Es ist ein Teilaspekt des Erstarken des Rechtsextremismus und Judenhasses: Schändungen von Gedenkorten für Opfer von Nationalsozialismus, Faschismus und Holocaust haben sich in Österreich von 2022 auf 2023 mehr als verdreifacht. Das geht aus Innenminister Gerhard Karners (ÖVP) Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage hervor. Eingebracht hat diese wie jedes Jahr die SPÖ-Abgeordnete Sabine Schatz.

Das ehemaligen Konzentrationslager Mauthausen mit der heutigen Gedenkstätte. Blick in den Verwaltungshof mit Garagen und Wachturm.
Auf dem Areal des ehemaligen Konzentrationslagers Mauthausen mit der heutigen Gedenkstätte finden regelmäßig Schändungen statt. Hier wurden bis zur Befreiung 1945 rund 200.000 Menschen von den Nationalsozialisten interniert, mehr als 100.000 wurden getötet.
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Demnach ermittelten die Behörden in Österreich im Vorjahr 16-mal wegen der Schändung von Gedenkorten, Gedenksteinen oder Gedenkstätten. Schändungen von jüdischen Friedhöfen – wie jene in Wien im November, als die Vorhalle der Zeremonienhalle in Brand gesteckt wurde, sind hier nicht erfasst.

Vier Bundesländer

Im Jahr 2022 waren es fünf. Nach Bundesländern aufgelistet, gab es laut der Anfragebeantwortung in vier Bundesländern Schändungen: zwei in Kärnten, nämlich in Klagenfurt und Wolfsberg, zwei in Salzburg, beide davon in der Stadt Salzburg, fünf in Wien (Namensmauer, Holocaust-Mahnmal auf dem Judenplatz, Denkmal "Marpe Lanefesch" beim Alten AKH und die Shoah-Gedenktafel für "Juden in Hietzing“) sowie sieben in Oberösterreich. In Oberösterreich passierten sechs der sieben Schändungen, auf dem Areal der KZ Gedenkstätte Mauthausen bzw. in einem Außenlager in Langenstein. Fünf davon waren Schmierereien mit NS-Inhalten, ein Schriftzug hatte Palästina-Bezug. Der siebente oberösterreichische Fall ereignete sich beim Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus in Steyr.

Kein Täter ausgeforscht

Was auch aus der Anfrage hervorgeht: Dafür zur Rechenschaft gezogen wurde einmal mehr keine einzige Person. Wörtlich heißt es: „In Bezug auf die angeführten Fälle konnten bislang keine Täter ausgeforscht werden." Die Schändungen gehen derweil weiter. In diesem Jahr traf es etwa bereits das Areal, wo eine Gedenkstätte für das Außenlager Gunskirchen im Entstehen ist.

Das Mauthausen Komitee Österreich (MKÖ) kaufte erst vor zwei Jahren 4000 Quadratmeter Wald im Kern des ehemaligen Lagerareals, um hier ein würdiges Gedenken zu installieren. Hier wurden nun auf einer Hütte, in der Gerätschaften und Unterlagen für die Gestaltung der Gedenkstätte aufbewahrt werden, in großen Buchstaben die Initialen Adolf Hitlers angebracht.

"Dass der Verfassungsschutz die Schändungen von KZ-Gedenkstätten trotz einer überschaubaren Szene möglicher Täter nicht aufklärt, ist ein Armutszeugnis. Dazu passt, dass es noch immer keinen nationalen Aktionsplan gegen Rechtsextremismus gibt, obwohl der Nationalrat diesen schon vor drei Jahren mit großer Mehrheit gefordert hat", sagt Robert Eiter, Vorstandsmitglied des Mauthausen Komitees Österreich.

Schatz: "Historische Verantwortung"

Auf den Aktionsplan wartet auch Sabine Schatz: "Der enorme Anstieg verdeutlicht einmal mehr die Notwendigkeit von Maßnahmen, die Rechtsextremismus konsequent bekämpfen, der Innenminister bleibt bei der Erstellung eines nationalen Aktionsplans aber weiter säumig", kritisiert sie und fordert auch ein "Nachschärfen in der Strategie gegen Antisemitismus nach dem 7. Oktober. Wenn wir unsere historische Verantwortung ernst nehmen, muss rasch gehandelt werden!" (Colette M. Schmidt, 23.5.2024)