Der Film "Teaches of Peaches" zeigt, wie aus der Kanadierin Merill Nisker die international gefeierte Sängerin Peaches wurde.
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Frustration lässt sich bekanntlich am besten auflösen, indem man sehr laut herumschreit. Die Kanadierin Merrill Beth Nisker, damals 33 Jahre alt, war im Jahr 2000 sehr frustriert. Die Schilddrüsenkrebserkrankung war gerade überstanden, ihr Herzschmerz noch nicht, und der ganz normale Wahnsinn des Lebens machte ihr zu schaffen. "Suckin' on my titties like you wanted me, calling me", waren die ersten Worte auf dem Album, auf dem sie sich selbst und ein ganzes Genre damals neu erfand. Feministischer, sexpositiver Electroclash, irgendwie punkig und tanzbar. Undefinierbar. Fuck the Pain Away zieht sich nicht nur als abgöttisch verehrte Hymne durch die Karriere von Peaches, sondern auch als Motto durch die neue Dokumentation Teaches of Peaches.

Gegen Genderstereotype

Das österreichische Regieduo Philipp Fussenegger und Judy Landkammer zeigt mit einer Mischung aus Archivmaterial und Livemitschnitten der "The Teaches of Peaches"-Welttournee 2022 Peaches' kompromisslosen Kampf gegen Genderstereotype und für Feminismus. "Als ich Peaches zum ersten Mal sah, wusste ich, ich werde sie daten und die ganze Zeit mit ihr Sex haben", erzählt Black Cracker, ihr aktueller Partner. Jetzt wisse er aber, sie schlafe sehr viel. Auch Weggefährten kommen zu Wort, wie der gerne im Bademantel auftretende Musiker Chilly Gonzales. Gemeinsam mit Sticky Henderson und Mocky bildeten sie die Band The Shit. Der Name? "Weil wir uns wie Scheiße fühlten", erklärt Peaches.

Teaches for Peaches zeigt ein liebevoll-feministisches Universum voller Partys, Sex und Drogen, in dem Schmerz und Liebe ganz nah beieinander liegen. Man sieht einen chaotischen Menschenhaufen, der ganz nebenbei den Popzirkus revolutioniert hat. Klebrige Körperflüssigkeiten vermischen sich mit wuchernder Schambehaarung und wummernden Beats. Haut klatscht aufeinander, Brüste hängen nackt herum, und Sexspielzeuge sind Teil der Show. Mittlerweile ist Peaches 57 Jahre alt und hat sich ihre brachiale Offenheit bewahrt. Das ist wunderschön. (Jakob Thaller, 18.5.2024)