Molto bene findet Guido Gluschitsch questa Fuoco, den Roller von Gilera. Leichte Ähnlichkeiten mit James Blond - ähm Bond - sind nicht zu übersehen.

Foto: derStandard/Alschner

Ich komm grad mit der Reißerischen aus der Tanzschule. Die Tanzschucherln sind schon eingepackt, riechen tu ich sie aber trotzdem noch. Ich klapp die Sitzbank mit der Fernbedienung am Schlüssel hoch, verstaue die Standard-Tasche mit den Schucherln und klesch den Deckel mit einem „Bumm“ zu.

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„Na bumm!“ sagt die Reißerische, „mit einem Dreiradler bringst mich heim“. Und sie zieht ein Gesicht wie drei Tage Regenwetter. Aber ich beruhig sie gleich. Sag ihr, dass sie halt ein zweites Mal hinschauen soll. Sieht ja arg böse aus, der Gilera Fuoco. Und so böse ist er auch. Der Fuoco ist nämlich aufgemotzt. Getunter Auspuff, nachgebesserte Steuerung und somit sind die 40 PS – die serienmäßig und ausreichend wären – zu tief gegriffen für diesen Fuoco.

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Einzylinder, Viertakter, 493 Kubikzentimeter, eine oben liegende Nockenwelle, die vier Ventile steuert, eine Verdichtung von 11:1 und ein Automatikgetriebe. Doch technisches Highlight des Fuoco ist die Vorderradaufhängung. Die zwei Vorderräder sind über ein Parallelogramm so miteinander verbunden, dass auch in Schräglage oder an der Ampel im Stehen beide den Boden berühren und man – ohne einen Fuß runter stellen zu müssen – nicht umfällt.

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Und das teste ich auch gleich. An einer Ampel auf der Ringstraße. Von der Tanzschule mit dem Roller am Weg nach Hause. Wie man sich das im Klischee halt so schön vorstellt. Und damit das Klischee auch wirklich alles niederprackt, steht auf der einen Fahrspur neben mir eine Yamaha R6, auf der anderen eine Honda CBR. Und ich dazwischen.

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>>> Flotte Sohle am Parkett

Als die Ampel auf grün springt, reißt es die Yamaha neben mir am Hinterradl weg. Die CBR auf der anderen Seite gibt ebenfalls ordentlich Gas. Riechen die die Schucherl oder fahren sie ein lustiges Duell? Muss ein Duell sein, weil die beiden kümmern sich gar nicht um mich. Und das obwohl am Fuoco niemand die Haxeln an der Ampel runterstellen muss.

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Dabei sollten sie sich um mich kümmern. Obwohl wir zu zweit am Fuoco sind, nehmen uns die Supersportler beim Start fast nichts ab und mit der Bremserei des Fuoco sind wir an der nächsten roten Ampel sowieso Erster. Durch die beiden Räder ist die Verzögerung des Gilera schlicht gewaltig. Das Spiel geht weiter. Ampelstart, Ampelstopp. Den ganzen Ring entlang. Wie die Buben halt so spielen, wenn niemand zuschaut. Ist schon klar, ein Intelligenzbeweis ist das nicht – macht aber Spaß.

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Wieder springt eine Ampel auf grün. Die Supersportler starten weg, wir verlieren mit dem Fuoco leicht. Vor uns liegt die Parlamentskurve. Die Honda zieht vom rechten Fahrstreifen auf den mittleren. Eh klar. Ganz rechts ist der Asphalt von den vielen Fiakern holprig und manchmal liegt auch noch ein bisserl Pferdeverdauung herum. Da muss man sich als Supersportler nicht gleich dazulegen. Als die beiden die Kurve anbremsen, muss ich mit dem Gilera nach rechts ausweichen. Kurven anbremsen mit dem Fuoco gilt nicht. Wir sind trotzdem schneller, ziehen innen an den beiden Supersportlern vorbei und reihen uns danach vor den beiden auf dem ganz linken Fahrstreifen ein, weil wir bald abbiegen müssen.

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Die Reißerische hat schon in der Kurve so laut zu lachen angefangen, dass die beiden das gehört haben müssen. An der nächsten Ampel reagieren die beiden Supersportler auf ihre Weise und ignorieren uns komplett. Sie haben ihr Imponiergehabe abgelegt – irgendwo in der vorigen Kurve verloren. Die Reißerische lacht immer noch. Als die Ampel auf grün springt, prescht niemand mehr los. Das Match ist vorbei.

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Zu Hause will ich den Fuoco in die Garage stellen. Doch die Reißerische macht, was sie sonst nur ganz selten tut. Sie schaut mich mit treuherzigen Augen an, legt den Kopf leicht schief und fragt, ob sie nicht eine Runde drehen dürfe. Normalerweise ist ihr so was schnell ausgeredet. Diesmal nicht. Und es reicht auch nicht eine Runde. Ich geh einstweilen die Tanzschuhe putzen, während sie mit dem Fuoco durch Simmering kreist.

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Natürlich ist die Geschichte frei erfunden. Zwar würde der Fuoco durchaus bei einem Straßenrennen Supersportler richten, aber es gibt keine Straßenrennen, es gibt kein Hinterradlfahren und erst recht nicht geht der glu in die Tanzschule. Niemals!

(Text: Guido Gluschitsch, Fotos: Michael Alschner, 01.05.2008)

Guido Gluschitsch ist Chefredakteur von Motorradnet.at.