Auch die schönste Revolution braucht Menschen, die über Quadratmeter nachdenken. Bei der KPÖ plus in Salzburg ist das Sarah Pansy. Die 33-jährige Landesgeschäftsführerin steht im Volksheim, der örtlichen KPÖ-Zentrale, und schiebt im Kopf Büros herum. Bei der Wahl vor einigen Wochen ist der Gemeinderatsklub von einem auf zehn Mandate angewachsen. "Wir wissen noch nicht, wie viel Platz wir in den neuen Räumlichkeiten haben werden", sagt sie. 750 Meter entfernt verhandelt der KPÖ-Spitzenkandidat Kay-Michael Dankl darüber, dass er das große Wohnressort in der Stadtregierung bekommen wird. Damit er das in Ruhe tun kann, gibt es Menschen wie Sarah Pansy.

Die Analysen der KPÖ-Erfolge der vergangenen drei Jahre hatten eine Gemeinsamkeit: Die Beobachter waren sich einig, dass es vor allem an den Spitzenkandidaten – also Elke Kahr in Graz und Dankl in Salzburg – gelegen habe. Sie seien die freundlichen Gesichter des Kommunismus, die durch ihr Charisma die dunkle Vergangenheit weggelächelt hätten. In Interviews wurde Dankl regelmäßig gefragt, warum er nicht mit eigener Liste antrete.

Sarah Pansy sucht als Landesgeschäftsführerin der KPÖ plus in Salzburg gerade nach mehr Platz für den gewachsenen Klub.
Birgit Probst

Neu ist das alles nicht. Schon in den 90ern hieß es in Graz, die Leute würden nicht die KPÖ, sondern die damals zentrale Figur Ernest Kaltenegger wählen. Und auch wenn niemand leugnet, dass ein Mann wie Dankl – studierter Historiker, Jungpapa, Museumsführer – die Anschlussfähigkeit an bürgerliche Kreise erhöht: Wer die – vorerst lokalen – Erfolge der KPÖ ausschließlich auf die Spitzen schiebt, der macht es sich zu einfach.

Trotz der Probleme mit den Quadratmetern ist Sarah Pansy – wie fast alle KPÖler, mit denen man aktuell spricht – gut gelaunt. Dafür gibt es ja auch eine Menge Gründe: In den vergangenen fünf Jahren ging es, zumindest für die Landesparteien in der Steiermark und Salzburg, nur nach oben. "Es macht wahnsinnig viel Spaß", sagt Pansy grinsend. Es ist alles in Bewegung: Manch ein Neo-Gemeinderat wie Peter Weiss, 63 Jahre alt, stieß erst vor einem halben Jahr dazu.

Kommunistischer Cluster

Ein paar Zahlen, die verdeutlichen, was da in letzten Jahren in Salzburg passiert ist: 2019 hatte die Partei einen Kern aus zehn aktiven Mitgliedern und einen Gemeinderat (Dankl) mit einer Büroleiterin. Heute ist sie auf 70 Mitglieder angewachsen und hat darüber hinaus 150 Aktive ohne Mitgliedschaft. In der Parteizentrale gibt es fünf Angestellte, im Landtagsklub vier, im Rathaus werden es wohl zwei im Klub sein. Plus das Büro des Stadtrats.

Ein kommunistischer Cluster an der Salzach, auch wenn es nicht alles Vollzeitstellen sind. Bis zu den nächsten Wahlen, regulär in vier bis fünf Jahren, nimmt der KPÖ auch niemand diese Ressourcen weg.

Eindrücke aus der Salzburger KPÖ-Zentrale.
Birgit Probst

"Uns ist wichtig, dass Mandatarinnen und Mandatare ihre politische Arbeit mit der Parteiarbeit verknüpfen", sagt Pansy. Ein konkretes Beispiel: Abgeordnete, die ein Thema parlamentarisch bearbeiten, leiten auch den jeweiligen Arbeitskreis in der Partei. Viele der Besonderheiten in der Parteiorganisation der KPÖ wie die Gehaltsobergrenze oder die Sprechstunden zielen darauf ab, den Kontakt zwischen Bevölkerung und Mandataren eng zu halten. Das sei extrem wichtig für die politische Arbeit, sagt Pansy. "Es macht etwas mit dir, wenn du regelmäßig 30 Minuten mit einem Menschen allein in einem Raum sitzt und ihm bei einem ganz konkreten Problem hilfst."

Entspannt, aber ernsthaft

Viele dieser Ideen haben die Salzburger von der steirischen KPÖ übernommen. Die sitzt seit 2005 (wieder) im Landtag und stellt seit 2021 die Bürgermeisterin der Landeshauptstadt. Aber um die Entwicklung zu verstehen, muss man eigentlich zumindest im Jahr 1998 anfangen. Bei der Wahl in Graz kommt die KPÖ damals auf 7,9 Prozent, gemäß Stadtstatut steht ihr damit ein Stadtratsposten zu. Ernest Kaltenegger erhält das Wohnressort, wo ihn Kahr 2005 beerbt. 2017 kommt mit Robert Krotzer noch ein zweiter Regierungsposten hinzu. Das ist wichtig und wird manchmal übersehen: Die KPÖ regiert in Graz seit knapp 25 Jahren mit. "Diese Erfahrung hat uns nach dem Wahlsieg 2021 sehr geholfen", sagt Hanno Wisiak.

Hanno Wisiak ist Büroleiter im Gemeinderatsklub in Graz.
Elias Holzknecht

Es ist ein Dienstag im März, die Sonne fällt in das Erkerzimmer im Grazer Rathaus. Wisiak ist Büroleiter im Gemeinderatsklub in Graz und arbeitet seit 2012 im Rathaus. Wenn man KPÖler mit offiziellen Positionen in der Verwaltung trifft, dann sind sie oft wie Wisiak: entspannt und freundlich, aber auf eine gewisse Art sehr ernsthaft, wenn es um die Arbeit geht. Nicht nur weil Kommunisten immer besonders unter Beobachtung stehen. Sondern auch weil man beweisen will, dass die öffentliche Hand ein guter Akteur ist. Schließlich ist es ja das, was man immer erzählt. In den KPÖ-geführten Büros im Rathaus arbeiten mittlerweile eine Menge Leute: vier im Klub, 28 in den Büros von Kahr und den beiden Stadträten, nicht alle Vollzeit. Zwölf davon sind KPÖ-Mitglieder. "Parteimitgliedschaft ist keine Bedingung, um bei uns arbeiten zu können", sagt Wisiak.

Der Weg nach oben

Wollte man das "Playbook" der steirischen KPÖ zusammenfassen, könnte das ungefähr so ausschauen: Es gibt die Mandatare, die in den berühmten Sprechstunden nicht nur Bürgern bei ganz konkreten Problemen helfen, sondern auch den Teil ihrer Bezüge, der über einem Facharbeitergehalt (aktuell 2300 Euro) liegt, an Bedürftige verteilen. Gleichzeitig ist die KPÖ eine Partei, die mit Aktionen wie Flohmärkten oder Gemeinschaftsküchen, die auf "das Kollektiv" abzielen, die kommunistische Idee greifbar machen soll.

Das Volksheim in Salzburg ist die örtliche KPÖ-Zentrale.
Birgit Probst

An diesem Playbook haben sich die Salzburger KPÖler in den vergangenen Jahren orientiert. Auch die Innsbrucker Spitzenkandidatin Pia Tomedi hat anderthalb Jahre vor der Wahl begonnen, Sprechstunden anzubieten. Es ist eine Art kommunistisches Franchisesystem, auch wenn die KPÖler das natürlich nie so nennen würden.

Kann das so einfach sein? Eine erfolgreiche Stadtpartei führt zur nächsten, als würde das sprichwörtliche Gespenst des Kommunismus in Europa herumgehen? Auf diese Frage gibt es keine seriöse Antwort, aber Hinweise.

Wenn man es schlecht mit der KPÖ meint, könnte man darauf verweisen, dass die Partei bundesweit in Umfragen weiterhin bei etwa drei bis vier Prozent steht. Dass sie ein urbanes Phänomen ist. Und dass es ab einer bestimmten Größe nicht mehr möglich sein wird, bei kontroversen Themen wie einem EU-Austritt mit verschiedenen Stimmen zu sprechen.

Wenn man es gut mit der KPÖ meint, könnte man aber auch andere Dinge anführen. Zum Beispiel die Wahlergebnisse in der Steiermark, die zeigen, dass die KPÖ überall dort stark ist, wo sie vor Ort präsent ist. Oder dass die Partei – wie Salzburg gezeigt hat – glaubwürdig die Stimmen von Unzufriedenen einsammeln kann. "Ich glaube, dass viele Menschen einen anderen Politikstil wollen", sagt Sarah Pansy. "Den kann man bei uns finden, und ich bin überzeugt davon, dass das eine nachhaltige Entwicklung ist."

Nicht im Erfolg implodieren

Es gibt noch ein weiteres Argument für eine positive Zukunft der KPÖ: In der Partei gibt es einfach viele Menschen, die sich darüber Gedanken machen, wie sich eine Partei entwickeln sollte. So wie Max Zirngast, seit 2021 Parteisekretär der KPÖ Graz und Gemeinderat. Wenn man mit Zirngast telefoniert, erzählt er vom Wahlsieg 2021 als Zäsur, die auch die Ortspartei durchgeschüttelt habe. Als irgendwann alle Büros besetzt und Presseanfragen beantwortet waren, sei Zeit für eine andere Frage gewesen: Was kann, was muss sich ändern, damit die KPÖ nicht im Erfolg implodiert wie zahlreiche andere politische Projekte? Man denke an das Team Stronach oder die Liste Pilz.

Kommunistische Literatur und eine Marx-Büste in Hanno Wisiaks Büro.
Elias Holzknecht

"Wir haben den Bereich der Mitglieder auf eine neue Basis gestellt", sagt Zirngast. Dazu muss man wissen, dass die KPÖ nicht den Ruf hat, es neuen Mitgliedern besonders einfach zu machen. In der politischen Szene in Graz spricht man gern von der "Kaderpartei".

Produkt, nicht nur Gesicht

Und so ganz falsch ist das nicht: Bei der KPÖ lose andocken ist einfach. Aber der innere Bereich, also die Mitgliedschaft, hat ein paar Hürden. Es gibt Kennenlerntreffen, wo man sich bei Gesprächen gegenseitig abtastet. Für Neueinsteiger werden Crashkurse in Parteiarbeit angeboten, aber auch Seminare in kommunistischer Theorie. Das hat zur Folge, dass die KPÖ langsamer wächst, als sie vermutlich könnte. In Graz hat die Partei aktuell 350 Mitglieder, circa 50 mehr als beim Wahlsieg 2021. In den letzten Jahren hat sich aber zumindest die Stoßrichtung geändert: mit Fokus auf die Frage, wo man Interessierte sinnvoll einbinden kann, und nicht, wo man sie eher nicht haben möchte.

Peter Weiss ist 63 Jahre alt – und ein Neo-KPÖ-Mitglied in Salzburg. Er stieß erst vor einem halben Jahr dazu.
Birgit Probst

In einer komplexen Welt kann problemlos beides wahr sein: Die KPÖ braucht Menschen wie Kahr und Dankl. Aber die Strukturen hinter diesen Gesichtern haben nichts mit der losen Ansammlung aus politischen Glücksrittern zu tun, die man bei personenzentrierten Politprojekten oft findet. Und so lässt sich zur These, dass Dankl mit einer "Liste Dankl" erfolgreicher gewesen wäre, auch eine Gegenthese formulieren. Politiker wie Dankl und Kahr sind nicht einfach nur Gesicht der KPÖ, sondern auch Produkte ihres Politikstils. Einfacher gesagt: Kay-Michael Dankl mag das Zugpferd der KPÖ in Salzburg sein. Aber vielleicht hat ihn auch die Einbindung in die KPÖ ein wenig zu diesem Zugpferd gemacht.

Satte Ressourcen

Die Zukunft der KPÖ in Österreich steht in den Sternen. Aber im Moment kommen bei ihr ein paar Dinge zusammen: Sie hat mit Wohnen ein zentrales Zukunftsthema besetzt. Mit Graz und Salzburg hat sie zwei starke Zentren, in denen gearbeitet werden kann und wird. Und durch die Wahlerfolge stehen ihr Ressourcen zur Verfügung, wie sie sie zuletzt wohl am Beginn der Zweiten Republik hatte. Wer den Aufwind der KPÖ bremsen will, sollte diese Kombination durchaus ernst nehmen. (Jonas Vogt, 30.3.2024)