Der frühere FPÖ- und BZÖ-Politiker und heutige ORF-Stiftungsrat Peter Westenthaler wollte im Frühjahr 2018 seine politischen Kontakte nutzen, um einer Haftstrafe zu entgehen. Das zeigen Chats, die in den U-Ausschuss zum "rot-blauen Machtmissbrauch" geliefert wurden.

Westenthaler geht
Stiftungsrat Peter Westenthaler.
APA/ROLAND SCHLAGER

Westenthaler war zunächst 2015 freigesprochen worden, der Oberste Gerichtshof (OGH) hob das Urteil jedoch auf. Der Prozess wurde wiederholt, dieses Mal wurde der Schuldspruch wegen Betrugs und Untreue rechtskräftig. Im März 2018 sprach das Oberlandesgericht Wien eine Haftstrafe von 24 Monaten aus, acht Monate davon unbedingt. Um eine Fußfessel sollte er frühestens nach vier Monaten ansuchen können. Daraufhin kündigte Westenthalers Anwalt an, bei der Generalprokuratur eine Nichtigkeitsbeschwerde anzuregen. Diese lehnte jedoch im April 2018 ab.

"Wäre sehr dankbar"

Daraufhin wendete sich Westenthaler an Heinz-Christian Strache, der damals FPÖ-Chef und Vizekanzler war. "Damit muss ich fix rein", also ins Gefängnis, schrieb Westenthaler. Strache entschuldigte sich, "dass wir nicht helfen können", das werde aber "nur im Justizministerium" entschieden. Daraufhin bat Westenthaler ihn, Justizminister Josef Moser zu kontaktieren. "Vielleicht kannst du ihn morgen ansprechen? (...) wäre sehr dankbar", schrieb Westenthaler.

Laut Strache sei Moser emotional "ebenso betroffen", habe aber auf die Generalprokuratur verwiesen. Westenthaler insistierte daraufhin, dass diese ja weisungsgebunden sei. Dort geschehe "nix ohne seine Einwilligung". Später meinte Westenthaler, Moser könne ja auch "via Weisung oder Teilbegnadigung" das Fußfesselverbot aufheben.

Auf Anfrage des STANDARD sagt Moser, er habe "immer darauf hingewiesen, dass es für niemanden eine Sonderbehandlung und keine Weisung irgendeiner Art und Weise gibt".

Westenthaler beklagte "Bürokratie"

Vom STANDARD mit dem Sachverhalt konfrontiert, verweist Westenthaler auf den Paragraf 113 des Strafgesetzbuches, wonach einem eine gerichtlich strafbare Handlung, für die eine Strafe bereits verbüßt sei, nicht vorgehalten werden dürfe. Der STANDARD hält ausdrücklich fest, lediglich über die jetzt bekannt gewordenen Interventionen und nicht eine allfällige strafbare Handlung zu berichten.

Der heutige ORF-Stiftungsrat hat immer wieder Ungerechtigkeiten in seinem Verfahren beklagt. Aus den Chats geht etwa hervor, dass man Westenthaler, als er seine Haftstrafe fast fertig absolviert hatte, eine Fußfessel über die Weihnachtsfeiertage verwehren wollte, laut seiner Sicht aus "bürokratischen Gründen" – weil ihm eigentlich eine Fußfessel ab 21. Dezember zustünde. Auch von Schikane sprach er.

Auch hier meinte Strache, man sei "der Justiz leider völlig ausgeliefert" und könne nichts machen. Westenthaler schlug daraufhin vor, der Justizminister könne die Fußfessel, Ausgänge oder eine Haftunterbrechung anordnen. "Alles rechtlich legitim. Er muss nur wollen." Und sogar den Kanzler wollte Westenthaler mit der Sache befassen: "Kannst du nicht mit Kurz sprechen?"

Bei all dem handelt es sich um Chats, die die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft im Auftrag des U-Ausschusses ausgewertet hat, also um keine Chats, die für ein Strafverfahren analysiert wurden. "Die Auswertung dieser Chats laut Ihrer Anfrage erfolgte ausschließlich auf Basis unserer Verpflichtung, für den U-Ausschuss Daten auszuwerten und an diesen zu übermitteln", heißt es vonseiten der WKStA. "Im Zuge dieser Auswertung wird von uns geprüft, ob eine etwaige Ermittlungsgefährdung durch die Übermittlung der Chats besteht. Dies ist nicht der Fall gewesen, weswegen diese Kommunikation unverzüglich an den U-Ausschuss geliefert wurde."

Die Frage der strafrechtlichen Relevanz dieser Chats und der etwaigen Zuständigkeit ist davon unabhängig zu beurteilen und noch Gegenstand der Prüfung.

Ende Jänner 2019 wurde Westenthaler dann aus der Haft entlassen, wenig später begann er eine Tätigkeit bei der Mediengruppe Österreich. Vergangenen Februar wurde er unter heftigen Protesten anderer Parteien in den ORF-Stiftungsrat entsandt. (Fabian Schmid, 23.5.2024)