Volocopter
Das Geschäft von Volocopter erfordert einen langen Atem. Es geht um Technologie, Genehmigungen und Akzeptanz in der Bevölkerung.
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Erst Ende vergangenen Jahres hatte die deutsche Bundesregierung aufgrund eines Budgetlochs ein umfassendes Sparprogramm beschlossen, dem unter anderem die Förderung von Elektroautos zum Opfer gefallen war. Nun sorgt FDP-Verkehrsminister Volker Wissing mit Plänen für Aufsehen, über welche der "Spiegel" berichtet: dem Medium liegen Informationen vor, laut denen Wissing 150 Millionen Euro in das Unternehmen Volocopter investieren möchte. Und das, obwohl dem Verkehrsministerium 2025 im Rahmen des besagten Sparprogramms wohl über fünf Milliarden Euro weniger als zuvor zur Verfügung stehen werden.

Volocopter ist ein deutsches Unternehmen, das sich auf die Herstellung und Verbreitung von Flugtaxis spezialisiert hat: elektrisch betriebene Fluggeräte, die einen Piloten und einen Passagier über kurze Distanzen transportieren können. Noch im April soll das Geld dem Medienbericht zufolge fließen, das Verkehrsministerium und der Freistaat Bayern sollen sich den Betrag aufteilen, wobei der Bund in Vorleistung geht. Bei einem Ausfall würde wohl der Steuerzahler haften.

Etliche Warnzeichen

Hingewiesen wird in dem Artikel auch darauf, dass unter anderem Wirtschaftsprüfer von PricewaterhouseCoopers (PwC) deutlich vor diesem Vorhaben gewarnt hatte. Generell gelten Flugtaxis als ein innovatives und entsprechend risikobehaftetes Geschäftsfeld: geht der Plan auf, so winkt eine rosige Zukunft, bei Fehlschlagen droht hingegen ein Totalverlust. Vor den ersten Umsätzen steht eine lange Durststrecke, während der zunächst nur Geld verbrannt wird. Nicht umsonst raten Investoren in der Start-up-Szene stets zur Diversifizierung des eigenen Portfolios. Wissings Plan sieht nach aktuellem Stand hingegen nur ein Investment in ein Unternehmen vor, nämlich Volocopter. Lilium aus Bayern, ein Konkurrent von Volocopter, ginge leer aus.

Auf Anfrage des Mediums im Verkehrsministerium heißt es, dass Volocopter im Sommer die Musterzulassung bekommen könnte, ein kommerzieller Flugbetrieb zum Jahreswechsel sei "nicht unrealistisch". Anfang März hieß es, dass Volocopter in die Serienherstellung gehen und Piloten ausbilden darf – ein wichtiger Meilenstein. Das Unternehmen selbst spricht gegenüber dem Spiegel jedoch auch von einem "extrem herausfordernden Investitionsumfeld".

Im Gespräch mit dem STANDARD hatte Volocopter-CEO Dirk Hoke auch verkündet, dass seine Flugtaxis im Sommer bei den Olympischen Spielen in Paris unterwegs sein sollen. Zuletzt hieß es aber in Medienberichten, dass sich die Zulassung verzögere. Zweifel werden laut, dass der ambitionierte Zeitplan eingehalten werden kann. Und auch wenn dies gelingt: ist ein gewinnbringender Betrieb möglich, bevor dem Unternehmen das Geld ausgeht?

Langer Atem

Im besagten Gespräch mit dem STANDARD war Hoke auf etliche der Kritikpunkte eingegangen. So träumt die Menschheit schon lange von fliegenden Autos, Verzögerungen gab es aber aus mehreren Gründen. Einer dieser Gründe ist die Batterietechnologie, denn aus Sicherheitsgründen kann Volocopter einen Akku nur nutzen, bis seine Kapazität bei 80 Prozent liegt – danach wird sie ausgetauscht. Entspricht gering ist derzeit noch die Reichweite.

Ein anderer Grund sind lange, aufwändige Zulassungsverfahren. Und dann ist da noch die Frage, ob die Technologie überhaupt in der Bevölkerung akzeptiert wird, vor allem wenn es später um autonomes Fliegen ohne Pilot gehen soll. All dies erfordert einen entsprechend langen Atem.

Volocopter
Im Sommer will Volocopter in Paris fliegen. Der Plan wackelt.
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Hoke will allein in diesem Jahr aber 18 Fluggeräte bauen sowie in den kommenden Jahren die Infrastruktur ausbauen. Geplant ist in der Branche auch, dass Flugtaxis in multimodale Verkehrskonzepte integriert werden: nach Langstreckenflügen sollen Menschen zum Beispiel mit einem Flugtaxi in die Innenstadt schweben, anstatt mit einem Auto im Stau zu stehen.

Hoke rechnet außerdem damit, dass die Kosten für die Endkunden sinken werden: bei späteren fünfsitzigen Fluggeräten soll man nur noch drei Euro pro Kilometer zahlen, derzeit werden die Kosten in den Zweisitzern noch mit zehn bis 15 Euro pro Kilometer beziffert.

Geldfragen

Doch bis es soweit ist, wird wie gesagt noch viel Geld verbrannt. Hoke erzählte dem STANDARD damals, dass bis Anfang 2024 rund 600 Millionen Euro Kapital in das Unternehmen geflossen sei, die Rede war damals von einer aktuellen Finanzierungsrunde im Ausmaß von 300 bis 500 Millionen Euro.

Der "Spiegel" berichtet nun, dass sich Volocopter bereits im Sommer 2023 auf der Suche nach Geld an den Bund gewandt habe. Anschließend plante der Bund, gemeinsam mit dem Bundesland Baden-Württemberg 300 Millionen Euro in das Unternehmen zu stecken, ohne Rückzahlungspflicht. Doch die Landesregierung verkündete Ende 2023, dass man aufgrund des hohen Risikos abspringe.

Stattdessen soll nun Bayern für Baden-Württemberg einspringen. Zwar mit dem halben Betrag. Aber noch immer mit einem vergleichbaren Risiko, wie die Wirtschaftsprüfer warnen. (stm, 24.3.2024)