Unterweger und Zwerger genießen dem Moment des Erfolgs.
Clemens Unterweger und Dominic Zwerger im siebenten Eishockeyhimmel.
AP/Petr David Josek

Ein Eistraum

Wer hätte sich im Vorfeld auch nur ausmalen können, dass Österreichs Eishackler trotz Niederlagen gegen Dänemark und Großbritannien sieben Punkte sammeln und den Verbleib in der Elite meistern würden? Die Mission "Triple A", der dreimalige Erhalt der Klasse in Serie, wurde letztlich mit Bravour geschafft.

Nicht nur, dass das Team des Schweizers Roger Bader gegen die großen Nationen keine einzige Abfuhr kassierte, es zeigte nach dem gründlich verpatzten Start gegen Dänemark (1:5) Moral und lieferte beim 5:6 gegen die Schweiz einen beherzten Auftritt, der im Spiel gegen Kanada prolongiert wurde. Trotz vermeintlicher Aussichtslosigkeit beim Stand von 1:6 wurden die bislang größte Aufholjagd der WM-Geschichte und ein Punktgewinn geschafft. Und hernach mit einem sensationellen 3:2-Erfolg nach 0:2-Rückstand gegen Finnland ein hoher Gipfel erreicht. Damit wurde in Österreich eine wohl nie dagewesene Eishockey-Euphorie entfacht, die um das Pfingstwochenende tausende Fans zu einer Reise nach Prag animierte.

Dass es mit dem Einzug in das mit dem 4:1 gegen Norwegen plötzlich in Reichweite liegenden Viertelfinale letztlich nicht klappte, war wohl der immens gestiegenen Erwartungshaltung der Fans und auch der Spieler selbst geschuldet, die zu Nervosität und fatalen Fehlern führte. Und auch der Tatsache, dass die Briten dem Abstieg nicht mehr entrinnen und von Druck befreit aufspielen konnten.

Österreich beeindruckte mit sehr ansehnlichem, flottem und geradlinigem Hockey und einer bislang nie dagewesenen Effizienz. Mit 21 Treffern wurde die bisher beste Ausbeute bei einer A-Weltmeisterschaft erzielt. Alle Linien und Torleute trugen mit ihrem Engagement entscheidend zum Erfolg bei, wobei insbesondere die Linie um NHL-Center Marco Rossi (ein Tor, fünf Assists), Peter Schneider (vier Treffer, zwei Vorlagen) und Dominic Zwerger (zwei Tore und sechs Assists) herausragte. Diese Linie stellte auch mit den nach vorne Akzente setzenden Verteidigern Bernd Wolf und Clemens Unterweger (beste Plus-Minus-Werte) die beste Defensive.

Man konnte erkennen, dass das ÖEHV-Team gegen die großen Nationen nicht chancenlos ist. Mit diesem neuen Selbstbewusstsein lässt sich hoffnungsfroh in die Zukunft blicken. Auch die zu akzeptierenden Dämpfer können positiv genützt werden, als mahnendes Beispiel, dass "die Bäume nicht in den Himmel wachsen", wie es Bader formulierte. Denn trotz der Etablierung in der Elite sollte auch bei der Weltmeisterschaft 2025 in Schweden und Dänemark wieder vorrangig an den Erhalt der Klasse gedacht werden, bevor man sich höheren Zielen zuwendet.

Freilich ist es bitter, dass eine sich wohl nicht alle Jahre bietende Chance, der zum Greifen nahe Viertelfinaleinzug, verpasst wurde. Doch unter dem Strich steht eine der erfolgreichsten Weltmeisterschaften, die Österreich je gespielt hat.
(Thomas Hirner, 22.5.2024)

Fast ein Märchen

Vor ziemlich genau vier Monaten scheiterten Österreichs Handballer nach zum Teil kaum für möglich gehaltenen Ergebnissen gegen ausgesprochene Handballnationen wie Spanien, Kroatien und Deutschland nur hauchdünn am Einzug ins Halbfinale der Europameisterschaft. Die Enttäuschung über ein nicht ganz fertig erzähltes Wintermärchen hielt sich in Grenzen, in Erinnerung blieben spannende, mitreißende Vorstellungen einer durch und durch sympathischen Truppe unter einer bemerkenswerten Trainerpersönlichkeit. Und es blieb die Vorfreude auf kommende Großtaten.

Vieles von dem, was für die Handballer gilt, haben sich auch Österreichs Eishockeycracks erspielt – etwa Aufmerksamkeit weit über die Fanbasis des rasantesten Mannschaftssports hinaus. Auch mit der an Typen reichen Auswahl von Roger Bader ließ sich trefflich mitzittern, ließ sich mitträumen. Und doch folgte den vielen Ausrufezeichen ein dickeres Fragezeichen als nach dem unglücklichen Scheitern der Handballer.

Schließlich wurde der im Nachhinein gesehen gar nicht mehr gewagte Traum vom Viertelfinale mit einer Niederlage gegen die nach Punkten zweitschlechteste Mannschaft des Turniers vergeben. Angstgegner hin oder her, gegen diese Briten hätte nichts anbrennen dürfen. Die bereits als Absteiger feststehende Mannschaft von Coach Peter Russell hatte einen Tag weniger zur Regeneration und in den sechs Partien davor lediglich acht Treffer erzielt, ehe sie gegen die Österreicher viermal netzte.

Gegen keine andere Mannschaft wäre Baders "Mission Triple A" leichter im vollen Umfang umsetzbar gewesen, nämlich neben dem dritten Klassenerhalt en suite auch drei Siege bei der WM zu feiern. So gesehen fällt auch die Spekulation nicht sonderlich ins Gewicht, dass die Finnen zum Abschluss der Gruppenphase eher nicht gegen die Schweiz verloren hätten, wenn es für sie noch um die Viertelfinalteilnahme gegangen wäre.

Der Trost, dass so wenigstens die Bäume nicht in den Himmel wachsen und Österreich eben dazu bestimmt ist, bei Weltmeisterschaften zunächst an den Klassenerhalt denken zu müssen, ist ein relativ schwacher. Die Handballer, im Konzert der Großen allerdings etablierter als ihre Kollegen auf Kufen, wandten sich nach dem Verpassen des EM-Halbfinales deutlich frohgemuter ihrer nächsten Aufgabe zu, der erstmaligen Qualifikation für ein olympisches Turnier. Gelungen ist das schließlich auch recht knapp nicht. Fast hätte man es für möglich gehalten.

Es ist eine schöne Pointe, dass Olympiaqualifikation auch die nächste Aufgabe des Eishockeyteams heißt. Vom 29. August bis 1. September geht es in Bratislava gegen Gastgeber Slowakei, Kasachstan und Ungarn. Nur der Erstplatzierte schmückt das olympische Turnier in Mailand. Hält man es für möglich, dass er Österreich heißt? (Siegfried Lützow, 22.5.2024)

Stapelfeldt und Baumgartner waren am Ende ziemlich geknickt.
Moment der Ernüchterung für Paul Stapelfeldt und Benjamin Baumgartner.
EPA/MARTIN DIVISEK