällen" einen Verbesserungsbedarf beim Informationsangebot. (Astrid Ebenführer, 21.3.2024)