René Benko steht mit eingesteckten Händen im Untersuchungsausschuss.
Nachdem die Finanzprokuratur Anfang des Jahres eine Insolvenz gefordert hatte, stellte Benko selbst einen Antrag am Landesgericht Innsbruck. Dort wird auch die Entscheidung über seine finanzielle Zukunft fallen.
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René Benko ist pleite. Zumindest behauptet er das selbst. Anfang März stellte der Signa-Gründer einen Antrag auf Insolvenz als Unternehmer, mittlerweile hat das Landesgericht Innsbruck ein Konkursverfahren eingeleitet. Für Benko bedeutet das, dass im schlimmsten Fall sein gesamtes privates Vermögen verwertet wird.

Doch würde der Immobilienunternehmer, der einst als einer der reichsten Österreicher galt, tatsächlich verarmen? So mancher Beobachter bezweifelt das, schließlich liegt ein großer Teil des Familienvermögens in Privatstiftungen, die seinem Umfeld zugeordnet werden können. Selbst im Insolvenzfall dürfen Gläubiger auf dieses Geld nur unter äußerst engen Voraussetzungen zugreifen.

Frage: Was ist eine Privatstiftung?

Antwort: Privatstiftungen sind – vereinfacht gesagt – Sparbücher mit eigener Rechtspersönlichkeit. Das bedeutet, dass sie unabhängig von ihrem Gründer (Stifter) existieren. Üblicherweise wird der Privatstiftung ein bestimmtes Vermögen übertragen – zum Beispiel Unternehmensanteile, Immobilien oder Geld. Der Stiftungsvorstand verwaltet dieses Vermögen und schüttet es an die Begünstigten aus. Bei Privatstiftungen sind das oft Familienmitglieder des Stifters oder der Stifter selbst. In der Stiftungsurkunde kann zum Beispiel geregelt werden, dass die Stiftung monatlich einen bestimmten Geldbetrag an die Begünstigten überweist.

Frage: Welchen Vorteil hat eine Privatstiftung?

Antwort: Es gibt eine Reihe von Gründen, die für die Errichtung einer Privatstiftung sprechen. Vermögen kann auf diesem Weg etwa langfristig an einen bestimmten Zweck gebunden werden – auch über den Tod des Stifters hinaus. Zudem kann mit einer Privatstiftung bis zu einem gewissen Grad verhindert werden, dass Familienunternehmen durch Erbschaften zersplittern. Die steuerlichen Vorteile haben aufgrund mehrerer Gesetzesnovellen in den letzten Jahren zwar abgenommen, bestehen zum Teil aber noch immer. Nicht zuletzt gibt es auch Vorteile, wenn Stifter Insolvenz anmelden müssen.

Frage: Welche österreichischen Stiftungen kann man René Benko und seinem persönlichen Umfeld zuordnen?

Antwort: Benkos bekannteste Stiftung, die Familie-Benko-Privatstiftung, ist wie berichtet mittlerweile selbst insolvent. Sie war eng mit dem Signa-Geflecht verstrickt und wurde von der Pleitewelle mitgerissen. In Österreich gibt es jedoch zumindest eine weitere Stiftung in Benkos Umfeld – die Laura-Privatstiftung. Ihr gehören indirekt neben Benkos privatem Domizil etwa weitere Immobilien in Innsbruck. Stifter der Laura-Privatstiftung sind René Benko und dessen Mutter. Die Begünstigten sind in einer Zusatzurkunde festgehalten, die nicht im Firmenbuch hinterlegt werden muss. Es dürfte sich dabei um Familienmitglieder handeln.

Frage: Wie sieht es mit Stiftungen im Ausland aus?

Antwort: Dem Vernehmen nach zählt auch die Ingbe-Privatstiftung, die in Liechtenstein errichtet wurde, zu Benkos Umfeld. Dass es in Staaten wie Liechtenstein oder Luxemburg weitere Stiftungen gibt, ist denkbar, aber aus öffentlichen Registern kaum herauszulesen. Stiftungen versprechen abseits der gezielten Vermögenszuwendungen vor allem eines: Geheimhaltung.

Frage: Können Geldgeber und Gläubiger im Zuge der persönlichen Insolvenz Benkos nun auf das Stiftungsvermögen zugreifen?

Antwort: Die Stiftungen bleiben grundsätzlich außen vor. Da sie eigene Rechtspersönlichkeiten haben, ist ihr Vermögen vom Vermögen des Stifters getrennt. Die Gläubiger dürfen nicht darauf zugreifen. Von diesem Grundsatz gibt es jedoch ein paar Ausnahmen. Ob sie im Fall von Benko vorliegen, muss in erster Linie der Masseverwalter, Rechtsanwalt Andreas Grabenweger, klären.

Frage: Welche Ausnahmen könnten das sein?

Antwort: Der Insolvenzverwalter kann zum Beispiel auf das Stiftungsvermögen zugreifen, wenn der insolvente Stifter zugleich Letztbegünstigter der Stiftung ist. Die Voraussetzung dafür ist allerdings, dass sich der Stifter in der Stiftungsurkunde ein sogenanntes Widerrufsrecht vorbehalten hat, erklärt Rechtsanwalt Nikolaus Becker von HSP. Ein Widerrufsrecht bedeutet, dass der Stifter das Recht hat, die Stiftung jederzeit aufzulösen und auf das Vermögen zuzugreifen. Bei einer Insolvenz geht dieses Recht – vereinfacht gesagt – auf den Insolvenzverwalter über. Im Fall der Laura-Privatstiftung ist das Widerrufsrecht in der Stiftungsurkunde ausgeschlossen.

Frage: Gibt es andere Möglichkeiten, auf das Stiftungsvermögen zuzugreifen?

Antwort: Der Insolvenzverwalter kann theoretisch auch auf Ausschüttungen der Stiftung an die insolvente Person zugreifen. "Eine solche Auszahlung ist grundsätzlich pfändbar", sagt Anwalt Becker. Im Fall von Benkos öffentlich bekannten österreichischen Stiftungen bekommen aber wohl Familienmitglieder die Auszahlungen der Stiftung, nicht Benko selbst. Das macht einen Zugriff deutlich schwieriger, wenn auch nicht unmöglich.

Fragen: In welchen Fällen könnte der Insolvenzverwalter dennoch auf das Vermögen zugreifen?

Antwort: Wenn das Vermögen bewusst in die Stiftung verschoben wurde, um es vor der Insolvenz in Sicherheit zu bringen. "Das Insolvenzrecht sieht vor, dass bestimmte Rechtsgeschäfte angefochten werden können", sagt Becker. Hätte tatsächlich die Absicht bestanden, Gläubiger im Fall einer Insolvenz zu benachteiligen, könnten Geschäfte – zum Beispiel die Zuwendung von Vermögen an die Stiftung – innerhalb von zehn Jahren nach Vornahme dieses Geschäftes angefochten und rückabgewickelt werden. Voraussetzung ist, dass auch der Stiftungsvorstand von der Benachteiligungsabsicht wusste.

Frage: Muss man diese Benachteiligungsabsicht immer nachweisen?

Antwort: Nein, nicht unbedingt. Bei der Übertragung von Vermögen an eine Stiftung handelt es sich im Prinzip um eine Schenkung. "Ein solches Geschäft ist selbst ohne Benachteiligungsabsicht innerhalb von zwei Jahren nach der Vornahme anfechtbar", sagt Rechtsanwalt Becker. Etwas komplizierter wird es, wenn das Geld bereits an die Begünstigten ausgeschüttet wurde. Ob die Stiftung das Geld dann rückerstatten muss, hängt vor allem davon ab, ob der Stiftungsvorstand die Schenkung "redlich und gutgläubig" empfangen hat. Zuwendungen an die Stiftung durch eine bereits insolvente Person sind ebenfalls anfechtbar, wenn der Stiftungsvorstand von der Zahlungsunfähigkeit wusste.

Frage: Wie geht es in der persönlichen Insolvenz von René Benko weiter?

Antwort: Derzeit läuft das Konkursverfahren. Bis 10. April sollten Gläubigerinnen und Gläubiger ihre Forderungen anmelden, am 24. April findet dann die erste Gläubigerversammlung statt. Bleibt es bei einem Konkurs, würde zunächst Benkos gesamtes Vermögen verwertet werden. In einem zweiten Schritt könnte er sich zu einem Zahlungsplan verpflichten. Er müsste dann für mehrere Jahre einen Teil seines Einkommens an die Gläubiger abtreten. Danach wäre er von seinen Schulden befreit. Benko hat aber nach wie vor die Möglichkeit, einen Sanierungsplan für sein Einzelunternehmen einzureichen. Für ihn wäre das die angenehmere Variante. Er müsste sich zwar dazu verpflichten, seinen Gläubigern eine Schuldenquote von zum Beispiel 20 Prozent zu bezahlen, könnte seine unternehmerische Tätigkeit allerdings weiter ausüben. Die Gläubiger müssten der Sanierung freilich zustimmen. (Jakob Pflügl, 3.4.2024)