An einem Arbeitstag gehen sich drei Waschmaschinenladungen aus, da hat Markus schon mitgezählt. "Wenn man das nicht unter der Woche erledigen kann, ist man das ganze Wochenende nur mit Wäschewaschen beschäftigt", sagt er. Markus, der nicht möchte, dass sein Arbeitgeber seinen Namen in der Zeitung liest, arbeitet fast ausschließlich im Homeoffice. Und macht nebenher die Wäsche, sortiert sie, stopft sie in die Maschine, hängt sie auf. Bei manchen seiner Meetings müsse er nur zuhören, da sei die Hausarbeit nebenher kein Problem.

Ein Vater sitzt an seinem Schreibtisch und macht seiner Tochter, die vor ihm kniet, einen Pferdeschwanz.
Sind Männer im Homeoffice allein, reduziert sich tendenziell die Lücke in der geleisteten Sorgearbeit.
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Markus ist ein "remote husband", wie die britische Wochenzeitschrift The Economist das unlängst bezeichnet hat. Gemeint sind Männer, die seit der Pandemie vermehrt oder ausschließlich im Homeoffice arbeiten, während ihre Frauen außer Haus ihren Berufen nachgehen.

Ein Phänomen vor allem unter gut ausgebildeten Paaren. Gerade in IT-Unternehmen, der Finanzbranche, in Unternehmensberatungen und anderen technischen Berufen ist der Homeoffice-Anteil auch nach der Pandemie besonders hoch geblieben. Das sind allesamt Bereiche, in denen vorrangig Männer arbeiten. Wohingegen die Frauen der "remote husbands" als Juristinnen tätig sind, im medizinischen Bereich, als Lehrerinnen oder im Verkauf – also dort, wo Homeoffice kaum möglich ist.

Doch wie wirkt sich die neue Arbeitsweise auf die Partnerschaften aus? Übernehmen "remote husbands" auch mehr Sorge- und Hausarbeit, die in Beziehungen im Schnitt auch heute noch zu zwei Dritteln von Frauen erledigt wird? "Wenn man daheim ist, sieht man die Arbeit", sagt Lukas, der in der IT-Branche arbeitet und zu 99 Prozent von zu Hause werkt. Eigentlich ist es nachvollziehbar: Wer sich am Vormittag einen Kaffee kocht, sieht den vollen Geschirrspüler und bemerkt vielleicht in der Mittagspause, dass der Kühlschrank leer ist, oder während der Videokonferenz, dass auf dem Fensterbrett eine dicke Staubschicht liegt.

Überstunden statt Haushalt

Im Homeoffice wenden Frauen und Männer mehr Zeit für Haushalt und Kinderbetreuung auf, sagt auch Claire Samtleben, Projektleiterin beim Analyse- und Beratungsunternehmen Prognos, die zum Thema geforscht hat. Eine Studie des deutschen Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts gemeinsam mit dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, an der Samtleben beteiligt war, hat ergeben, dass Frauen im Homeoffice ihre Betreuungs- und Haushaltstätigkeiten um etwa 1,7 Stunden pro Woche ausdehnen, Männer nur um 0,6 Stunden. "Männer nutzen die gewonnene Zeit eher für Überstunden, Frauen für Sorgearbeit," sagt Samtleben.

Erst wenn Männer wie die "remote husbands" allein im Homeoffice bleiben, reduziert sich laut der Expertin der Gender-Care-Gap, also die Lücke in der geleisteten Sorgearbeit. Doch auch bei diesen Paaren werde diese Arbeit weiterhin zu einem großen Teil von den Frauen geleistet. Samtleben rät daher dazu, das Potenzial der "remote husbands", wenn es um eine faire Arbeitsteilung geht, nicht zu überschätzen.

Auch Bettina Zehetner kennt vor allem das gegenteilige Modell. Sie ist psychosoziale Beraterin bei Frauen* beraten Frauen*, einem Verein, der etwa zu gleichberechtigter Elternschaft oder Mental Load berät. "In unserer Arbeit ist ein großes Thema, dass Männer, selbst wenn sie in Karenz oder nicht berufstätig sind, üblicherweise nicht die Hausarbeit oder Kinderbetreuung übernehmen", sagt sie. Oftmals würden dann selbst die berufstätigen Frauen morgens zwei Stunden früher aufstehen, um alles für den Familienalltag vorzubereiten. Und auch aus den Homeofficezeiten der Pandemie sei bekannt, dass "Väter im Homeoffice gerne die Tür hinter sich zugemacht haben", während die Frauen die Schulbegleitung übernommen hätten – obwohl auch sie berufstätig waren.

Prinzipiell sind die Expertinnen sich dennoch einig, dass das Homeoffice eine bessere Aufteilung der Sorgearbeit ermöglicht – es sei aber nicht der entscheidende Faktor, ob das auch tatsächlich geschieht. Dafür braucht es wohl mehr als einen "remote husband". (Bernadette Redl, 25.5.2024)

Markus macht die Wäsche: "Ich erledige jetzt mehr Hausarbeit als früher"

"Ich arbeite in der Mobilitätsbranche und habe sehr viele Meetings. Bei manchen muss ich wirklich nur zuhören, da kann ich mit meinem Headset am Kopf gut in der Wohnung herum­wandern und nebenher die Wäsche machen. Ich erledige aber nur geräuscharme Tätigkeiten, ich koche zum Beispiel nicht. Das würde dann in der Besprechung doch auffallen. Auf jeden Fall ­erledige ich jetzt mehr Hausarbeit als früher.
Meine Partnerin ist Ärztin, bei ihr ist Home­office natürlich gar nicht möglich. Das Bringen und Abholen unseres Kindes teilen wir uns gerecht auf. Wobei ich schon sagen würde, dass das Wegfallen der Wegzeit ins Büro für die Vereinbarkeit von Job und Familie ein Vorteil ist: Bis kurz vor 17 Uhr arbeite ich, eine Minute später kann ich schon das Kind betreuen. Auch wenn es krank ist und abgeholt werden muss, bin ich natürlich viel schneller da und kann das übernehmen."

Lukas mäht mittags den Rasen: "Die Hausarbeiten haben wir uns relativ gut aufteilt"

"Mein Arbeitstag ist zweigeteilt, weil ich mit internationalen Kollegen arbeite und die Zeitverschiebung da eine große Rolle spielt. Vormittags arbeite ich drei, vier Stunden, dann kommt eine längere Pause, bevor ich nachmittags wieder online bin. Durch diesen Tagesablauf habe ich vor allem mittags Zeit für den Haushalt, dann koche ich das Essen, mache mit meiner Tochter Hausübungen, hänge die Wäsche auf oder mähe den Rasen. Oft gehe ich in der Zeit auch Fahrrad fahren.
Ich arbeite in der IT-Branche, meine Frau im Bereich Recht. Sie ist auch an zwei Tagen pro Woche daheim. Die Hausarbeit haben wir uns relativ gut aufgeteilt. Ob ich jetzt mehr mache als früher, weiß ich nicht. Fest steht aber, wer daheimsitzt, sieht die Arbeit, die erledigt werden muss, viel eher."

Lorenz kocht nach der Arbeit: "Ich habe gelernt, Privates und Berufliches streng zu trennen"

"Meine Frau arbeitet im medizinischen Bereich und muss sehr früh in den Dienst. Ich bin in der Medienbranche und habe dann vor dem ersten Meeting gut Zeit, um daheim einige Dinge zu erledigen: die Küche auf­räumen, eine Maschine Wäsche waschen. Das ­Homeoffice macht die Sache viel leichter.
Ich habe schon immer mehr im Haushalt gemacht als meine Frau. Seit ich nurmehr daheim arbeite, ist es vielleicht sogar etwas weniger geworden. Ich war früher selbstständig und habe ­gelernt, dass es bei der Arbeit daheim besonders wichtig ist, Privates und Berufliches zu trennen. Deshalb würde ich auch nie während einer Besprechung Hausarbeiten erledigen. Vielleicht muss man dann plötzlich etwas sagen und dann sehen dich alle, wie du die Wäsche zusammenlegst. Es ist das schönste Gefühl, wenn ich den PC ausmachen und in die Küche kochen gehen kann." (bere)