"Favoriten" von Ruth Beckermann eröffnet die diesjährige Diagonale am 4. April und setzt mit seinem interkulturellen Thema bereits einen ersten Schwerpunkt des Festivals.
Ruth Beckermann Filmproduktion

Die Diagonale – Das Festival des Österreichischen Films lädt von 4. bis 9. April wieder nach Graz ein. Heuer erstmals unter neuer Leitung: Dominik Kamalzadeh und Claudia Slanar. STANDARD-Leserinnen und -Leser erinnern sich, dass Kamalzadeh langjähriger Filmredakteur des Blattes war, Slanar führte vormals das Blickle-Kino im Belvedere 21.

Innovativ und kurz

Getroffen hat sich beider kuratorische Handschrift im Interesse für Neuland beschreitendes Kino, was man dem am Donnerstag in Wien vorgestellten Diagonale-Programm leicht entnehmen kann. Mit 48 Filmen im Wettbewerb "Innovatives Kino" bildet ein Filmschaffen, das sich den wenigsten formalästhetischen Regeln unterwirft, den Bärenanteil des Programms. Entdecken lassen sich hier kürzere und längere Filme als KI-Experiment, Animation oder im Analogformat, etwa von Christiana Perschon, die ihre Künstlerinnenbiografiereihe fortsetzt, oder Astrid Johanna Ofners Filmessay über Rosa Luxemburg und Sophie Liebknecht.

Das rege heimische Kurzfilmschaffen findet in den Kurzspielfilm- und Kurzdokumentarfilm-Wettbewerben traditionell seinen Niederschlag. In je fünf Programmen versammeln sich 48 Arbeiten, darunter eine über ein schwieriges Date mit dem diesjährigen Großer-Diagonale-Schauspielpreis-Träger Lukas Miko (Er So Sie So von Benjamin Heisenberg) oder über Gastarbeiter und -arbeiterinnen in Anna Witts Kurzdoku Bond.

Im Spielfilmwettbewerb ringen 18 Filme um den mit 15.000 Euro dotierten Preis. Alte Bekannte wie Des Teufels Bad oder Club Zero, aber auch je drei Welt- und Österreich-Premieren. Darunter Elena Wolffs Kunstszene-Beziehungssatire Asche oder Daniel Hoesls und Julia Niemanns Veni Vidi Vici, der im Jänner auf dem Sundance-Filmfestival Weltpremiere feierte.

VENI VIDI VICI - Teaser
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Pflegearbeit

Internationaler Austausch zieht sich als roter Faden durch das Programm. Sei es im Filmgeschichts-Schwerpunkt "Die erste Schicht" zu Gastarbeit, sei es im Dokumentarfilmwettbewerb, in dem auch der Eröffnungsfilm, Ruth Beckermanns Favoriten, läuft. Die 19 dokumentarischen Arbeiten beschäftigen sich auffallend häufig mit den USA, etwa Johannes Grenzfurthners Hacking at Leaves oder Gudrun Grubers Restoriation über die Ex-Automobilstadt Detroit; und auch das Thema Pflege scheint in mehreren Filmen auf.

Pflegearbeit bedarf auch die österreichische Filmbranche, nachdem sie in regelmäßigen Abständen von Machtmissbrauchsskandalen erschüttert wird. Die Diagonale, die sich auch als Diskussionsraum versteht, präsentiert heuer mit dem Heimatsaal des Volkskundemuseums ein neues Forum. Hier wird der Genderreport des Österreichischen Filminstituts vorgestellt, über künstliche Intelligenz diskutiert oder über mentale Gesundheit im Filmberuf.

Eine Gastspielbühne erhält schließlich das deutsche Filmmagazin Revolver, ebenso wie der Berliner-Schule-Regisseur Christoph Hochhäusler, dem eine von zwei "Positionen" gewidmet ist. Die andere fällt der österreichischen Filmemacherin und Fotografin Lisl Ponger zu. Zu ihr gibt es zusätzlich im Grazer "Schaumbad" eine Ausstellung. Ein weiteres Indiz für die kunstaffine Neuausrichtung des Festivals. (Valerie Dirk, 21.3.2024)