Ein Geländewagen fährt durch die Wüste
Der Dongfeng M-Hero 1 verfügt in China über einen Drohnenlandeplatz und einen Nagelwerfer, um die Reifen von Verfolgern zu zerstechen. Beide Features kommen aber nicht nach Europa.
Dongfeng

Denkt man an chinesische Elektroautos, haben die meisten Menschen wohl die Marke BYD im Kopf, deren Produktpalette und Designsprache sich sehr stark am US-Platzhirsch Tesla orientiert. Das chinesische Unternehmen hat mit dem Dolphin aber sogar einen Kleinwagen im Programm, ein Produkt, mit dessen Entwicklung sich Tesla seit jeher schwertut.

Vielleicht fällt dem Interessierten Elektroauto-Fan auch noch der Smartphonehersteller Xiaomi ein, dessen SU7 getauftes Erstlingsgefährt nicht nur mit einer Rekordzahl von Vorbestellungen Schlagzeilen machte, sondern auch mit einem Negativrekord an zurückgelegten Kilometern, bevor das Fahrzeug schlappmachte.

Egal ob Tesla, Xiaomi oder BYD: Sie alle eint, dass ihre Autos sehr klassisch daherkommen. Ein BYD Seal würde auf europäischen Straßen kaum als Exot auffallen, zu konventionell ist seine Bauart. Aber aus China kommen bald Fahrzeugmodelle hierzulande auf die Straßen, deren Konstrukteure und Designer sich wenig um gängige Konventionen scheren. Auch Kundenwünsche und guter Geschmack dürften nicht immer auf der Prioritätenliste ganz oben gestanden sein.

Pistolen, Schwerter, Drohnen und Nagelwerfer

Da gibt es etwa den chinesischen Autohersteller Dongfeng, der in China eher für seine Busse, Lkws und Militärfahrzeuge bekannt ist. Modelle wie der Dongfeng EQ2050 sehen verdächtig wie der Humvee der US-Streitkräfte aus. Der Nachfolger, die Fahrzeuge der CSK-Serie, sind schon deutlich futuristischer designt – wie man sich eben so ein leicht gepanzertes Fahrzeug vorstellt.

Doch was passiert, wenn so ein Unternehmen ein Auto für den Zivilmarkt baut? Dabei kommt der Dongfeng M-Hero 1 heraus. Allein das kantige Aussehen des 3,4 Tonnen schweren Kolosses dürfte keine Zweifel an der Herkunft aus der Militärindustrie aufkommen lassen. Damit die zukünftige Kundschaft auch wirklich versteht, dass das hier eigentlich ein Gefechtsfahrzeug ist, sehen die Türgriffe innen stark wie eine Pistole aus. Die Ähnlichkeiten mit einem Colt 1911 sind unübersehbar, einer US-Pistole, die in China ausgesprochen gerne kopiert wird.

Der Dongfeng Mengshin 917 kommt in Europa als M-Hero 1 auf den Markt. Hero steht übrigens für Hightech, Electric, Reform, Offroad.
IMAGO/Hu Zhixuan

Damit auch die Außenwelt mitbekommt, dass das nicht irgendein SUV ist, der da elegant die Temposchwelle vor dem Kindergarten passiert, sind die Rücklichter wie traditionelle chinesische Schwerter geformt.

Das Elektromonster aus China verfügt über vier Elektromotoren, die insgesamt 1.088 Pferdestärken auf die Straße bringen. Auch beim Maximalgewicht von 3920 Kilogramm, inklusive Zuladung, soll der M-Hero 1 noch in 4,2 Sekunden Tempo 100 erreichen. Der M-Hero 1 ist fast fünf Meter lang, fast zwei hoch und über zwei Meter breit. Trotz der gewaltigen Dimensionen soll das Fahrzeug eine Reichweite von 450 Kilometern (nach WLTP-Standard) haben. Möglich macht das eine 142 kWh große Batterie. Hier ist auch der größte technische Kritikpunkt an dem Fahrzeug: die Ladedauer. Die beträgt nämlich 47 Minuten, um von 30 auf 80 Prozent zu kommen. Der Dongfeng wird zum Marktstart 152.670 Euro kosten.

Ach ja, in China wird der M-Hero 1 unter dem Namen "Mengshi 917" angeboten, was so viel wie "Wilder Krieger" bedeutet. Auf den Start- und Landeplatz für eine Drohne muss die europäische Kundschaft leider verzichten. Auch der praktische Nagelwerfer, um lästige Verfolger abzuschütteln, dürfte in Europa eher keine Straßenzulassung bekommen. Auf der Fachmesse Beijing Auto 2024 hat Dongfeng eine weitere Variante des Hero vorgestellt. Der Hero Hunter hat keine Türen und soll wohl eine Art Buggy im Stil von Mad Max oder Jurassic Park sein. Das Logo soll übrigens den Vogel der Freiheit aus der chinesischen Mythologie darstellen. Er heißt Peng. Wie passend.

Schwimmen und Auf-der-Stelle-Drehen

Nicht, dass die eingangs bereits erwähnte Firma BYD nur einigermaßen massentaugliche Fahrzeuge im Talon hätte. Das Unternehmen hat nämlich eine eigene Luxusmarke namens Yangwang und die hat den U8 vorgestellt. Ob das "U" für WeltUntergang steht, ist nicht überliefert, aber es wirkt beinahe so. Jedenfalls könne man in keinem Auto dem Ende der Welt stilvoller davonfahren wie in dem Yangwang U8, urteilte der ADAC und nannte das Fahrzeug eine "Trutzburg". Das kommt nicht von ungefähr: 5,4 Meter lang, mit 3,05 Metern Radstand und je einer E-Maschine pro Rad ist der U8 schon ein gewaltiger Brocken auf der Straße. Dazu gibt es dann noch Range-Extender, variable Bodenfreiheit und allerlei Offroad-Modi für den wohlbetuchten Prepper.

Der Yanwang U8 kann auch schwimmen.
BYD

Das Hauptgimmick des U8 ist eher nicht die Designsprache, die lehnt sich nämlich schon sehr stark an den höherpreisigen Modellen von Range Rover an. Es ist das Schwimm-Feature, dass den U8 einzigartig macht. Damit ist nicht einmal die ohnehin schon gute Wattiefe von einem Meter gemeint, nein, das 3,5 Tonnen schwere Fahrzeug soll mindestens eine halbe Stunde lang dahintreiben können. Ein Schnellboot wird aus dem Wagen dennoch nicht: Die Räder ermöglichen eine Geschwindigkeit von 1,6 Knoten oder drei km/h für alle Nichtseefahrer.

Ist man mit dem Boliden dann doch nicht im Überlebensszenario, sondern ganz gewöhnlich auf dem Supermarktparkplatz, kann man sich das Ein- und Ausparken deutlich erleichtern: Der U8 kann nämlich die Räder seitwärts stellen und in die Gegenrichtung laufen lassen. Damit kann das Fahrzeug auf der Stelle drehen, genau wie ein Panzer auch.

Kreatives Reichweitenrechnen mit Yangwang

Auf die Straße bringen die vier E-Maschinen 1196 PS und den U8 in 3,6 Sekunden auf Tempo 100. Noch dazu gibt der Hersteller die Reichweite mit 1000 Kilometern an, was natürlich schamlos getrickst ist. Denn der eher schwach dimensionierte Akku mit seinen 49 kWh reicht gerade einmal für 180 Kilometer nach chinesischer CLTC-Berechnung. Ist die Akkuladung aufgebraucht, springt ein 2,0-Liter-Benzinmotor an, der Strom für weitere 800 Kilometer Reichweite liefert. Noch 20 Kilometer Rundungsdifferenz dazu et voilà, schon hat der chinesische Elektro-Offroader die 1000 Kilometer geknackt, und der Preis fürs Schönrechnen geht an die Ingenieure bei Yangwang. Das geländetaugliche Amphibienkarussell kostet rund 120.000 Euro.

Der Cybertruck, nur in gut?

Die größte Überraschung der Beijing Auto 2024 war zweifelsohne der Changan Qiyuan E07. Das dürfte vor allem an der Erscheinung des Elektroboliden liegen, wirkt er doch wie die etwas kleinere, vernünftigere und praktischere Variante des Cybertruck. Zum Ersten besteht die Karosserie nicht aus unbehandeltem Edelstahl, tote Insekten oder Wasserspritzer sollten der Karosserie also im Gegensatz zum Produkt aus dem Hause Tesla nichts anhaben können.

Der Qiyuan E07 erinnert optisch wohl nicht ganz zufällig an den Cybertruck von Tesla.
Qiyuan

Eigentlich ist der E07 ein SUV, der aber gleichzeitig in einen Pick-up verwandelt werden kann. Diese ungewöhnliche Transformation schafft das Gefährt, indem es die Heckscheibe vollautomatisch auf das Dach gleiten lässt. So wird die Ladefläche freigegeben. Zum Vergleich: Der Cybertruck hat an dieser Stelle nur eine Art Rollo als Abdeckung für die Ladefläche zu bieten. Der E07 ist sowohl mit Zweiradantrieb als auch mit Allradantrieb erhältlich. Die maximale Leistung des Modells mit Zweiradantrieb beträgt 252 kW. In den Allradversionen wird der Antriebsstrang um einen zweiten Motor mit 185 kW erweitert, was insgesamt 434 kW oder 590 PS ausmacht. Das Leergewicht beträgt 2278 kg für den Hinterradler und 2398 kg für die Allradversion. Zu Akkugrößen und Reichweiten ist noch nichts bekannt.

Dafür protzt Hersteller Changan mit den digitalen Spielereien des Qiyuan E07: Das minimalistische Cockpit wird von einem zentralen Tablet dominiert, so weit, so normal. Auf der Beifahrerseite verbirgt sich als Sonnenblende getarnt ein zweiter Bildschirm. Der Beifahrersitz lässt in einen Zero-Gravity-Mode stellen. Damit kann man dann Kinofilme in einer entspannten Liegeposition schauen. Will man besonders wichtige Nachrichten mit seiner Umwelt teilen, muss man nicht etwa das Fenster herunterkurbeln und stimmgewaltig gegen den Verkehr anbrüllen. Der E07 verfügt über ein Display in der Front, in dem sich Botschaften als Lauftext teilen lassen. Ein Feature, das verspielten Naturen sicher große Freude bereiten dürfte. (Peter Zellinger, 16.5.2024)