Foto: TNT

Mehr als 13 Gründe könnte ich anführen, warum "13 Reasons Why" keine gute Serie ist. Die Figuren sind unglaubwürdig, die Musik nervig, bisher anerkannte Regeln für die Darstellung von Selbstmord als nicht nachzuahmender Lösungsvariante wurden ignoriert. Das soziale Netz ist aufgewühlt – und Netflix hat seinen nächsten Aufmerksamkeitserfolg. "13 Reasons Why", zu Deutsch "Tote Mädchen lügen nicht", ist die meistdiskutierte Serie des Streamingportals auf Twitter und die 2017 bei dem Kurznachrichtendienst meistdiskutierte Serie überhaupt.

Aber jetzt zum eigentlichen Thema – der TV-Woche:

Dienstag, 2. Mai – Im Strahl der Sonne, 22.30 Uhr, BR
Für den Dokumentarfilm begleitete Witali Manski ein Jahr die achtjährige Zin mi im nordkoreanischen Pjöngjang. Der Regisseur hatte einen Auftrag des Regimes, er sollte einen Propagandafilm für den Westen drehen, am Beispiel des Kindes ein Land im Glanz seines Diktators zeigen. Manski trickste die Kontrollore aus, indem er die Kamera einfach weiterlaufen ließ. Zu sehen ist die dressierte Wirklichkeit des Kim Jong-un. "Die Menschen werden arrangiert wie Marionetten", sagt Manski. Dem Zuschauer eröffnet sich eine Welt der alles durchdringenden Inszenierung, in der immer wieder die Schattenfiguren ins Bild drängen und sehr bestimmte Anweisungen geben. Was sie vom Leben erwartet, wird Zin mi in einem unbeobachteten Moment gefragt. Das Mädchen schweigt – und weint.

Trailer zum Dokumentarfilm "Im Strahl der Sonne".
kinofilme

"Auf revoir", sagt Gerti Drassl zu ihrer Filmtochter. Dieser ist zum Weinen zumute, aber die Mutter ist nicht zu erweichen. Dass diese Härte an Kindern nicht spurlos vorübergeht, ist verbriefte Geschichte. Denn die Tochter Marie Antoinette, die sich der habsburgischen Heiratspolitik unterwerfen musste, war in der Folge bekanntlich eher eine Blöde. Aber um sie geht es hier nicht, im Mittelpunkt steht Maria Theresia, Drassl spielt sie mit königlicher Sturköpfigkeit in "Universum History", 20.15 Uhr, ORF 2.

Gerti Drassl thront in der "Universum History"-Doku.
Foto: ORF/Interspot Film

Mittwoch, 3. Mai – Toter Winkel, 20.15 Uhr, ARD
Die Polizisten sind sehr höflich: "Können Sie bitte Ihre Frau und Ihre Kinder wecken?", sagt der Beamte in stockfinsterer Nacht. Worum es geht? Bleiberecht verwirkt, Abschiebung, und zwar jetzt, Sachen zusammenpacken, maximal 20 Kilo pro Person, zurück nach Prishtina. "Wir leben seit 17 Jahren hier", sagt die Ehefrau und Mutter. Im folgenden Trubel ergreift die 15-jährige Tochter Anyá (Emma Drogunova) die Flucht. Das ist die eine Geschichte.
Die andere ist die von Karl Holzer (Herbert Knaup), Friseurmeister mit eigenem Friseursalon, und seinem Sohn Thomas (Hanno Koffler), die ein behütetes mittelständisches Leben führen, in Wahrheit ist der Sohn aber möglicherweise Mitglied einer rechtsradikalen Terrororganisation, die auch hinter der Abschiebung zu stecken scheint. "Pessimisten fürchten den Wind. Optimisten hoffen, dass er sich dreht. Realisten richten ihre Segel aus", lautet ein alter und wohl auch leicht abgetretener Kalenderspruch. Für diesen Film von Stephan Lacant (Regie) und Ben Braeulich (Drehbuch) trifft er zu. Es wird stürmisch.

Sein Vater (Herbert Knaup) hat einen Verdacht. Thomas (Hanno Koffler, re.) streitet alles ab.
Foto: WDR

Donnerstag, 4. Mai – Unter Verdacht – Verlorene Sicherheit, 20.15 Uhr, Arte
Krimi der Woche, Nummer eins: Eva-Maria Prohacek legt seit 15 Jahren Sümpfe trocken, nämlich die im eigenen Revier, im neuen Fall dem Anlass entsprechend sogar in zwei Folgen mit jeweils 90 Minuten. Terror in München, beim Oktoberfest gab es ein islamistisches Selbstmordattentat. Die ersten Bilder im Film von Andreas Herzog (Regie), Stefan Holtz, Florian Iwersen (Drehbuch) und Wolfgang Aichholzer (Kamera) zeigen Krieg in Bayern und Senta Berger auf den Spuren von "Homeland" – inklusive Gesundheitsproblematik, statt der Nervenzusammenbrüche von Carrie Mathieson gibt es einen sogenannten stummen Schlaganfall. Der Arzt verordnet Bettruhe, aber nachdem die Prohacek schon immer auf Autoritäten gepfiffen hat, schert sie sich auch jetzt nicht darum. Dahinter wüten Korruption und bajuwarische Freunderlwirtschaft. Großartig.

Senta Berger und Gerd Anthoff.
Foto: ZDF / Barbara Bauriedl

Freitag, 5. Mai – Sense 8, Netflix
Dazu gab es vorerst von Netflix eine Sperrfrist und von der neuen Staffel nur einen Trailer zu sehen.

Netflix US & Canada

Samstag, 7. Mai – Der große Polt, 20.15 Uhr, BR
Das muss gefeiert werden: Gerhard Polt wird 75, und weil der Gottsoberste der Spaßgrantigen ein Herz für uns arme Sünder hat, hat er ein Konversationslexikon geschrieben, in dem er Wörter wie "Antilopentrachtenlederanzug", "Brunzkachlartist" und "Chlorwasserkolumbus" erklärt, wofür ihm auf den Knien zu danken ist. Der Bayerische Rundfunk gratuliert mit Polts Film "Herr Ober" und einem Porträt.

Gerhard Polt im Sketch "Das Interview" aus "Fast wia im richtigen Leben".
Brezensalzer

Sonntag, 8. Mai – Polizeiruf 110 – Nachtdienst, 1.20 Uhr, ARD
Krimi der Woche, Nummer zwei: Was zeichnet einen guten Krimi aus? Wenn er Vehikel für Lebenswelten darstellt, die wir "Normalsterbliche" für gewöhnlich nicht betreten. Im Fall des neuen "Polizeirufs" mit Matthias Brandt ist dies die Parallelwelt des Pflegeheims. Mit der ihm eigenen Mischung aus Neugierde und Sturheit deckt Hans von Meuffels mithilfe einer demenzkranken Insassin (Elisabeth Schwarz) einen Mord auf, den keiner gesehen haben will und der den "natürlichen Tod" in ein Setting versetzt, das an "Shining" erinnert, dabei aber ohne Horroreffekte auskommt. Ariela Bogenberger und Astrid Ströher schrieben das Drehbuch, Rainer Kaufmann führte Regie.

Matthias Brandt (re.) und Ernst Jacobi schieben "Nachtdienst" im "Polizeiruf".
Foto: BR/die film gmbh /Hendrik Heiden

Montag, 9. Mai – 4 Blocks, 21 Uhr, TNT Serie
Der Österreicher Marvin Kren hat mit dem Zombiefilm "Rammbock" bewiesen, dass er ein Mann des Fachs ist. Für TNT hat er nun die erste deutsche Eigenproduktion inszeniert und endlich das geschafft, woran Vorgänger wie "You Are Wanted" und "Add a Friend" gescheitert sind. Die Geschichte des Toni Hamady, der den Ausstieg aus der Drogenszene in Neukölln versucht und mit Frau und Tochter ein Leben ohne Kriminalität führen will, rollt den alten Heldenmythos mit den Mitteln des Storytelling neu auf. "4 Blocks" muss den Vergleich mit Kapazundern wie "Gomorrha" nicht fürchten. Zumindest die ersten beiden Folgen sind Naturgewalten.

TNT Comedy | TNT Serie | TNT Film

Mein Trailer der Woche fällt diese Woche unter die Kategorie "besonders g'schmackig". Mit "Blood Drive" greift Syfy in die unterste Trashkiste und zerlegt Autos wie Menschen in Einzelteile.

JoBlo TV Show Trailers

Showrunner James Roland huldigt der guten alten Zeiten des Grindhouse-Kinos und lässt Alan Ritchson gegen Christina Ochoa und ihren im wahrsten Sinn des Wortes messerscharfen Flitzer antreten. Syfy will 13 Folgen noch 2017 spielen. Am Ende des Tages ist viel Blut vergossen, so soll es sein. Frohes Schauen, bleibt mir gewogen! (Doris Priesching, 2.5.2017)