Emmanuel Macron ließ sich schon 2022 in Boxerpose und mit Boxhandschuhen mit dem Amateurboxer Jean-Denis Nzaramba ablichten.
Emmanuel Macron ließ sich schon 2022 in Boxerpose und mit Boxhandschuhen mit dem Amateurboxer Jean-Denis Nzaramba ablichten.
AFP/POOL/FRANCOIS MORI

Emmanuel Macron ist nicht der schlechteste Staatschef, den Frankreich jemals hatte. 2017 mit weniger als 40 Jahren ins Élysée gewählt, hat er seinem Land manch unerlässliche Reformen beschert. Im Ukrainekrieg verfolgt er seit Beginn eine klare Linie. Seine jüngsten Äußerungen waren nur konsequent: Wenn es für Europa undenkbar ist, dass Putins Russland seinen Aggressionskrieg gewinnt, dann müssen wir auch etwas dafür tun.

Macron wäre aber nicht Macron, wenn er diesen an sich positiven Eindruck nicht selber zunichtemachen würde. Seine fundierte Kritik an der Nato desavouierte er 2019, indem er den Nordatlantikpakt als "hirntot" bezeichnete. Jetzt überlagerte er seine an sich vernünftigen Worte durch einen Sager über die mögliche Entsendung von "Bodentruppen". Frühere unüberlegte Sprüche machten bereits offenkundig, wie sehr dem Präsidenten seine eigene, sehr narzisstisch-allmächtige Persönlichkeit immer wieder in die Quere kommt und einen Streich spielt.

Zähnefletschender Präsident

Davon zeugen nun auch neue Bilder, die einen muskulösen, zähnefletschenden Präsidenten beim Boxen zeigen. Erstellt wurden sie von seiner "offiziellen" Fotografin Soazig de la Moissonnière. Man kann also davon ausgehen, dass sie mit Billigung, ja auf Wunsch des Präsidenten veröffentlicht – und offenbar nicht einmal retuschiert – wurden.

Macron als Boxer.

Das Problem ist, dass sie vor dem aktuellen Kriegshintergrund doch sehr deplatziert wirken. Die Reaktionen reichen von betretenem Staunen bis zu offener Kritik an einem "neopopulistischen Virilismus". Gravierend ist, dass Macron seiner rechten Rivalin Marine Le Pen einmal mehr Angriffsfläche bietet. Die russlandfreundliche Präsidentschaftskandidatin hatte schon Anfang der Woche erklärt, Macron sei "nicht seriös", wenn er – wie die Zeitung "Le Monde" berichtete – auf einer Soiree um drei Uhr morgens mit dem Whiskyglas in der Hand und in Ausführung seines Bodentruppen-Sagers erkläre, er werde wohl noch "Kerle" nach Odessa schicken müssen.

Le Pen als Stimme der Vernunft

So steht Macron wieder einmal als ein Präsident da, der nicht zwischen Geopolitik und seinem Ego unterscheiden kann. Und die demagogische Putinistin Le Pen kann sich als die Stimme der Vernunft geben – sie lässt sich ja nicht beim Eindreschen auf den Sandsack ablichten. Propagandistisch ist Macrons Coup deshalb kaum gelungen: Er beflügelt nur die Behauptung des Kremls, Macron sei in dem Ukrainekonflikt der eigentliche Aggressor. Das ist zwar wie üblich eine Tatsachenverdrehung, aber in dem russischen Desinformationsfeldzug gegen Frankreich fällt das kaum mehr auf. (Stefan Brändle aus Paris, 21.3.2024)