Mehrere Smartphones liegen nebeneinander, eines davon wird angesteckt.
Seit April 2022 wird die Hälfte der Reparaturkosten bis maximal 200 Euro refundiert. Nach einem holprigen Start wurde der Reparaturbonus im Herbst letzten Jahres generalüberholt.
APA/dpa/Britta Pedersen

Der Reparaturbonus erfreut sich großen Andrangs, rund 910.000 Bons wurden laut Umweltschutzministerium bislang eingelöst und ausbezahlt. Das Ministerium spricht von einem Erfolg, und auch in der Reparaturbranche zeigt man sich in weiten Teilen positiv gestimmt. Und dennoch: Die wirklich großen Hebel zur Vermeidung von Elektroschrott und Co liegen anderswo. Denn immer noch sind viele Produkte nur schwierig zu reparieren, die Anstrengungen für langlebige Produkte scheinen enden wollend. Wo also gilt es anzusetzen?

Gabriele Zgubic von der Arbeiterkammer (AK) Wien jedenfalls sieht eine wesentliche Stellschraube im Verbraucherrecht. Der Reparaturbonus sei ein guter Ansatz, allerdings: "Die Langlebigkeit der Güter ist noch wichtiger als die Reparierbarkeit", spitzt es die Leiterin der Abteilung für Konsumentenschutz zu. Mehrfach habe sich die AK in Brüssel dafür eingesetzt, die Gewährleistung auszuweiten – bislang ohne Erfolg. "Eine Verlängerung der Gewährleistungsfrist würde Unternehmen anhalten, langlebigere Güter herzustellen", zeigt sich Zgubic überzeugt. Damit schlägt sie in die gleiche Kerbe wie bereits Kreislaufwirtschaftsexperte Willi Haas, der sich im Ö1-Morgenjournal ebenfalls dafür aussprach. Aktuell liegt die Mindestfrist bei zwei Jahren ab Kaufdatum, längere Fristen zur Behebung eines Produktmangels in den Mitgliedsstaaten sind theoretisch möglich. "Davon hat Österreich aber nicht Gebrauch gemacht", kritisiert Konsumentenschützerin Zgubic.

Regierung nutzt Spielräume nicht aus

Ebenfalls nicht ausgenutzt hat die Regierung die Option, die Beweislastumkehr auf zwei Jahre auszuweiten. Mit 1. Jänner 2022 wurde sie aber immerhin vorschriftsgemäß von einem halben auf ein Jahr verlängert. Seitdem müssen Kunden erst nach dem ersten Jahr nachweisen, dass ein Mangel bereits zum Zeitpunkt der Übergabe bestanden hat. Bis dahin wird auch ohne Beweis seitens der Kundschaft angenommen, dass dies der Fall war.

Und auch Tamina Hipp befindet eine Anpassung der Fristen grundsätzlich für sinnvoll – ebenso wie das Modell des Reparaturbonus. Die wissenschaftliche Mitarbeiterin des Umweltbundesamts in Deutschland sieht jedoch andere Hebel als wirkungsvoller an. "Der Staat sollte darauf achten, nicht nur Individuen zu fördern, sondern die Rahmenbedingungen für alle zu verändern." Das bedeute etwa: verpflichtende Angaben zu Lebensdauer, Produktpässe mit QR-Code und Vorgaben zur Reparierfähigkeit der in Umlauf gebrachten Güter.

An so mancher Stellschraube davon wird in Brüssel bereits gedreht. So befindet sich etwa die Ökodesign-Richtlinie in Verhandlung. Diese beinhaltet produktspezifische Vorgaben, etwa Energieeffizienzklassen bei Haushaltsgeräten. Im Trilog konnte man sich Ende vergangenen Jahres darauf einigen, die Richtlinie auf Produktgruppen wie Textilien und Möbel zu erweitern und auch lebensdauerrelevante Merkmale vorauszusetzen. Hipp geht davon aus, dass die neue Ökodesign-Richtlinie in den nächsten Monaten in Kraft tritt. Damit wäre der Weg frei für ressourcensparend hergestellte Güter im EU-Binnenmarkt, die langlebig und reparierbar sind.

Informationen zur Lebensdauer

Für ebenfalls essenziell erachtet die Expertin für nachhaltigen Konsum das "Recht auf Reparatur", ein weiteres EU-Vorhaben. "Produkte müssen nicht nur robust und langlebig designt, sondern auch einfach reparierbar sein. Dazu gehört auch die Verfügbarkeit von günstigen Ersatzteilen." Ein Aspekt, den die neue EU-Vorschrift aufgreift. Im Februar konnten sich die EU-Organe auf eine gemeinsame Position einigen.

Hersteller sollen demnach verpflichtet werden, Angaben über ihre Reparaturleistungen und deren Kosten zu machen. Als Kunde soll man dem finalen Text nach künftig nach Ablauf der gesetzlichen Gewährleistung eine einfache und kostengünstige Reparatur vom Hersteller verlangen können, sofern der Defekt technisch ausbesserbar ist. Zusätzlich sollen die Mitgliedsstaaten dazu angehalten werden, Reparaturgutscheine und -fonds einzuführen. Eine Maßnahme, bei der Österreich schon einen Schritt voraus ist.

Insgesamt brauche es aber vor allem eines, ist Hipp überzeugt: Transparenz zur Lebensdauer von Produkten. Und zwar dort, wo sie auch verkauft werden. Denn: "Aktuell wissen Konsument:innen nicht, wie lange Geräte halten werden." Häufig seien langlebige Geräte beim Kauf teurer, über die gesamte Nutzungsdauer hinweg käme man damit jedoch günstiger davon. Derartige Lebenszyklusanalysen, bei denen die Anschaffungs- sowie Betriebskosten der Nutzungsdauer gegenübergestellt werden, müssten entsprechend zugänglich gemacht werden. "Wenn das der Fall wäre, hätten die Hersteller einen Anreiz, robuste, langlebige und reparierbare Geräte zu designen." (Nicolas Dworak, 8.4.2024)