Der TV-Satiriker Jan Böhmermann ("ZDF Magazin Royale") und der Singer-Songwriter Olli Schulz tun es wieder: Sie kommentieren das Finale des Song Contest am 11. Mai wieder für den ORF-Sender FM4 und Spotify. Zum STANDARD-Interview am Montag schaffte es Schulz nicht rechtzeitig nach Wien, bei der ORF-Aufzeichnung von "Willkommen Österreich" am Abend war dann auch er dabei – zu sehen ist die Sendung am Dienstag um 22 Uhr in ORF 1.

Olli Schulz (links) und Jan Böhmermann
Olli Schulz (links) und Jan Böhmermann geben wieder ein Gastspiel auf FM4. Sie moderieren am 11. Mai das Song-Contest-Finale.
FM4 / Clemens Fantur

Jan Böhmermann sorgte kürzlich für Empörung bei der FPÖ, als er sich die Partei und Parteichef Herbert Kickl im "ZDF Magazin Royale" vorknöpfte. Über Kickl hat er im STANDARD-Interview einiges zu erzählen, auch olfaktorisch, nur über seine Rolle im Ibiza-Video - auf dessen Inhalte er schon im Frühjahr 2018 Bezug nahm - wollte er nicht mehr sprechen. Es mangle zwar nicht an Größenwahn, am Song Contest werde er aber nicht teilnehmen. "Deutsche Quatschbeiträge gab es schon genug", sagte Böhmermann.

STANDARD: 2023 ging mit dem Livekommentar zum Song Contest Ihr Lebenstraum in Erfüllung, so jedenfalls haben Sie es bezeichnet. Hat es Ihnen so viel Spaß gemacht, geht es ums Geld, oder warum tun Sie es wieder?

Böhmermann: Es geht nicht ums Geld. Es ist eine öffentlich-rechtliche Charity-Veranstaltung in Kooperation mit Spotify und dem ORF. In Deutschland gibt es leider nicht so eine liberale Unterhaltungskultur und so einen mutigen öffentlich-rechtlichen Eurovision-Song-Contest-Sender wie hier in Österreich. In Deutschland dürfen Olli Schulz und ich uns – mutmaßlich aus politischen Gründen – nicht am ESC beteiligen. Deswegen sind wir ins künstlerische Exil nach Österreich gegangen, um als Deutsche Österreich in Malmö zu vertreten.

STANDARD: Warum gerade für FM4?

Böhmermann: FM4 ist der Sender, bei dem es am längsten gedauert hat, ihn zu überreden. Bei Ö3 waren sie sofort Feuer und Flamme, und wir hatten auch das Angebot mehrerer ORF-Fernsehformate, es für sie zu machen, aber wir haben gedacht: Wenn wir Überzeugungsarbeit leisten müssen, ist es auch authentisch, deswegen sind wir bei FM4 gelandet.

STANDARD: ORF 1 wird es wahrscheinlich nicht mehr werden?

Böhmermann: Nein, Fernsehen war uns zu oberflächlich.

"Was wichtig ist: Olli hat gesagt, wenn Geld, dann möchte er nur Geld, das von rechtsextremen ORF-Gebührenzahlern abgepresst wurde."

STANDARD: Bekommen Sie auch ein Honorar dafür, oder ist es ein Freundschaftsdienst?

Böhmermann: Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Was dafür spricht, dass es entweder keines gibt oder man es mir verschweigt, um sich hinter meinem Rücken die Taschen voll zu machen. Mein letzter Stand ist, dass wir die Reisekosten und eine Verpflegungspauschale erstattet bekommen. Ich möchte aber nicht ausschließen, dass Olli Schulz viel Geld bekommt. Der steht ja morgens normalerweise gar nicht auf, wenn es nicht zumindest sechsstellig ist. Was wichtig ist: Olli hat gesagt, wenn Geld, dann möchte er nur Geld, das von rechtsextremen ORF-Gebührenzahlern abgepresst wurde. Kein Geld von Linken, Liberalen und demokratisch gesinnten Leuten, sondern nur von jenen, die dem ORF nicht wohlgesinnt sind.

STANDARD: Können Sie sich vorstellen, selbst für Deutschland beim Song Contest anzutreten? Zum Beispiel mit Olli Schulz?

Böhmermann: Ich fand vor allem immer die große ESC-Idee charmant, dass es ein paneuropäischer Kulturwettbewerb ist. Selber teilnehmen muss ich da aber nicht.

STANDARD: War das nie ein Thema?

Böhmermann: Es mangelt nicht am Größenwahn, das ist ja klar. Aber deutsche Quatschbeiträge gab es schon genug, und am Ende ist mir Musik dann doch zu wichtig. Der NDR und ich haben darüber schon mal heimlich nachgedacht, aber mich haben am Ende leider immer die Shows zum deutschen Vorausscheid verschreckt. Viel spannender ist darum für Olli und mich, mit welchem Unterhaltungsansatz man sich dem Song Contest nähert. Sieht man das als ernste, staatstragende Angelegenheit, oder sollte man nicht vielmehr mit zugeneigter Ironie experimentieren? Das Völkerverbindende, Progressive ist doch viel zu spannend für so einen kartoffeligen ARD-Showapproach. Die entspannte Kommentierung ist reizvoller als die verkniffene Teilnahme. Der Song Contest ist besser als das, was man in Deutschland im Fernsehen sieht.

STANDARD: Haben Sie sie die Beiträge schon gesichtet – oder ist Vorbereitung Schwäche? Haben Sie Favoriten, und könnten die auch gewinnen?

Böhmermann: Traditionell beginnt unsere Vorbereitung am Ort der Veranstaltung. Ich habe mich natürlich durch den deutschen Wettbewerb gequält, in Österreich stand die Teilnehmerin schon viel früher ohne große Demokratieshow fest. So kenne ich mein Österreich! Olli Schulz und ich möchten uns nicht mit zu viel Vorbereitung belasten. Vor Ort die Mappe zu bekommen, die ersten Proben zu sehen, die Playlist zu hören – das ist unser Weg, sich dem Wettbewerb zu nähern. Der Song Contest wird am Ende nicht nur musikalisch gewonnen, sondern auch performativ. Es kann sein, dass dich etwas spontan berührt, das du gar nicht auf dem Zettel hattest. Was wir uns vorgenommen haben: Anders als letztes Jahr quatschen wir nicht in die Songs rein – hoffentlich.

STANDARD: Welche Chancen geben Sie Österreichs Beitrag "We will rave" von Kaleen?

Böhmermann: Österreich ist für mich immer auf Platz eins. Und "We will rave" ist doch das Motto des Jahres in Österreich. Ist das nicht schon fast zu politisch für den österreichischen Beitrag?

STANDARD: Apropos Politik: Ich weiß nicht, ob Sie schon von Peter Westenthaler gehört haben …

Böhmermann: … leider noch nicht. Ich hoffe, es wird bald eine Straße nach ihm benannt.

STANDARD: Ich denke, wir können schon mit dem Countdown bis zum Protest des von der FPÖ entsandten ORF-Stiftungsrats Westenthaler beginnen: "ORF engagiert nach dem Tötungsaufruf gegen FPÖ-Politiker Jan Böhmermann für den Song Contest".

Böhmermann: Ist das die Aufgabe des STANDARD, choreografierte rechtsextreme Empörungswellen zu reproduzieren? Welche Tötungsaufrufe denn und von wem?

"Keulen ist der holländische Name für die Stadt Köln, von wo aus das 'ZDF Magazin Royale' sendet."

STANDARD: Können Sie uns dieses "Nazis keulen" am Schluss des "ZDF Magazin Royale" über die FPÖ noch einmal erklären?

Böhmermann: Keulen ist der holländische Name für die Stadt Köln, von wo aus das "ZDF Magazin Royale" sendet. Und für alles Weitere gilt: Wem der Schuh passt, der soll ihn sich anziehen.

STANDARD: Bei der Staatsanwaltschaft Mainz sind einige Anzeigen dazu eingegangen.

Böhmermann: Ach, herrje! Die Staatsanwaltschaft Mainz bekommt recht regelmäßig recht viele Anzeigen das "ZDF Magazin Royale" betreffend, auch die in Berlin oder Köln. Ein wütendes Fax, und schon ist eine Anzeige da. Wie so oft ist das eine schöne Meldung für Abschreibemedien und bringt sicher Klicks und verkauft sich gut, aber in Wirklichkeit passiert da nichts juristisch Relevantes, außer dass viel rechtsmissbräuchlicher Papiermüll produziert wird. Wer wird denn hier überhaupt ernsthaft strafrechtlich relevant beleidigt?

STANDARD: Gab es jemals rechtliche Konsequenzen nach Sendungen von Ihnen, abgesehen vom Schmähgedicht auf den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan?

Böhmermann: Nein. Man könnte fast meinen, ich mache das, was ich mache, professionell und nicht aus Versehen.

"Österreich ist wie ich – neutral und randvoll mit Frittatensuppe."

STANDARD: Woher kommen Ihr Faible für und Fokus auf Österreich? Sowohl beim Personal des "ZDF Magazin Royale" als auch der Themensetzung der Show?

Böhmermann: Ein großer Teil des "ZDF Magazin Royale"-Teams besteht aus Österreicherinnen, die im Exil leben müssen, weil sie in ihrer Heimat das Maß an journalistischer Freiheit und Meinungsfreiheit nicht ausleben können oder wollen. Darüber hinaus ist Österreich meine zweite Heimat. Und Österreich ist neutral. Genauso wie ich als Satiriker und Comedian neutral bin. Österreich ist wie ich – neutral und randvoll mit Frittatensuppe.

Beim Interview gab es Frittatensuppe. Jan Böhmermann hat sie geschmeckt.
Beim Interview gab es Frittatensuppe. Jan Böhmermann hat sie geschmeckt.
FM4 / Clemens Fantur

STANDARD: Eine beliebte Zielscheibe Ihres Spotts war Ex-Kanzler Sebastian Kurz …

Böhmermann: (in seinem Kurz persiflierenden Tonfall, Anm.) … der Sebastian Kurz, ja, wo ist er denn? Ist er beim Peter Thiel untergeschlüpft? Ja? Wie schade.

"Aber Basti ist jung, gerade mal Ende zwanzig, der kommt wieder. Sebastian Kurz und Österreich haben einander verdient."

STANDARD: Geht er Ihnen als Kanzler und Protagonist in satirischer Hinsicht ab?

Böhmermann: Na ja, er liefert ja weiterhin tolles Material zur Verspottung. Es gibt viele Prozesse, denen er sich noch stellen muss. Sie haben ja hier leider eine linksextreme, politisch motivierte Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, denn nichts anderes kann der Grund sein, dass sie sich so dafür interessiert, was Sebastian Kurz vor und während seiner Amtszeit getan hat. Aber Basti ist jung, gerade mal Ende zwanzig, der kommt wieder. Sebastian Kurz und Österreich haben einander verdient.

STANDARD: Haben Sie eine Prognose für die Nationalratswahl im Herbst 2024?

Böhmermann: Natürlich: Die FPÖ stellt den Kanzler. Die Gletscher schmelzen, Russland führt einen Krieg gegen die Ukraine und Europa, und es ist 29 Grad warm im April – und Herbert Kickl ist der Mann, der es richten wird. Was ich spannend finde, ist eine Sache, über die in Österreich niemand spricht. Das könnte Sie interessieren.

STANDARD: Nämlich?

Böhmermann: Zuverlässige Quellen haben mir bestätigt, dass Herbert Kickl ein handfestes Problem hat: Er soll einen wahnsinnig unangenehmen Körpergeruch haben. Klingt erstmal wie ein schlechter Scherz, ist aber mutmaßlich Fakt! Herbert Kickl, so bestätigen es mir unabhängig voneinander mehrere Quellen, sei olfaktorisch reizerregend. Oder diplomatischer formuliert: Er riecht sehr menschlich. Eine Quelle hat angegeben, er rieche wie zwei Jahre im klammen Keller gelagerte Gartenmöbelpolsterauflagen. Andere wiederum beschwören, er rieche eher stechend wie ein eitriger Zahn. Jedenfalls dufte Herbert Kickl bemerkenswert unangenehm, in Deutschland würde man sagen: Er stinkt.

"Menschlicher Gestank kann ein unüberwindbares diplomatisches Hindernis sein."

STANDARD: Ist das politisch relevant?

Böhmermann: Oh ja! Angenommen, Herbert Kickl würde Kanzler, und meine Quellen haben recht, was seinen unangenehmen Körpergeruch angeht – was bedeutete das politisch für die Republik Österreich? Kann sich Österreich als neutrales Land einen Bundeskanzler leisten, der beim Betreten eines Raumes faulig ausdünstet? Angenommen, Kickl träfe Italiens Regierungschefin Meloni: Politisch sind sie einander nahe, aber wie dramatisch würde es die Beziehungen beider Länder belasten, wenn sie den österreichischen Kanzler nicht riechen könnte? Menschlicher Gestank kann ein unüberwindbares diplomatisches Hindernis sein. Der mutmaßlich überdurchschnittlich starke Körpergeruch von Herbert Kickl – es wäre doch fahrlässig staatsgefährdend, dieses heikle Thema nicht offen zu debattieren! Aber selbst der sonst so bissige Armin Wolf hat das noch nie angepackt. Auch in Kickls engstem Kreis, so höre ich, traut sich wohl niemand, dieses offensichtliche Problem des Volkskanzlers anzusprechen. Da frage ich mich, woran das liegt? Das wundert mich. Es gilt natürlich die Unschuldsvermutung.

STANDARD: Ich muss widersprechen. Aus einem persönlichen Gespräch mit Herbert Kickl kann ich sagen: Mir wäre derlei nicht aufgefallen.

Böhmermann: Es gibt auch Quellen, die sagen, er rieche gut im Sinne von manisch überparfümiert. Vielleicht ahnt er, wie er riecht? Vielleicht gibt es auch Menschen in seinem engsten Umfeld, die mit Febreze nachsprühen, wenn Herbert Kickl anderen Menschen zu nahe kommt? Ich kann aus Quellenschutzgründen hier nicht genauer werden. Inhaltlich sind die FPÖ und Herbert Kickl im Grunde auserzählt, da passiert programmatisch nicht mehr viel. Aber ich wollte es als Freund aus dem Ausland einmal offen aussprechen, aus Liebe zu Österreich: Vorsicht, Leute, euer nächster Kanzler könnte faulig stinken.

STANDARD: Ihnen wird gelegentlich vorgeworfen, dass Sie den Nazibegriff überstrapazieren und inflationär verwenden.

Böhmermann: Wer sagt das? Nazis?

STANDARD: Es gab zum Beispiel Aufregung, als Sie CDU-Chef Friedrich Merz damit in Verbindung brachten – mit dem Tweet, die CDU sei "Nazis mit Substanz".

Böhmermann: Ist das in Österreich eine neue Meldung? Das ist doch eine Geschichte aus dem letzten Sommer. CDU-Parteichef Merz hat als gewiefter Stratege selbst ausgerufen, seine Partei sei die "AfD mit Substanz". Und nach allem, was wir aus Verfassungsschutzberichten, Geheimtreffen und dem Internet über die AfD wissen, muss man hier gesichert von Nazis sprechen. Und so habe ich lediglich mit spitzer Zunge eben mal verständlich übersetzt, was der CDU-Vorsitzende gesagt hat. Wie schon vorhin erbeten: Wem der Schuh passt, der möge ihn anziehen und versuchen, damit zu laufen.

"Welcher Fitnesstrainer will denn dann noch vor der Kamera für den ORF arbeiten?"

STANDARD: Gerade aktuell in Österreich ist die erste Veröffentlichung von Spitzengehältern im ORF, die das neue ORF-Gesetz nach dem Muster der BBC verlangt.

Böhmermann: Das ist super. Wie in Holland, wo im öffentlichen Rundfunk niemand mehr verdienen darf als der niederländische Ministerpräsident. Das ist vor allem im Bereich der Unterhaltung und im Journalistischen super, wenn öffentlich-rechtliche Sender von Markt und Leistungsdruck entkoppelt werden. Endlich eine Chance für Regionalligakräfte und ambitionierte Laien, ganz groß im Mediengeschäft durchzustarten! Kommen Sie zum ORF – wo Ihre Spitzenleistung fürs Programm mittelmäßig bezahlt wird! Nein, Spitzenpersonal muss, auch in den öffentlich-rechtlichen Medien, marktgerecht bezahlt werden. Man bedenke nur einmal den baren Umsatz, den öffentlich-rechtliche Spitzenkräfte der Privatwirtschaft bescheren. Allein was DER STANDARD in den letzten sechs Monaten für Böhmermann-Artikel geschrieben, abgeschrieben und zu Klicks und Werbeeinnahmen versilbert hat – ich bin, selbst wenn ich überbezahlt wäre, als vollverwertbarer, öffentlich-rechtlicher Comedian ein absolutes Schnäppchen, wenn man die gesamtwirtschaftlichen Effekte miteinbezieht. Mit politisch motivierten Gehaltsvorgaben beschneidet sich Österreich selbst. Welcher Fitnesstrainer will denn dann noch vor der Kamera für den ORF arbeiten?

STANDARD: In Österreich sind ORF-Gagen nicht mit dem Kanzlergehalt limitiert, sondern sie müssen im ORF ab einer jährlichen Höhe von 170.000 Euro brutto namentlich offengelegt werden.

Böhmermann: Warum legen dann nicht alle ihre Gehälter offen? Wie angeblich in Schweden? Ist doch super. Wenn, dann alle, oder? Was verdienen Sie beim STANDARD so? Oder trauen Sie sich nicht, das zu sagen?

STANDARD: Lieber nicht, bevor Sie einen Spendenaufruf starten.

Böhmermann: Wenn die Leute erfahren, was man beim STANDARD verdient, fällt alles in sich zusammen. Dann kauft keiner mehr die Zeitung.

STANDARD: Oder es kaufen ihn viel mehr Menschen aus Mitleid mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Beim ORF war Ö3-Moderator Robert Kratky im Jahr 2023 der Topverdiener mit einem Gehalt von 444.000 Euro brutto.

Böhmermann: Lächerlich. Warum verdient der so wenig? Kennt der niemanden aus der FPÖ? Kann der nicht nebenbei noch als Fitnesstrainer arbeiten?

STANDARD: Das ist sein Marktwert, sagt der ORF.

Böhmermann: Traurig.

STANDARD: Sie verdienen wahrscheinlich viel mehr, oder?

Böhmermann: Deutlich mehr. Obwohl, halt! Wie rechnet man nochmal um? Österreichische Euros in deutsche? Früher, als es noch Schilling und D-Mark gab, war der Kurs mal sieben.

"Ich mach es nicht fürs Geld. Mein Lohn sind die salzigen Krokodilstränen der auf frischer Tat Ertappten."

STANDARD: Das heißt, Sie verdienen das Siebenfache?

Böhmermann: Geteilt durch sieben aus deutscher Perspektive. Von meinem kläglichen Honorar bleibt am Ende leider nicht viel über, vielleicht zehn oder 15 Prozent. Spenden, Rechtskosten, und der Rest ist rohe Existenzsicherung, ein bescheidenes, angemessenes Einkommen. Ich mach es nicht fürs Geld. Mein Lohn sind die salzigen Krokodilstränen der auf frischer Tat Ertappten.

STANDARD: Das heißt grundsätzlich: Offenlegung ja, aber nur, wenn die Gehaltstransparenz für alle gilt?

Böhmermann: Gehaltstransparenz schließt leider jene Leute aus, die ihr Geld am Kapitalmarkt verdienen, wo ja die wahre Abmelkerei geschieht. Offengelegte Steuerklärungen, das fände ich darum spannender. Und Offenlegung aller Depots, Beteiligungen und Kontobewegungen. Das gilt auch für dich, Sebastian!

STANDARD: Schließen wir das Gehaltsthema ab, Friedrich Merz haben wir auch schon angesprochen …

Böhmermann: Was verdient der eigentlich?

STANDARD: Ist die Gehaltsstruktur von Politikerinnen und Politikern auch in Deutschland nicht transparent?

Böhmermann: Die Nebenverdienste von Bundestagsabgeordneten werden nur in Stufen erfasst. Deswegen: Entweder volle Transparenz oder komplette Intransparenz. Im Unterhaltungsbereich bin ich für volle Transparenz. Es ist so ein harter Job, und die Leute sollen ruhig wissen, wie wenig man als Watschensepp verdient. Im internationalen Vergleich komplett lächerlich.

STANDARD: Verraten Sie uns Ihr Honorar? In deutschen Medien war die Rede von 600.000 bis 700.000 Euro Gage pro Jahr.

Böhmermann: Ich komme nach Steuern nicht über einen niedrigen vierstelligen Betrag im Monat hinaus.

STANDARD: Satire aus Österreich – was schätzen Sie?

Böhmermann: Grissemann und Stermann, Josef Hader natürlich. Und die besten Satiriker sind immer die Toten, auch in Österreich. Österreich ist ein tolles Land für Humor. Die Bereitschaft, übereinander zu lachen, auch wenn man politisch anderer Meinung ist, weil einem eh nichts anderes übrig bleibt und man sich beim nächsten Buffet eh wieder trifft. Das ist schön.

STANDARD: Die ÖVP versucht gerade, eine Diskussion über Leitkultur in Gang zu bringen, und eine Wertedebatte.

Böhmermann: Wenn Leitkultur bedeutet, dass man die schleichende Erosion demokratischer Institutionen, die Normen, Werte und Ideale, die am Anfang der Republik standen, zur Seite schiebt und alles durch politische Folklore ersetzt wird, dann immer her damit! Ist der Realität allerdings wurscht – die Wirklichkeit ändert sich trotzdem auch in Österreich, ob mit oder ohne Leitkultur. Die Gletscher schmelzen, der Schnee fällt nicht mehr, die Skifahrer bleiben aus. Ich bin vorsichtig pessimistisch, dass daran das staatlich verordnete Tragen von Lederhosen und Karohemden, Musik von Andreas Gabalier oder ein gemeinschaftlich gebrülltes "Ausländer raus!" etwas ändern werden. Das Ausrufen von Leitkultur ist immer ein Akt politischer Verzweiflung.

"Durchhalten, nicht aufgeben, und wenn es hart auf hart kommt: Wir sind in einer halben Stunde von München aus mit dem Panzer in Salzburg."

STANDARD: Wollen Sie den Österreicherinnen und Österreichern noch etwas mitteilen?

Böhmermann: Durchhalten, nicht aufgeben, und wenn es hart auf hart kommt: Wir sind in einer halben Stunde von München aus mit dem Panzer in Salzburg. Und wir erwarten auch nächstes Mal wieder neutralen Jubel.

STANDARD: Für immer Song Contest mit Jan Böhmermann und Olli Schulz auf FM4?

Böhmermann: An uns soll es nicht liegen. Die Frage ist, wie lange halten FM4 und der ORF das durch? Wie lange hält Österreich das durch?

STANDARD: Zumindest bis Herbert Kickl als Kanzler kommt.

Böhmermann: Wenn er kommt, werden Sie ihn sicher zuerst riechen, bevor Sie ihn sehen. Der große Volkskanzler ist ja doch recht klein. (Oliver Mark, Harald Fidler, 9.4.2024)