Alexandra Poringer hat ihren Arbeitsplatz dort, wo schon der Großvater mit dem Eierfärben begonnen hat. Um den Ostereierboom zu bewältigen, wird in zwei Schichten gearbeitet. Jetzt sei eine "drawige" Zeit, sagt die Chefin. Ihre Mitarbeiter leisten einen "tollen Job"– generell könnte die Arbeitsmoral aber besser sein.

STANDARD: Vom Geburtsdatum her sind Sie eher ein Christkindl. Da passt gut, dass Sie mit den Ostereiern zu Weihnachten anfangen. Aber kommen Sie je in Weihnachtsstimmung?

Poringer: Eine berechtigte Frage. Alle wünschen vom Dezember weg schöne Feiertage und gehen davon aus, dass wir von Weihnachten bis Heilig-Drei-König Betriebsurlaub haben. Das ist bei uns überhaupt nicht der Fall. Wir fangen im Sommer an, die Ostersaison zu planen, und entwerfen und bestellen im Herbst Osterpackungen.

Alexandra Poringer. 
Alexandra Poringer (47) wollte nie in die weite Welt hinaus, sondern immer in die Heimat zurück. Auf Reisen geht sie aber gern. Sie sieht sich, was Ernährung betrifft, als richtige Innviertlerin. Da gehörten das Ei und das Fleisch und die Milchprodukte einfach dazu. Vegan und vegetarisch, das sei nichts für sie.
Hermann Walkobinger

STANDARD: In Osterstimmung kommen Sie jetzt wohl auch nicht richtig?

Poringer: Weihnachten und Ostern gehen nahtlos ineinander über. Für uns ist Ostern mit sehr viel Arbeit verbunden, ist ja unsere Hauptsaison. Wobei, vor Weihnachten werden noch mehr Eier konsumiert. Unser Hauptgeschäft ist ja das Verpacken und Vermarkten von Frischeiern. Das Osterei ist ein Zusatzprodukt. Wir Österreicher essen vor Ostern 60 Millionen Ostereier, wir färben ungefähr 15 Millionen.

STANDARD: Bunte Eier gibt es mittlerweile das ganze Jahr. Seit wann?

Poringer: Ich kenne das schon aus Kindheitstagen. Mein Großvater hat mit dem Kochen und Färben begonnen und hat das auf Deutsch gesagt erfunden. Das war in den 1950er-Jahren, wo es noch keine Maschinen zu kaufen gab.

STANDARD: Ihr Großvater hat in der Garage begonnen. Auf einer selbstgebauten Maschine. Das klingt nicht so prickelnd. Was hat Sie daran so interessiert, dass Sie nach dem Studium zurück ins Innviertel gegangen sind?

Poringer: Mein Elternhaus ist da, wir haben immer da gewohnt. Mich hat es immer heimgezogen und nicht in die Ferne. Wir haben als Kinder schon mitgearbeitet, das haben wir nicht als Arbeit empfunden, es war für uns normal.

STANDARD: ÖVP-Klubchef August Wöginger kommt ja aus der Gegend. Er hat einmal sinngemäß gemeint, die Kinder ziehen in die Welt hinaus ...

Alexandra Poringer.
Die Maschinen für den Betrieb sind naturgemäß speziell. Ungefähr 15 Millionen Eier werden vor Ostern gefärbt. Damit sich das ausgeht, wurde noch im alten Jahr vor Silvester begonnen. "Wir haben lange Tage jetzt", sagt Poringer und lobt ihre Mitarbeiter. Die würden einen "tollen Job" leisten in dieser Zeit.
Hermann Walkobinger

Poringer: ... und dann kommen sie nicht mehr zurück.

STANDARD: ... doch, als Grüne ...

Poringer: Nein, da gehöre ich nicht dazu. (lacht)

STANDARD: Der Großvater war offenbar geschäftstüchtig.

Poringer: Sehr – und fleißig. Die Oma war Schneiderin und der Opa Zimmermann. Die haben versucht, sich das Einkommen aufzubessern, und haben da einen Markt entdeckt.

STANDARD: Der noch dazu floriert. Zu Ostern stellen Sie Zusatzkräfte ein. Im Innviertel, wo viele Betriebe Mitarbeiter brauchen, wohl nicht leicht.

Poringer: Der Arbeitsmarkt hat sich extrem verändert. Ganz stark seit Corona. Die Arbeitsmoral könnte besser sein – generell am Arbeitsmarkt. Aber das ist wohl kein Spezifikum des Innviertels.

STANDARD: Nehmen Sie das eher bei jungen Leuten wahr?

Poringer: Ich würde schon behaupten, dass junge Leute das Arbeiten in dem Sinn nicht mehr so gewohnt sind. Sie kommen mit sehr hohen Gehaltsvorstellungen. Ich habe Verständnis dafür, dass man nicht nur fürs Arbeiten auf der Welt ist. Aber es gibt ganz viele Leute, die keinen gesunden Hausverstand mehr an den Tag legen und die wirklich nicht arbeiten wollen. Oder die teilweise darauf hinarbeiten, dass sie einen gewissen Zeitraum Arbeitslosengeld beziehen oder sich vom Sozialsystem erhalten lassen. Umgekehrt gibt es Leute, von denen kannst du alles haben. Das ist eigentlich unfair, diese Einstellung von jungen Leuten. Aber es ist nicht nur so, dass Junge nicht arbeiten wollen, es gibt auch Ältere. Das ist querbeet, egal ob Frauen, Männer, Österreicher oder Nichtösterreicher.

STANDARD: Eine Art von Arbeitskräften bei Ihren Lieferanten sind die Hühner. Die wissen nicht, dass jetzt Ostern ist. Wie machen das die Bauern, dass sie genug Eier haben?

Poringer: Dahinter steckt intensive Planung. Man kann die Legeleistung eines Huhns nicht steigern. Aber es wird versucht, dass man im Winter, auf Deutsch gesagt, mehr Hühner unter Vertrag hat als in den Sommermonaten. Im Umkehrschluss passiert es, dass im Sommer mehr Eier produziert werden, als der Markt nachfragt. Da wird dann Ware abgewertet und als Industrieware etwa für die Teigwarenverarbeitung verkauft.

STANDARD: Die Menschen kaufen gerade bei den Eiern viel bio. Wie ist das jetzt, da die Menschen sparen?

Alexandra Poringer inmitten von Eiern. 
Für die Ostereier sind weiße Eier gefragt - damit die Farben schon strahlen. Mit den Landwirten habe man eine langfristige Partnerschaft. Zu Ostern müsse jeder Handgriff sitzen. Damit sich die Eier perfekt kochen und für den Konsumenten perfekt schälen lassen sollen sie mindestens zwei Wochen vor dem Kochen abgelagert sein.
Hermann Walkobinger

Poringer: Das hat man ganz stark gemerkt in der zweiten Phase der Corona-Pandemie. Da kam diese Inflationswelle dazu. Da war das Bio-Ei plötzlich wirklich tot. Es ist nicht mehr gekauft worden – bis ziemlich genau vor einem Jahr. Der Markt ist komplett zusammengebrochen. Jetzt hat es sich wieder eingependelt. Ich glaube, wir haben trotzdem einen Wertewandel im positiven Sinn. Es gibt eine ganz große Käuferschicht, die auf das Geld schauen muss. Aber es gibt auch eine, die sehr selektiv kauft, sich biologisch ernähren will und regional kauft. Es ist ja leider so, dass wir fürs Auto, für Reisen, für Freizeit viel mehr ausgeben als für Lebensmittel. Eine traurige Entwicklung.

STANDARD: Apropos: Für Legehennen ist Eierlegen ein Hochleistungsjob. Eigentlich würden sie rund acht Jahre alt, müssten sie nicht so viele Eier legen. Nach zwei Jahren sind sie ausgelaugt und werden zu Suppenhühnern oder Tierfutter. Auch traurig, oder?

Poringer: Wir sprechen im Fachjargon von einer Legeperiode. Die Landwirte halten die Tiere im Schnitt 18 Monate, dann nimmt die Legeleistung ab. Im privaten Bereich könnten solche Tiere weiterleben. Für einen Landwirt, der das im Vollerwerb betreibt, ist das unmöglich.

STANDARD: Der Preis unserer Lebensweise?

Poringer: Ja, es ist Teil unserer Lebensweise.

STANDARD: Stichwort Lebensweise: Je "Wetten, dass..?" geschaut?

Poringer: Ja freilich.

STANDARD: Ein Kandidat wollte auf Skiern über eine Schanze aus rohen Eiern fahren, ohne ein Ei zu zerbrechen. Die Wette hat er verloren. Machen Sie auch Härtetests?

Poringer: Wir verwenden zum Kochen und Färben ausschließlich Eier von Junghennen. Die Eier sollen vor dem Kochen mindestens zwei Wochen alt sein, ein hyperfrisches Ei zerreißt leichter. Ein Osterei hält dann sechs Wochen. Wir verwenden die natürlichsten Eierfarben, die es gibt. Die Farbe ist kombiniert mit Schellack, der versiegelt die Schale, sorgt für Haltbarkeit und verleiht dem Osterei Glanz. Es ist eine hauchdünne Schicht Schellack, aber es ist wichtig, dass die Poren so verschlossen werden. Sonst ist das Ei nicht so lange haltbar.

STANDARD: Gibt es Lieblingsfarben?

Poringer: Wir machen Regenbogen, Ringel, Gold, Bronze, Schwarz, am meisten aber rote. Die Leute freuen sich, wenn wir frühlingshafte, helle Farben anbieten. Dazu brauchen wir weiße Eier. So versuchen wir sehr viele weiße Eier zur Verfügung zu haben und viele weiße Hühner zu halten.

STANDARD: Sind nicht die braunen Eier widerstandsfähiger?

Poringer: Nein, das ist ein Mythos.

STANDARD: Aber die kleineren, spitzeren Eier sind besser zum Pecken oder?

Alexandra Poringer im Büro. 
Dass die Menschen weniger zu tierischen Produkten greifen, spüre man zumindest bei den Eiern nicht, sagt Poringer. Der Pro-Kopf-Verbrauch in Österreich sei ganz konstant.
Hermann Walkobinger

Poringer: Das stimmt schon. Je kleiner, umso fester ist die Schale. Wir wollen, dass die Eier einen wachsweichen Kern haben, damit das konstant ist, müssen die Eier gleich groß sein. Und die Eierkoch- und Färbeanlagen sind für die Gewichtsklasse M gebaut.

STANDARD: Beim Eierpecken geht’s darum, den Gegner zu vernichten. Spitz oder Arsch ist klar oder?

Poringer: Ja, da gibt es kein schöneres Wort dafür.

STANDARD: Wir wissen nicht, ob Henne oder Ei zuerst da war. Haben Sie im Geschäft etwas fürs Leben gelernt?

Poringer: Dass es zum Leben dazugehört, dass man sich nicht auf Lorbeeren ausruht. Es ist wichtig, das Glas halb voll und nicht halb leer zu sehen. Und ich wünsche mir sowohl im Berufsleben als auch im Privatleben, dass man toleranter miteinander umgeht. Solange die ganz großen Parameter passen, brauchen wir uns nicht übers schlechte Wetter aufzuregen. (Regina Bruckner, 24.3.2024)