Der Bus der Linie 150 durch das Salzkammergut wird von Gästen gerne für einen Tagesausflug nach Hallstatt genutzt.
Stefanie Ruep

Ab drei Nächten sind alle öffentlichen Verkehrsmittel am Urlaubsort gratis: Diese Gästekarten sind bereits in vielen Ferienregionen in Österreich erhältlich. Doch Salzburg geht nun einen Schritt weiter und führt als erste Region in Europa eine Mobilitätsabgabe ein. Die Gebühr wird parallel zur Ortstaxe pro Nächtigung bezahlt und fließt in den Ausbau des öffentlichen Verkehrs. Im Gegenzug fahren alle Urlauberinnen und Touristen, die in einer Unterkunft im Salzburger Land übernachten, künftig gratis mit Bus und Bahn.

Die Abgabe wird ab 1. Juli 2025 eingehoben und beträgt zunächst 50 Cent pro Nacht. Sie wird aber schrittweise angehoben. Ab Juli 2027 wird der Beitrag 1,10 Euro ausmachen. Es ist als Umlagesystem konzipiert. Jeder Gast muss die Abgabe bezahlen, egal ob er die Öffis nutzt oder nicht. Mit dem Mobilitätsbeitrag sollen zweckgewidmet Takte verdichtet, Kapazitäten ausgeweitet und neue Linien eingeführt werden. "Wir werden uns in allen Regionen ansehen, wo genau Angebotsausbau und Taktverdichtung am sinnvollsten umgesetzt werden können", erklärt Johannes Gfrerer, Geschäftsführer des Salzburger Verkehrsverbunds.

Mit dem Doppeldecker nach Hallstatt

Im Fokus sei dabei auch der touristische Verkehr, heißt es aus dem Büro von Verkehrslandesrat Stefan Schnöll (ÖVP). Der Bus 150, der von Salzburg über den Fuschl- und Wolfgangsee bis nach Bad Ischl fährt, ist ein gutes Beispiel. Die Linie ist oft überfüllt, weil viele Touristinnen und Touristen den Bus für einen Ausflug nach Hallstatt oder in die Kaiserstadt nutzen. "Wenn es Kapazitätsengpässe gibt, werden wir Verstärker brauchen – wir überlegen da auch einen Doppeldeckerbus", sagt ein Sprecher von Schnöll.

Zusätzliche Fahrten sollen aus der Mobilitätsabgabe bezahlt werden. Freilich fallen hier gleichzeitig die Einnahmen durch die bisherigen Ticketverkäufe weg. Doch rechnen dürfte sich die Abgabe trotzdem: Das Land Salzburg verzeichnete im Vorjahr rund 30 Millionen Nächtigungen. Etwa 70 Prozent dieser Nächtigungen seien abgabepflichtig. Das Land rechnet im Endausbau mit 23 Millionen Euro, die mit der Abgabe zusätzlich in den öffentlichen Verkehr fließen. Zum Vergleich: Derzeit bezahlt das Land jährlich rund 70 Millionen Euro für den Linienverkehr und stützt zudem mit 13 Millionen Euro die Klimatickets. In Salzburg kostet dieses 365 Euro für das gesamte Bundesland; für alle über 65 und alle unter 26 Jahre kostet das Jahresticket sogar nur 274 Euro.

Mikro-ÖV für entlegene Regionen

Vor allem in entlegeneren Urlaubsregionen soll das Geld auch in Mikro-ÖV-Systeme fließen. Denn nicht immer sei die Nachfrage gleich groß. Da rechnet sich ein Bedarfsverkehr etwa in Form eines Anrufsammeltaxis. Ein Vorzeigebeispiel dafür ist das Loigom Shuttle, das in Leogang und mittlerweile auch in Saalfelden eine Lücke im Öffi-System schließt. Zwei Fahrzeuge fahren auf Bestellung mehr als 50 Haltestellen in den beiden Orten an. Das Shuttle ist auch im Klimaticket inkludiert. Die Mutter der Mikromobilität ist in Werfenweng beheimatet. Die kleine Gemeinde auf 900 Meter Seehöhe hat schon Anfang der 1990er-Jahre begonnen, das Dorf in Richtung autofreien Tourismus umzustellen und das W3 Shuttle eingerichtet. Auch im Lungau würde sich Micro-ÖV anbieten.

Der Loigom-Shuttle in Leogang fährt als Bedarfsbus auf Bestellung Gäste und Einheimische.
Salzburg Verkehr

"Dass man im Urlaub das Auto stehen lassen kann, ist sehr vielen wichtig, und trägt zum Qualitätstourismus bei", betont Verkehrslandesrat Stefan Schnöll (ÖVP). "Die Einheimischen werden von den Verbesserungen im öffentlichen Verkehr profitieren. Und auch jene, die auf das Auto angewiesen sind, sollen künftig etwas davon haben, wenn es weniger Staus gibt."

Zuletzt mussten vor allem touristische Freizeitfahrten gestrichen werden. Auf manchen Strecken – so beim Wanderbus Tennengau – wurde der Bustakt verdoppelt, was auch mehr Kosten für die Gemeinden und Tourismusverbände verursacht, die beim öffentlichen Verkehr mitzahlen. Daher werden zwei Wanderbusse – einer auf den Trattberg und jener von Abtenau auf die Postalm – eingestellt. Mit der Mobilitätsabgabe könne man solche Öffi-Angebote wieder einführen, zeigt man sich in Schnölls Büro zuversichtlich.

Wanderbusse bringen Gäste vor allem im Sommer bis zu den Ausgangspunkten auch in entlegene Täler wie hier ins Elmautal in Großarl.
Stefanie Ruep

Auch in anderen Regionen wurde die Forderung einer Mobilitätsabgabe bereits laut. In Südtirol wollen zwei Mitarbeiter der Landesverwaltung in der Abteilung Mobilität mit einer erhöhten Ortstaxe ebenfalls den öffentlichen Nahverkehr querfinanzieren. In einen Brief an Landeshauptmann Arno Kompatscher schlagen sie vor, eine touristische Mobilitätsabgabe von zwei Euro einzuführen, wie die Neue Südtiroler Tageszeitung berichtet. Im Vorjahr hätte die touristische Mobilitätsabgabe in Südtirol mehr als 60 Millionen Euro eingebracht, rechnet die Tageszeitung vor. Im Vergleich dazu nahm das Land 2019 nur rund 45 Millionen Euro aus dem Fahrscheinerlös ein.

In Salzburg dürfte die Einführung Landeshauptmannstellvertreter Schnöll einiges an Überwindung gekostet haben. Denn nicht alle in der ÖVP sind begeistert von dem Vorstoß des als Haslauers Nachfolger gehandelten Politikers. Allen voran der Tourismus-Spartenobmann der Wirtschaftskammer Albert Ebner und Hotellerie Sprecher Georg Imlauer kritisieren die Abgabe. Eine einseitige Finanzierung von öffentlichem Verkehr komme nicht infrage, betonen sie und kündigen sogar rechtliche Schritte an. (Stefanie Ruep, 23.5.2024)