Closeup von Mann, der im Freien Asthmaspray inhaliert
Asthma betrifft viel mehr Menschen, als man denkt. Knapp neun Prozent leiden an der Lungenkrankheit, diese ist aber chronisch unterdiagnostiziert. Dabei kann frühzeitige Behandlung die Symptomlast deutlich bessern.
IMAGO/AndreyPopov

Die Lunge braucht mehr Aufmerksamkeit in unserem Gesundheitsbewusstsein. Denn abgesehen davon, dass Lungenkrebs die zweithäufigste Krebserkrankung in Österreich überhaupt ist und jene, an der die meisten Menschen sterben, gibt es auch noch einige andere Erkrankungen, über die man viel zu wenig weiß. Asthma zum Beispiel. Und COPD.

Zwischen fünf und acht Prozent aller Menschen sind von der chronisch obstruktiven Lungenkrankheit (COPD) betroffen – mit einer wahrscheinlich höheren Dunkelziffer. Das sind in Österreich zwischen 450.000 und 720.000 Personen. An Asthma leiden sogar noch mehr Menschen, rund 8,6 Prozent, wie diese Studie für Deutschland zeigt. In Österreich sind die Zahlen vergleichbar. Beide Erkrankungen können lebensgefährlich sein – nur wissen viele Betroffene gar nicht, dass sie daran leiden, sie sind deutlich unterdiagnostiziert. Diese Studie aus Finnland etwa zeigt, dass sieben von zehn COPD-Betroffenen nichts von ihrer Erkrankung wissen.

Dabei wäre frühzeitige Diagnose enorm wichtig, damit man mit der richtigen Behandlung Schwere und Verlauf von Asthma und COPD verbessert. Wie das womöglich gelingen kann, haben Forschende in einer kanadischen Studie untersucht. Diese wurde im Fachjournal The New England Journal of Medicine publiziert und zeigt erstmals, dass systematisches Screening und daraus resultierende entsprechende Behandlung dieser Lungenerkrankungen die Gesundheit der Patientinnen und Patienten verbessern können.

Zufallsprinzip

Um Teilnehmende für die Untersuchung zu finden, wurden unzählige kanadische Haushalte in den Jahren 2017 bis 2023 nach dem Zufallsprinzip telefonisch kontaktiert, man fragte nach typischen Symptomen. In weiterer Folge wurden 595 Menschen mit Asthma oder COPD diagnostiziert, 508 nahmen an der randomisierten Studie teil. Eine Hälfte wurde hausärztlich versorgt, die andere in fachspezifischen Einheiten.

Bei beiden Gruppen zeigten sich nach einem Jahr Verbesserung der Symptome und der krankheitsabhängigen Lebensqualität. Die Gruppe, die von Spezialistinnen und Spezialisten behandelt wurde, hatten den besseren Outcome: Sie nahmen nur halb so häufig zusätzliche medizinische Versorgung wegen Atemwegssymptomen in Anspruch und hatten darüber hinaus in allen erhobenen klinischen Scores bessere Ergebnisse. Daraus schließen die Forschenden, dass sich Screening-Maßnahmen für COPD und Asthma lohnen. Mit den verwendeten Tools, Fragebögen und Spirometrie zur Messung der Lungenfunktion, sei dies auch noch kostengünstig möglich, argumentieren die Studienautoren.

Das bestätigt auch Henrik Watz, Leiter des Pneumologischen Forschungsinstituts an der Lungenclinic Großhansdorf: "So einen Studienansatz gab es bisher nicht, und er zeigt sehr klar, dass eine frühzeitige Diagnose einen Gesundheitsvorteil hat. Vor allem, wenn Betroffene von Beginn an leitliniengerecht therapiert werden."

Mehr Bewusstsein schaffen

Derzeit gibt es keine breiten Screening-Pläne in Österreich oder Deutschland. Marek Lommatzsch, Leitender Oberarzt der Abteilung für Pneumologie an der Universitätsmedizin Rostock, betont aber, dass mehr Bewusstsein für Symptome von Atemwegserkrankungen nötig wäre: "Medienkampagnen etwa könnten das Wissen in der Bevölkerung schärfen, dass es sehr wirksame Therapieoptionen für diese Erkrankungen gibt." Denn vielfach sei nicht klar, dass bestimmte Symptome von einer gut behandelbaren Krankheit kommen. "Deshalb werden sie bewusst ignoriert, man geht nicht zum Arzt", sagt Lommatzsch.

Was kann man nun bei Verdacht auf Lungenprobleme – außer einer raschen medizinischen Abklärung beim Facharzt – noch tun? Als Erstes mit dem Rauchen aufhören. Das ist vor allem bei COPD ein Thema, über 90 Prozent der Betroffenen sind oder waren starke Raucher. Zudem gilt es, das Immunsystem zu unterstützen, etwa indem man sich empfohlene Schutzimpfungen holt – gerade Atemwegsinfektionen, die auch die Lunge belasten, können die Symptome verschlimmern und den Verlauf negativ beeinflussen. Und insgesamt sollte die körperliche Leistungsfähigkeit mit Kraft- und Ausdauertraining gestärkt werden. Je fitter sie sind, desto weniger Atemnot haben Betroffene bei der gleichen Anstrengung. Das kann die Symptomlast deutlich bessern. (Pia Kruckenhauser, 22.5.2024)