Das Thema der laut FPÖ seit Wochen voll ausgebuchten Parteiveranstaltung wirkt ein wenig aus der Zeit gefallen. Unter dem Titel "Zurück zur Normalität" wird Freitagabend im Wiener Hotel Wimberger ab 18 Uhr über Corona und die Covid 19-Pandemie diskutiert.

Die Hauptredner sind nicht nur einem freiheitlichen Publikum wohlbekannt: Laut Programm soll der deutsche Mediziner Sucharit Bhakdi einen Vortrag halten. Bhakdi wettert gegen die Covid-19-Impfung und spricht seit Jahren – fern von den Fakten – über das Coronavirus und die inzwischen beendeten staatlichen Maßnahmen. Er publiziert auch Bücher, in denen er gegen die Corona-Maßnahmen anschreibt.

Keine Journalisten im Saal zugelassen

Es folgt ein "Interview" mit den beiden FPÖ-Nationalratsabgeordneten und mehrfachen Anti-Corona-Maßnahmen-Buch-Verfassern Gerald Hauser und Hannes Strasser, bevor der Parteichef selbst auf die Bühne tritt: Herbert Kickl wird eine Rede halten. Die Presse ist zu dem Event nicht zugelassen, laut einem FPÖ-Mediensprecher scheiterte die Planung eines Pressebereichs im Saal an dessen erwarteter Überfüllung. Auf FPÖ TV soll es jedoch einen Livestream geben.

FPÖ-Obmann Herbert Kickl bei einer Anti-Corona-Maßnahmen-Demo am 11. Dezember 2021
Herbert Kickl bei einer Anti-Corona-Maßnahmen-Demo am 11. Dezember 2021. Das anhaltende Umfragenhoch der FPÖ begann mit der Übernahme der Protestbewegungsforderungen durch die Freiheitlichen.
Foto: AP/Florian Schrötter

Bhakdi und Kickl werden auf der Hotel-Wimberger-Bühne erstmals zusammen öffentlich auftreten. Bei Kundgebungen und Demos der Maßnahmengegner während der Pandemie waren beide zwar stark präsent, aber nie gemeinsam.

Als das Virus im März 2020 auch in Europa rasch um sich griff, avancierte Bhakdi rasch zu einem Shootingstar der Maßnahmengegner. Schon im März 2020 – der erste Lockdown hatte gerade begonnen – verbreitete er in einem eigenen Youtube-Kanal Falschinformationen über das Virus und die Pandemie. Covid-19 sei nicht gefährlicher als jene Coronaviren, die seit langem endemisch in der Bevölkerung zirkulieren und Erkältungskrankheiten auslösen, behauptete er etwa. Zu einem Zeitpunkt, als die Intensivstationen in Norditalien wegen der vielen Covid-19-Patientinnen und -Patienten an den Beatmungsgeräten kollabierten.

Maßnahmen- und Impfgegner Bhakdi

Bhakdis Corona-Positionen, die er seitdem aufrechterhielt und durch radikale Impfgegnerschaft auffettete, wurden von Wissenschafterinnen und Wissenschaftern wiederholt entkräftet. Sie wiesen auf die tatsächlichen Daten und Fakten der Pandemie hin. Bhakdis Youtube-Kanal wurde Ende 2020 wegen fortgesetzter Falschmeldungen von Youtube aus dem Netz genommen.

Sucharit Bhakdi bei einer Coronamaßnahmengegnerdemo am 27. Februar 2022 am Heldenplatz in Wien
Sucharit Bhakdi sprach vielfach bei Corona-Maßnahmen-Gegnerdemos, auch in Wien im Februar 2022.
Foto: imago images/SEPA.Media

Nach antisemitischen Aussagen in Zusammenhang mit der Covid-19-Impfung wurde Bhakdi in Deutschland wegen Volksverhetzung und Holocaust-Verharmlosung angeklagt. Seinem Freispruch im Mai 2023 folgte die Wiederaufnahme des Verfahrens durch die Generalstaatsanwaltschaft im deutschen Kiel. Das Verfahren soll im heurigen Jahr stattfinden.

FPÖ-Chef Kickl hat sich zuletzt wieder stärker zu Corona-Themen geäußert. Nachdem Maßnahmengegner in Deutschland die Veröffentlichung der Corona-Protokolle des Robert-Koch-Instituts (RKI) durchgesetzt haben, forderte er das Gleiche von der österreichischen Bundesregierung. Diese habe während der Pandemie "unnötig Angst geschürt" und die Impfung als "Gamechanger" angepriesen, was sie nicht sei, sagte er. Die Protokolle des RKI-Krisenstabes würden zeigen, dass die Vakzine "eine einzige Täuschung mit einer völlig neuen und nicht erforschten Impftechnologie" seien, "die schließlich sogar in einem Impfzwang mündete".

Die Faktenlage zur Impfung ist anders. Laut der Auswertung einer Vielzahl wissenschaftlicher Studien zur Impfstoffwirksamkeit kam das RKI im Jänner 2024 zu dem Schluss, dass die Vakzine gut und verlässlich gegen schwere Covid-19-Erkrankungen schützen.

FPÖ gegen WHO-Pandemieplan

Die FPÖ versucht seit längeren, das Corona-Thema, das ihr nach der Übernahme der Positionen der Maßnahmengegner viel Zuspruch einbrachte, wieder hochzuziehen. Das Freiheitliche Bildungsinstitut bietet seit Monaten in ganz Österreich Veranstaltungen an, in denen vor allem gegen den Pandemieplan der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Position bezogen wird.

Der Plan zieht Lehren aus der Covid-Pandemie und sieht unter anderem die Selbstverpflichtung der Staaten vor, für Vorräte an Masken und Desinfektionsmitteln zu sorgen. Ein Teil der global produzierten Impfstoffe soll im Fall einer neuerlichen Pandemie den Ländern des Globalen Südens zur Verfügung gestellt werden. Die diesbezügliche Einigung der Staaten ist für den 24. Mai geplant.

Das Nein der FPÖ zu dem WHO-Pandemieplan dürfte auch im Mittelpunkt einer Ganztagesveranstaltung diesen Samstag im Hotel Wimberger stehen; die Freitagsveranstaltung mit Bhakdi und Kickl ist deren Beginn. Unter dem Titel "Souveränität und Freiheit für die Völker Europas" soll laut Programm unter anderem der "Corona-Wahnsinn aufgearbeitet" sowie diskutiert werden, wie eine "WHO-Gesundheitsdiktatur" zu verhindern sei. (Irene Brickner, 12.4.2024)