Andrej Plenković dürfte Premierminister bleiben.
EPA/OLIVIER MATTHYS

Nach den kroatischen Parlamentswahlen am 17. April, die die konservative Regierungspartei HDZ gewonnen hat, sind die Gespräche zur Bildung einer Koalition weit gediehen. Die HDZ braucht einen Partner für eine Mehrheit im Parlament. Sie wird den Verhandlungen zufolge wohl mit der rechtsradikalen Heimatbewegung koalieren. Die rassistisch-serbenfeindliche Heimatbewegung besteht allerdings darauf, dass die Vertreter der serbischen Minderheit nicht Teil der Regierung sein werden. Der konservative Premier Andrej Plenković ging auf diese Forderung der Heimatbewegung ein, was in Kroatien, aber auch innerhalb der EU für Kritik sorgt. Der ungarische Minderheitenvertreter wiederum wird für die Regierung stimmen.

Auch die Postenaufteilung in der neuen Regierung ist in einigen Bereichen bereits ausgemacht. Die Heimatbewegung wollte ursprünglich das Innenministerium und das Kulturministerium führen. Dies wurde ihr von der HDZ nicht zugestanden, dafür könnte sie die Minister für die Ressorts Bildung, Technologie, Demografie und Naturschutz stellen. In den kommenden zehn Tagen soll zunächst mit der Mehrheit der Parlamentarier aus HDZ und Heimatbewegung (DP) der Parlamentspräsident gewählt werden. Danach soll innerhalb der nächsten zweieinhalb Wochen die Regierung gebildet werden.

Kein Traumjob in Brüssel

Plenković selbst dürfte Premierminister bleiben und nicht nach Brüssel gehen. Er kandidiert zwar bei den EU-Wahlen für das EU-Parlament, hat aber praktisch keine Chance, seinen Traumjob als Präsident der EU-Kommission zu bekommen. Deshalb wird er wohl eine weitere Amtszeit als Regierungschef in Zagreb bleiben. Plenković, der in den vergangenen Jahren versuchte, innerhalb der HDZ den rechten Flügel zu marginalisieren, wird nun wohl versuchen, auch die Rechtsextremen von der DP unter Kontrolle zu halten.

In der DP gibt es viel Misstrauen gegenüber der HDZ. Das hat auch mit der früheren Koalition zwischen der HDZ und der Partei Most (Brücke) in den Jahren 2016 und 2017 zu tun. Denn obwohl die DHZ mit Most damals eine Regierung bildete, entschloss sich Plenković bereits nach ein paar Monaten, drei Minister, die von Most-Partei unterstützt wurden, abzusetzen. Most wurde praktisch von der HDZ ausgebootet. Nun vermuten einige Analysten, dass Plenković etwas Ähnliches auch mit der DP machen und im nächsten Jahr nach den Lokalwahlen die Koalition mit der DP aufkündigen könnte. Die HDZ könnte in der Folge mit ein paar anderen Parlamentariern eine Mehrheit bilden.

Die Koalition mit der DP bedeutet für Kroatien jedenfalls einen starken Rechtsruck. Bisher war Plenković immer darauf bedacht, die Vertreter der serbischen Minderheit an der Regierung zu beteiligen. Unter dem früheren HDZ-Chef Tomislav Karamarko (2012–2016), der zum rechten Flügel gehört, war die serbische Minderheit zur Zielscheibe geworden. Plenković beendete diese antiserbische Politik. Doch gerade weil er die Rechten in der eigenen Partei marginalisierte, entstanden neue rechtsextreme Parteien wie die DP. Einer ihrer wichtigsten Vertreter ist der Bürgermeister von Vukovar, Ivan Penava.

Rückschlag auch für Milanović

Den Oppositionsparteien war zuletzt vor allem daran gelegen, eine HDZ-Regierung zu verhindern. Sie sind nun mit ihrem Ansinnen gescheitert – allen voran Staatspräsident Zoran Milanović. Der Zagreber Politikwissenschafter Dejan Jović kritisiert, dass die progressiven Oppositionsparteien sich zu sehr auf die HDZ einschossen, anstatt zu verhindern, dass die Rechtsextremen an die Macht kommen. Sie hatten vor allem die grassierende Korruption in den Reihen der HDZ kritisiert, nicht aber die Gefahr, die von den Rechtsextremen ausgeht. Im Gegenteil: Milanović nahm selbst Positionen ein, die noch weiter rechts liegen als jene der HDZ, und flirtete mit der Heimatbewegung.

Jović meint, dass durch die Koalition der HDZ mit der Heimatbewegung auch der rechte Flügel innerhalb der HDZ gestärkt werde. Er befürchtet, dass die HDZ sich wieder wie unter Karamarkos Zeiten entwickeln könne. In diesem Zusammenhang wird in Zagreb immer wieder der Name des bisherigen HDZ-Verteidigungsministers Ivan Anušić genannt, eines Rechten, der für das Amt des Staatspräsidenten kandidieren könnte. (Adelheid Wölfl, 8.5.2024)