Georg Gänswein und Papst Franziskus: Das geht gar nicht, seit vielen Jahren. Das Verhältnis zwischen dem 67-jährigen Privatsekretär des früheren Papstes Benedikt XVI. und dessen 87-jährigem Nachfolger aus Argentinien ist völlig zerrüttet – so sehr, dass Franziskus dem deutschen Erzbischof in einem erst vor einer Woche erschienenen biografischen Interviewbuch mit dem Titel "El sucesor" vorwarf, an einem "Mangel an Anstand und Menschlichkeit" zu leiden. Insofern kommt die Ernennung Gänsweins zum apostolischen Nuntius überraschend. Franziskus kann damit einen Streit beenden, der sowohl für ihn selbst als auch für Gänswein längst zur Belastung und auch zur Peinlichkeit geworden ist.

Georg Gänswein – aus dem "Exil" in Freiburg nach Papua-Neuguinea?
IMAGO/ALESSIA GIULIANI / ipa-age

Offiziell ist die Ernennung Gänsweins – dem lange Jahre der Spitzname "George Clooney des Vatikan" anhing – noch nicht: Die entsprechenden Meldungen stammen von Elisabetta Pique, Vatikan-Berichterstatterin der argentinischen Tageszeitung "La Nacion", einer langjährigen Vertrauten von Papst Franziskus. Laut dem Bericht soll die Ernennung von Erzbischof Gänswein zum apostolischen Nuntius vom Vatikan "demnächst" bekanntgegeben werden. In welchem Land Gänswein sein Amt als neuer Vatikan-Botschafter antreten wird, ist noch offen. Nach all den Irritationen der Vergangenheit würde es im Kirchenstaat aber niemanden überraschen, wenn Gänswein in eine entlegene Weltgegend abgesandt wird, etwa nach Papua-Neuguinea. Er wäre nicht der Erste, dem im Vatikan ein solches Schicksal widerfährt.

Gänswein war 19 Jahre lang Privatsekretär und einer der engsten Vertrauten Joseph Ratzingers gewesen, schon zu der Zeit, als der spätere Papst Benedikt XVI. noch Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation gewesen war. Nach seiner Wahl zum Papst machte Ratzinger Gänswein zum Präfekt des päpstlichen Hauses. Als solcher wurde er im März 2013 von Jorge Mario Bergoglio nach seiner Wahl zum Papst "geerbt". Fortan war Gänswein Diener zweier Herren, weil er – zusätzlich zu seinem Amt als Präfekt des päpstlichen Hauses – Benedikt XVI. nach seinem Amtsverzicht als Privatsekretär ins vatikanische Kloster Mater Ecclesiae begleitete, wo der emeritierte Papst die letzten Jahre seines Lebens verbrachte.

"Schockiert und sprachlos"

Die Beziehung zwischen Franziskus und Gänswein war von Anfang an eine schwierige gewesen, beim Tod Benedikts XVI. am Jahresende 2022 eskalierte der Streit. Der emeritierte Papst war gerade einmal seit 48 Stunden tot und noch nicht begraben, als sein Privatsekretär die Feindseligkeiten eröffnete: In einem Interview mit einer deutschen Zeitung erklärte Gänswein, dass es Benedikt XVI. das Herz gebrochen habe, als Franziskus die unter ihm erfolgten Erleichterungen zum Lesen der Alten Messe (also in lateinischer Sprache) wieder rückgängig gemacht habe. Kurz darauf – ebenfalls noch vor der Totenmesse für seinen einstigen Dienstherrn Joseph Ratzinger – legte der Erzbischof nach: Er sei "schockiert und sprachlos" gewesen, als er von Franziskus im Jahr 2020 als Präfekt des päpstlichen Hauses suspendiert worden sei; er habe sich damals als "halbierter Präfekt" gefühlt.

Immer wieder berichtete Gänswein außerdem von angeblichen theologischen Konflikten zwischen Benedikt XVI. und seinem etwas liberaleren Nachfolger – Aussagen, die Franziskus jedes Mal entschieden dementierte und die ihn außerordentlich ärgerten. Auch in seinem jüngsten Buch betont der argentinische Papst, wie sehr er seinen Vorgänger für seine theologische Brillanz verehrt und als eine Art väterlichen Freund empfunden habe. Im Sommer 2023 kam es dann zum unvermeidlichen, definitiv geglaubten Bruch: Papst Franziskus entließ Gänswein aus dem Vatikan und schickte ihn ohne neue Aufgaben ins "Exil" in sein Heimatbistum Freiburg. Nun erhält der unfreiwillige Frührentner wieder eine neue Aufgabe – in Papua-Neuguinea oder anderswo. (Dominik Straub, 12.4.2024)