Schild Lawinengefahr
Die Bergrettungsortsstellen des Ötztales waren im Einsatz, zudem wurden Lawinensuchhunde unter anderem aus dem Oberland ins Ötztal gebracht.
APA/ZOOM.TIROL

Sölden – Bei einem Lawinenabgang in den Ötztaler Alpen in Sölden in Tirol (Bezirk Imst) sind am Donnerstag drei Wintersportler aus den Niederlanden ums Leben gekommen. Dies teilte die Bergrettung der APA mit. Zudem wurde eine weitere verschüttete Person mit Verletzungen ins Krankenhaus Zams geflogen. Bei den vier Verschütteten handelte es sich um Skitourengeher, die unter eine 180 Meter lange und 80 Meter breite Gleitschneelawine gerieten.

Ursprünglich war von möglicherweise 18 verschütteten Personen die Rede gewesen. Dies bestätigte sich letztlich jedoch nicht. Es hätten sich insgesamt 17 Wintersportler im Nahbereich befunden, der Großteil wurde aber nicht von den Schneemassen erfasst, hieß es seitens der Bergrettung zur APA. In dem betroffenen Gebiet sei die Lawinensituation sehr brenzlig. Darum sei man ursprünglich von wesentlich mehr Betroffenen ausgegangen.

Die Suchaktion musste zwischenzeitlich unterbrochen werden, weil Lawinen gesprengt wurden. Es komme aktuell auch seitlich neben der Unfallstelle zu weiteren Lawinenabgängen, hieß es seitens der Polizei. Zuvor hatte die Bergrettung erklärt, dass sich Rettungskräfte am Lawinenkegel befänden, man überlege aber, diese vorerst wieder abzuziehen, da die Gefahr von Folgelawinen groß sei. Derzeit komme man zudem nur mit Hubschraubern zur Unfallstelle. Zu dem Lawinenabgang soll es im Zustieg zur auf 2.501 Metern Seehöhe gelegenen Martin-Busch-Hütte gekommen sein.

Der Lawinenabgang hatte indes zu einem Großeinsatz der Einsatzkräfte geführt. Wie Leitstellengeschäftsführer Bernd Noggler im APA-Gespräch sagte, waren fünf Notarzthubschrauber im Einsatz, ein Hubschrauber des Bundesheeres sowie ein Fluggerät aus Südtirol waren alarmiert und in Bereitschaft. Die Berufsfeuerwehr Innsbruck machte sich mit einem Tankwagen auf den Weg ins Ötztal. Alle Bergrettungsortsstellen des Ötztales waren im Einsatz, zudem wurden Lawinensuchhunde unter anderem aus dem Oberland ins Ötztal gebracht. "Sämtliche Krankenhäuser sind vorinformiert", sagte Noggler zudem.

Warnung vor spontanen Lawinen

Am Donnerstag herrschte auf Tirols Bergen indes die relativ niedrige Lawinenwarnstufe zwei auf der fünfteiligen Skala. Damit wurde die Lawinengefahr als "mäßig" beurteilt. Dennoch warnten die Experten vor spontanen Locker- und Gleitschneelawinen. Die Gefahr vor Lockerschneelawinen würde mit den im Tagesverlauf ansteigenden Temperaturen und der Sonneneinstrahlung zunehmen, besonders im extremen Steilgelände. "Nebst der Verschüttungsgefahr sollte vor allem die Mitreiß- und Absturzgefahr beachtet werden", hieß es. Selbiges galt für Gleitschneelawinen, die an steilen Grashängen auch vereinzelt groß sein können.

Erst am Dienstag wurde einer sechsköpfigen Wandergruppe am Bärenkopf am Achensee (Bezirk Schwaz) eine Gleitschneelawine zum Verhängnis. Ein 19-jähriger Deutscher wurde von den Schneemassen fast 300 Meter mitgerissen, verschüttet und getötet. Seine Kameradinnen und Kameraden überlebten den Unfall. Laut einer Analyse des Lawinenwarndienstes wurde die Lawine nicht unmittelbar von den Wanderern ausgelöst, da sich diese spontan gelöst habe. Es wurde jedoch davor gewarnt, dass Lawinen, die in der Höhe brechen, bis ins Grüne vorstoßen können.

Nach 15 Minuten sinkt Überlebenschance rapide

Die Wahrscheinlichkeit, ein Lawinenunglück zu überleben, ist auf den ersten Blick recht hoch: Schließlich enden laut Statistik nur 23 Prozent tödlich. Während die Todesrate bei teilverschütteten Lawinenopfern bei rund vier Prozent liegt, ist sie bei Komplettverschütteten mit 52,4 bedeutend höher. Die Überlebenschance nimmt laut Experten aber mit Dauer der Verschüttung diskontinuierlich ab.

Nach 15 bis 20 Minuten unter einer Lawine gibt es einen steilen Abfall der Überlebenskurve, so das Eurac-Institut für Alpine Notfallmedizin in Bozen. In der ersten Phase liegt sie noch bei 91 Prozent (neun Prozent sterben in dieser Zeit an mechanischen Verletzungen), anschließend trete ein "tödlicher Knick" ein, und die Kurve sinkt rapide auf etwa 30 Prozent ab. In dieser Phase sterben alle Opfer mit verlegten Atemwegen an raschem Ersticken. Grundvoraussetzung für das Überleben in dieser Phase sind freie Atemwege. Das Vorhandensein einer Atemhöhle ist ein zusätzliches Plus, wissen Fachleute. (APA, red, 11.4.2024)