Zwei Aufnahmen vom April 2024: In Salzburg gingen die Menschen am 7. April baden. In der Steiermark herrschte am 23. April Schneetreiben.
Fotos: APA/EXPA/JFK und APA/ERWIN SCHERIAU

Es schien, als wollte der Sommer heuer früh starten: am 1. April dieses Jahres, um genau zu sein. Um 12 Uhr mittags wurden an der Station Wien Hohe Warte der Geosphere Austria 27,6 Grad Celsius gemessen – Temperaturen, die wir eigentlich vom Juni oder Juli gewohnt sind, schon so früh im Jahr? Ist das ein Aprilscherz? Nein. Nur wenige Tage später, am 7. April, war es in Österreich dann so weit: In Bruck an der Mur in der Steiermark wurde die 30-Grad-Marke geknackt. Der erste Hitzetag des Jahres war da, und die Sommerkleidung wurde herausgeholt.

Rund zwei Wochen später, am 23. April, kam der Temperatursturz. Das Thermometer an der Wiener Station zeigte um 4 Uhr morgens nur 2,1 Grad Celsius an. Die Probleme häuften sich: Die erste gekaufte Sonnencreme konnte man wieder verräumen, die Winterjacken mussten wieder ausgepackt werden, und der starke Wind zerstörte die Frisur. Bedeutend schlimmer war der Wintereinbruch nach den Sommertagen im April allerdings für die Landwirtschaft. Für Weinreben und Obstbäume – und damit für Menschen, die von ihrem Anbau abhängig sind – ist schon längst eine schwierige Zeit angebrochen. Die Kälte dieser Tage sorgte für "verheerende Schäden", sagte Manfred Kohlfürst von der Landwirtschaftskammer Steiermark, der Präsident des Bundes-Obstbauverbands ist.

Allerhand Gründe, sich zu fragen: Ist das Wetter im April wirklich so launisch, wie ihm nachgesagt wird? Oder hat er einfach nur ein schlechtes Image?

Ein Temperatursturz um mehr als 15 Grad Celsius

Bei einer genaueren Betrachtung der Tagesmitteltemperatur an der Station Wien Hohe Warte ergibt sich heuer zwischen dem 8. April (20,5 °C) und dem 23. April (4,9 °C) ein Temperaturunterschied von 15,6 Grad Celsius. Das klingt nach sehr viel – ist es auch. Aber ist es so viel, dass es ungewöhnlich ist?

Ein solcher Temperaturunterschied innerhalb eines Monats ist tatsächlich nichts Außergewöhnliches. Von den 2028 seit 1855 an der Station Wien Hohe Warte aufgezeichneten Monaten hatten 330 eine größere Spanne zwischen der Maximal- und Minimaltemperatur. Unter diesen 330 Monaten sind besonders oft der Jänner (68-mal), der Dezember (56-mal) und der März (48-mal). Dabei wies der März im Jahr 1970 mit einem Unterschied von 26,9 Grad Celsius die größte Differenz von zwei Tagesmitteltemperaturen auf. Ist der April also gar nicht so unbeständig, wie man ihm nachsagt?

Wenn man die Monatsmitteltemperatur an der Station Wien Hohe Warte betrachtet, fällt auf, dass der April eigentlich recht konstant ist – zumindest über die Jahre hinweg. Der Jänner, dem man nicht besonders wechselhaftes Wetter vorwirft, hat über die Jahre hinweg größere Temperaturschwankungen erlebt als der April.

Was sagt die Statistik?

Ein in der Statistik häufig verwendetes Maß für die Abschätzung der Variabilität von Werten (zum Beispiel Temperaturwerten) ist die Standardabweichung. Vereinfacht gesagt zeigt sie die mittlere Abweichung aller Werte vom Mittelwert der Werte – etwa den Temperaturen in einem Monat. Variiert die Temperatur innerhalb eines Monats stark, ist die Standardabweichung groß. Konstantere Temperaturen führen hingegen zu niedrigeren Standardabweichungen.

Auch hier zeigt sich für den April jedoch nicht das Bild, das man erwarten würde. Zwar gibt es seit 1950 immer wieder Jahre, in denen die Abweichungen groß bis sehr groß sind, jedoch nicht größer als beispielsweise im März. Insgesamt war der Februar im Jahr 2012 der Monat mit der größten Streuung von Temperaturwerten an der Station Wien Hohe Warte, wie sich auch in einem Artikel der ZAMG (heute Geosphere) nachlesen lässt. Im Mittel hat der April über die Jahre hinweg eine Standardweichung von 3,45 Grad Celsius. Damit liegt er an fünfter Stelle. Während der Jänner mit einer durchschnittlichen Abweichung von 3,79 Grad Celsius die Liste der wechselhaftesten Monate anführt, sind die Sommermonate Juni bis August auf den Plätzen neun, elf und zwölf – und damit recht konstant.

Bisher macht der April seinem Ruf also statistisch gesehen keine Ehre. Vielleicht rührt seine Nachrede einfach aus der Position im Jahresverlauf. Denn er liegt an der Schnittstelle zwischen Winter und Sommer, wo kleine Temperaturunterschiede bereits zum Wechsel der Kleidung führen. Dazu passt allerdings nicht, dass es auch aus meteorologischer Perspektive Gründe gibt, die zu vielen Wetterkapriolen im April führen müssten.

Mehr als die reine Tagestemperatur

Einer dieser Gründe ist das Aufeinandertreffen warmer Luftmassen aus dem Süden und kalter Strömungen aus dem Norden. Sprich: viel Wind. Das stereotype Bild eines Aprilhimmels ist vermutlich ein ständig wechselnder Mix aus Wolken, Sonne und Regen. Zwar können die Wetterstationen der Geosphere (noch) keine Regenbogen zählen. Dafür lässt sich aber untersuchen, wie viele Tage es gab, an denen es sowohl Niederschlag als auch Sonne plus einen Wechsel der Tagesmitteltemperatur von mehr als fünf Grad Celsius im Vergleich zum Vortag gab. Man ist geneigt zu sagen – ein typischer Tag im April.

Seit 1880 gab es allerdings nur 25 dieser Tage im April. Im Mai gab es hingegen 47 und im Juli gar 52 solcher wechselhafter Tage. Trotzdem lohnt sich ein genauerer Blick: Aus dem Datensatz für alle Stunden seit 1980 (das sind circa 390.000) wurde die durchschnittliche Anzahl an Wechseln von Stunden mit und ohne Regen oder Sonne berechnet. Dazu kommt die durchschnittliche kumulative Änderung der Temperatur für einen Tag im April.

Wenn ein Monat viel Hagel hat, dann aber der April, oder?

Wenn der April in Bezug auf die Temperaturen also statistisch gar nicht so launisch ist, was ist es dann? Ist der Monat April zumindest jener, in dem es die meisten Tage mit Hagel gibt? Nicht ganz, aber immerhin: Nach dem Jänner und Dezember hat der April die drittmeisten Tage mit Hagel seit 1863 verzeichnen können.

Größte Unterschiede zwischen den Landeshauptstädten

Die Temperaturen schwanken also nicht überdurchschnittlich, der Wechsel zwischen Regen und Sonnenschein hält sich in Grenzen, und nicht einmal die Liste an Hageltagen führt der April an – zumindest in Wien. Bisher haben sich die Daten schließlich nur auf die Station Wien Hohe Warte bezogen. Dort wurden für den April nicht die Abweichungen festgestellt, die das Bauchgefühl sowie die bekannte Bauernregel hätten vermuten lassen. Möglicherweise ist genau das die Krux dabei: der Fokus auf eine einzelne Station.

Die Geosphere unterhält derzeit 415 aktive Stationen. Für jede Landeshauptstadt haben wir eine Station herausgepickt; jene, die am längsten Temperaturdaten aufzeichnet. Dabei ergeben sich natürlich Differenzen zum Beispiel in der Höhenlage, aber es erlaubt einen möglichst langen Vergleichszeitraum der Stationen. Diese neun Stationen haben für 888 übereinstimmende Monate die Monatsmitteltemperatur aufgezeichnet. Von den 20 Monaten mit den größten Unterschieden in den Landeshauptstädten ist der Dezember zehnmal dabei und der Jänner neunmal. Erst auf Platz 119 folgt der April aus dem Jahr 1986. Damals hatte es an der Station Eisenstadt-Nordost im Monat durchschnittlich 11,6 Grad Celsius und an der Station Bregenz nur 7,4 Grad Celsius.

Der Tag mit den größten Unterschieden zwischen den Landeshauptstädten war übrigens der 8. November 1982. Damals zeigte das Thermometer in Bregenz im Schnitt 16,4 Grad Celsius und in Graz nur 0,3 Grad Celsius. Für den April wurde das Maximum der Diskrepanz am 6. April 1975 erreicht. Hier lag das Minimum in Bregenz bei 2,9 Grad Celsius und das Maximum in Eisenstadt mit 15,5 Grad Celsius. Damit ist es der Tag mit dem 17.-größten Unterschied zwischen den Landeshauptstädten in dem Datensatz seit 1950.

Allerdings sehr niedriger Luftdruck

Ein weiteres Charakteristikum des April, der niedrige Luftdruck, lässt sich allerdings zweifelsohne in den Daten nachweisen. Typisch für solche Tiefdruckgebiete sind schlechtes Wetter und Regen. Nicht sehr intuitiv mutet deswegen die mittlere Sonnenscheindauer im April an. An einem durchschnittlichen Tag seit dem Jahr 2000 hat es zwischen 10 und 15 Uhr etwa 0,62 Stunden Sonne im April. Das ist mehr als im Mai (0,59 Stunden) oder im September (0,61 Stunden).

Macht der April nun, was er will, oder nicht? Diese mitunter philosophische Frage lässt sich in diesem oberflächlichen Überblick nur mit einem klaren "Es hängt davon ab" beantworten. Nämlich davon, was man genau damit meint. Die Bauernweisheit ist nicht wissenschaftlich und somit auch nicht entsprechend definiert. Selbstredend gibt es arge Temperatur- und Wetterschwankungen im April. Da war der April 2013, in dem der Monat mit 2,2 Grad Celsius begann und zwischendurch auf 21,1 Grad Celsius anstieg, oder eben der April 2024.Es besteht aber auch die Chance, dass ähnliche Unterschiede in unterschiedlichen Monaten anders wahrgenommen werden.

Außerhalb des deutschsprachigen Raums wird mitunter auch positiver über den April geredet. Auch wenn es in England vermutlich in den meisten Monaten viel regnet, gibt es speziell für den April den Ausdruck "April showers bring May flowers" (Schauer im April bringen Blumen im Mai). So kann man es auch sehen – selbst wenn es in Wien in einem halben Dutzend Monate mehr regnet als im April. (Robin Kohrs, 30.4.2024)