Wien – "Nach unseren Berechnungen gäbe es kein Leben in unserem Universum", berichtet Astrophysiker Heinz Oberhummer (TU Wien) dem STANDARD, "wenn eine der vier Grundkräfte – die ,starke Kraft', die Atomkerne zusammenhält – nur ein bisschen stärker oder schwächer wäre."

Zwei Grundbausteine des Lebens, Kohlenstoff und Sauerstoff, gibt es nicht einfach, beide mussten – lange nach dem Urknall, in dem nur Wasserstoff entstand – erst entstehen, in Sonnen und sterbenden Sonnen: Roten Riesen. "Rote Riesen sind die chemischen Fabriken für Kohlenstoff und Sauerstoff", erklärt Oberhummer, "wäre in ihnen vor zwölf Milliarden Jahren die starke Kraft ein halbes Prozent größer oder kleiner gewesen, gäbe fast es keinen Kohlenstoff und Sauerstoff."

Heute "passt" die starke Kraft. Dass sie damals auch passte, zeigt nicht nur Oberhummers Berechnung, es gibt auch Belege, Weiße Zwerge, zu denen Rote Riesen nach dem Ausbrennen schrumpfen: Auch uralte Weiße Zwerge zeigen eine unveränderte starke Kraft. "Das hat Konsequenzen für die Teilchenphysik: Die Bestandteile der Materie müssen Massen haben, die Kohlenstoff und Sauerstoff ermöglichen", erklärt Oberhummer, "und das hat Konsequenzen für die Metaphysik."

Denn die Entstehung der Elemente ist nur einer von vielen Schritten zum Leben, dessen Mirakel man vorläufig als "anthropisches Prinzip" verbucht ("das Universum passt zum Leben"). Zwei Erklärungen konkurrieren: Entweder es gibt unendlich viele Universen, in denen alle Variationen der Kräfte durchgespielt werden. Oder es gibt einen Schöpfer: "Da hat mir ein Theologe eines der wichtigsten Prinzipien der Naturwissenschaft entgegengehalten – unter konkurrierenden Erklärungen gilt die einfachere -, und mich gefragt, ob die Annahme eines Schöpfers nicht viel einfacher wäre als die unendlich vieler Universen."(DER STANDARD, Print-Ausgabe, 31. 3. / 1. 4. 2001)