José Andrés kennt den Kontrast zwischen Arm und Reich. Seine Lehrzeit verbrachte er einerseits als Wehrdienstkoch bei der spanischen Armee, andererseits im Nobelrestaurant El Bulli in Barcelona. In den USA kam er Anfang der 1990er an – einerseits um in feinen spanischen Restaurants zu lernen, andererseits laut eigener Aussage mit nur 50 Dollar in der Tasche. Mittlerweile gilt Andrés als Koch der Reichen und Schönen, ist Inhaber mehrerer Restaurants in den USA und in Europa. Aber er gilt auch als Mann mit sozialem Gewissen. Letzteres vor allem seit den 2000er-Jahren: Damals half er bei einer NGO, die in Washington Speisen an Bedürftige und an Schulen in ärmeren Vierteln verteilt.

Das von einer israelischen Rakete getroffene Auto der World Central Kitchen im Gazastreifen.
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Es war eine Idee, die bei Andrés verfing – allerdings in einem viel größeren Maßstab: Seit 2010 liefert seine World Central Kitchen Speisen an jene aus, die bei Katastrophen akut an Hunger leiden. 2010 verteilte die Gruppierung Essen nach dem verheerenden Erdbeben in Haiti und blieb dort auch über den akuten Notfall hinaus. Der Clou dort war die Zusammenarbeit vor Ort: Für die NGO arbeiten Köchinnen und Köche aus den betroffenen Ländern. Auch das Essen wird, wenn möglich, vor Ort gekauft. So war es auch, nachdem Hurrikan Maria 2017 Puerto Rico verwüstete; nach Bränden auf Hawaii; für Kreuzfahrtpassagiere, die wegen Corona auf Schiffen festgehalten wurden; und nach dem Ausbruch des Ukrainekriegs an den Grenzen des Landes, an denen die Flüchtenden ankamen. Und später im Land selbst.

So wichtig wie die UN?

Als im Juni 2023 eine russische Rakete in einem Wohnhaus in Charkiw einschlug, hatte die Organisation ihren ersten Toten im Einsatz zu beklagen. Ans Aufhören habe er aber nie gedacht, sagte Andrés damals dazu. Immerhin habe die Teilorganisation Chefs for Ukraine bereits dutzende Millionen Mahlzeiten verteilt. In manchen Bereichen sei die World Central Kitchen bereits größer als Organisationen der Uno, da könne man nicht einfach aufhören. Sogar ein Kochbuch, das "World Central Kitchen Cookbook", ist dabei entstanden. Dort ist nachzulesen, wie mit bescheidenen Mitteln gutes Essen zubereitet werden kann. Man müsse Menschen nach Katastrophen zeigen, dass jemand da sei, der sich kümmere, ist als Mission-Statement auf der Website der NGO nachzulesen.

US-First-Lady Jill Biden und José Andrés bei der Besichtigung einer Kantine für Geflüchtete aus der Ukraine in Pozuelo de Alarcón bei Madrid.
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Trotz allem: Der Einsatz in Gaza, bei dem die Organisation nun gleich mehrere Tote zu beklagen hat, ist der bisher ambitionierteste der Organisation. Freiwillige sollen in Abstimmung mit allen Kriegsparteien die dringend benötigte Nahrung von Zypern in den Gazastreifen bringen.

Der Plan, der gemeinsam mit den USA, Ägypten und Jordanien ausgearbeitet wurde und von den Vereinigten Arabischen Emiraten finanziert wird, sieht die Lieferung von Nahrung über den Seeweg vor. Dass sie trotz Zustimmung der israelischen Behörden riskant werden würde, war auch vor ihrem Beginn klar. Die Arbeit in der Region werde vorerst pausiert. Wie und ob es weitergehen kann, ist unsicher.

Die Regierung Zyperns, von wo aus die Hilfsschiffe starten, gab am Dienstag bekannt, dass Boote der World Central Kitchen mit 240 Tonnen Lebensmitteln für Gaza an Bord wieder umgedreht hätten. (mesc, 2.4.2024)