Auch Gott braucht PR-Agenten, je exzellenter, desto besser. Es gebe nichts Höheres, als sich der Gottheit mehr als andere Menschen zu nähern und von hier aus die Strahlen der Gottheit unter dem Menschengeschlecht zu verbreiten, schrieb Ludwig van Beethoven im Sommer 1821 an seinen "erhabnen Musik Zögling" und Gönner, Erzherzog Rudolph. Der jüngste Bruder von Kaiser Franz I. war im Jahr zuvor als Erzbischof von Olmütz inthronisiert worden, die Festmesse, die Beethoven für diesen Anlass schreiben wollte, war aber noch in Arbeit. 1824 in Sankt Petersburg uraufgeführt, wurde die Missa solemnis 1827 zusammen mit der neunten Symphonie veröffentlicht.

Als gewichtigen Nachklang zu den Feierlichkeiten zum 200-Jahr-Jubiläum der Uraufführung von Beethovens Opus 125 (der Neunten) präsentierten die Wiener Philharmoniker am Freitagabend im Musikverein also dessen Opus 123. Unter der Leitung des explosiv-kräftigen Adam Fischer – der das Dirigat des rekonvaleszenten Herbert Blomstedt übernommen hatte – erfüllte die Festmesse ihren Zweck und wurde zu einer durch und durch festlichen Angelegenheit.

Alles war Pracht und Prunk

Man hatte während der Aufführung das Gefühl, durch eine Folge von güldenen Sälen eines Palastes zu schreiten. Alles war Pracht und Prunk. Die Gesangslinien des Solistenquartetts (Julia Kleiter, Catriona Morison, Maximilian Schmitt und Florian Boesch) ähnelten schillernden, in sich verschlungenen Bändern, der Singverein steuerte profanere Klangmacht bei. Dem lateinischen Ordinarium folgend wurden alle Facetten eines dem katholischen Glauben gewidmeten Lebens zum Ausdruck gebracht. Der überraschende Einbruch militärischer Realität in die himmlischen Gefilde und die Bitte um irdischen Frieden holten das ins Ewige zielende Werk final in die Gegenwart zurück. Begeisterung im Musikverein. (sten, 26.5.2024)