Flugzeug, Abschiebung
Die damals zehnjährige Tina wurde 2021 nach Georgien abgeschoben. Bundesverwaltungsgericht und Verwaltungsgerichtshof hielten das für unzulässig.
IMAGO/Daniel Kubirski

Rechtsanwalt Wilfried Embacher durfte den damaligen Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) im Zuge der illegalen Abschiebung eines georgischen Mädchens als "Rechtsbrecher" bezeichnen. Das hat der Oberste Gerichtshof (OGH) in einem aktuellen Urteil entschieden (OGH 28.2.2024, 23 Ds 6/23v10).

Die Wiener Rechtsanwaltskammer hatte ein Disziplinarverfahren gegen Embacher eingeleitet und ihn wegen einer "Beeinträchtigung der Ehre oder des Ansehens des Standes" zu einer Disziplinarstrafe in Höhe von 1.000 Euro verurteilt. Laut dem OGH erfolgte diese Verurteilung zu Unrecht. Es habe sich bei der Aussage des Anwalts um "zulässige Kritik" gehandelt.

Der Fall der zwölfjährigen Tina, die Anfang 2021 gemeinsam mit ihrer Familie aus Österreich abgeschoben wurde, hatte eine breite mediale Debatte ausgelöst und zur Einrichtung einer Kindeswohlkommission geführt. Das Bundesverwaltungsgericht und der Verwaltungsgerichtshof erklärten die Abschiebung nachträglich für unzulässig. Die Kinderrechte seien vom Innenministerium nicht ausreichend berücksichtigt worden.

Zulässiges "Werturteil"

Laut der aktuellen Entscheidung des OGH war die Aussage Embachers gegen den damaligen Innenminister, der bei Abschiebungen die Letztverantwortung trägt, "ein Werturteil, das im konkreten Zusammenhang (gerade) noch nicht als exzessiv anzusehen ist".

Der Anwalt habe gegenüber Medien auf Äußerungen des Ministers reagiert, der aus seiner Sicht falsche Rechtsbehauptungen aufgestellt und seinen Mandanten einen Rechtsbruch und Asylmissbrauch vorgeworfen habe. Embacher habe mit seinen Aussagen die Absicht verfolgt, "die Interessen der bereits Abgeschobenen und deren Ruf zu wahren". Es habe sich deshalb um "zulässige Kritik" gehandelt, eine "Beeinträchtigung der Ehre oder des Ansehens" der Rechtsanwaltschaft habe somit nicht vorgelegen. (japf, 22.3.2024)