Location: Ristorante San Carlo, Mahlerstraße 3, 1010 Wien
Chris Lohner isst im Ristorante San Carlo am liebsten Fisch, wie etwa Wolfsbarsch, auch Branzino genannt.
Katharina Gossow

Der Ort

Ich habe lange Zeit gleich ums Eck im Theater in der Walfischgasse gespielt. Da kam ich oft vor oder nach den Vorstellungen hier ins San Carlo auf einen kleinen Happen oder ein Getränk. So hat sich über die Jahre eine freundschaftliche Beziehung zum Gastgeber Ciro Buono ergeben. Er kocht hervorragend. Am liebsten bestelle ich hier immer Fisch, wie zum Beispiel einen Branzino. Das würde ich mir selbst niemals zubereiten. Ich bin keine große Köchin. Mein Repertoire umfasst nur wenige Gerichte.

Die Speisekarte

Mit denen müssen sich meine Freunde begnügen, wenn ich sie einlade. Meistens gibt es Aufläufe oder Gerichte aus dem Römertopf. Die kann man gut vor­bereiten, und ich muss nicht mit hochrotem Kopf zwischen Küche und Esszimmer hin- und herlaufen. Stattdessen kann ich mich voll und ganz meinen Gästen widmen. Für mich selbst koche ich nur einfache Gerichte wie Pasta oder chinesische Knödel, die ich tiefgekühlt kaufe und dämpfe. Ich esse alles, aber in Maßen. Früher mochte ich Süßigkeiten, heute bin ich eher auf dem Käsetrip. Manche Menschen kochen auch für ihre Hunde. Ich mache das nicht. Meine anderthalb Jahre alte Sally bekommt fertiges Futter. Da sind alle Nährstoffe drin, die sie braucht.

Die Etikette

Der Hund eignet sich auch gut als Ausrede, wenn man mich an großen Tafeln neben langweilige Menschen setzt. Ich hasse Smalltalk. Da seile ich mich lieber schnell ab. Zu Hause mit Freunden ist eine Tischordnung nicht nötig. Da geht’s locker zu. Generell habe ich Abendessen im privaten Rahmen lieber. Was ich gar nicht mag, sind Buffets. Alle stochern in dem Essen herum, atmen es an. Davor graust mir. Normalerweise stört es mich nicht, wenn ich erkannt werde und mich Leute ansprechen. Nur einmal hat sich ein Mann einfach zu mir an den Tisch gesetzt. Ich wies ihn darauf hin, dass ich gerade esse. "Stört mich nicht", antwortete er. Ein Kellner eilte mir zu Hilfe.

Die Erinnerung

Die schönste kulinarische Erinnerung ist der Kaiserschmarren meiner Großmutter. So gut wie damals hat er mir nie wieder geschmeckt. Das liegt aber wahrscheinlich auch daran, dass wir damals nichts hatten. Ich bin ja 1943 geboren, habe mit meiner Oma Brennnesseln oder Sauerampfer fürs Abendessen gepflückt. Als sich die Lage dann besserte und es wieder möglich war, Gerichte wie Kaiserschmarren zu kochen, schmeckten die gleich nochmal so gut. (RONDO, Protokoll: Michael Steingruber, 30.3.2024)