Dass Menschen unterschiedlichen Alters auch unterschiedlich wählen, ist nicht unbekannt.

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Laut der ORF-Wahltagsbefragung kam der EU-Wahl-Sieger ÖVP bei Wählerinnen und Wählern ab 60 Jahren knapp an die 50-Prozent-Marke heran. Bei den unter 30-Jährigen waren es hingegen gerade einmal 16 Prozent, mehr als zehn Prozentpunkte hinter den Grünen.

Das Bild in Deutschland ähnelt in diesem Aspekt dem heimischen: Der Stimmenanteil der CDU/CSU sank bei der Europawahl mit dem Alter dramatisch (von 41 Prozent bei der Generation 60+ auf 14 Prozent bei den unter 30-Jährigen), jener der Grünen stieg an (von 13 auf 31 Prozent). Letztere waren hier stärkste Kraft.

Es ist nicht neu, dass Menschen unterschiedlichen Alters auch unterschiedlich wählen. Dennoch ist das Ergebnis – Vergleichbarkeit einer EU-Wahl hin oder her – in seiner Dimension bemerkenswert.

Auch bei anderen Anlässen finden sich markante Brüche zwischen den Generationen: 2013 befragte die österreichische Bundesregierung die Bevölkerung, ob Wehrpflicht und Zivildienst beibehalten oder abgeschafft werden sollen. Abstimmende über 60 Jahre unterstützten zu rund 70 Prozent den Status quo, jene unter 30 waren zu knapp zwei Dritteln für Berufsheer und freiwilliges soziales Jahr.

International kommt man bei diesem Thema an zwei folgenreichen Beispielen der jüngeren Vergangenheit nicht vorbei: Hätten 2016 nur Britinnen und Briten unter 30 über die Zukunft des Landes in der EU abgestimmt, dann wäre das holpernde Brexit-Prozedere erst gar nicht in Gang gesetzt worden. Auch im Weißen Haus säße ziemlich sicher jemand anders, ginge es nach dem Willen junger Wählerinnen und Wähler.

Zugegeben, Entweder-oder-Abstimmungen spitzen Unterschiede noch stärker zu, als sich Abweichungen im Wahlverhalten etwa auf die Mandatsverteilung im Nationalrat auswirken. Aber es ist unübersehbar, dass Jung und Alt in ihrer Bewertung von Politik teils weit auseinanderliegen (und auch ganz unterschiedlich darüber kommunizieren – was manche Parteien sehr hilflos zu machen scheint).

Dazu noch ein aktueller Fall aus Österreich, ebenfalls aus den ORF-Wahldaten: Zum Zeitpunkt der EU-Wahl waren mehr als 40 Prozent der befragten Generation 60+ über das vorzeitige Regierungsende von Türkis und Blau enttäuscht (was freilich nichts darüber aussagt, wem sie die Schuld dafür gaben). Bei Menschen unter 30 Jahren waren es weniger als 20 Prozent.

Natürlich lassen sich immer Teile der Gesellschaft finden, die Politik ganz unterschiedlich sehen und entsprechend entscheiden. Auch heißt die Gegenüberstellung nicht, dass Jung und Alt geschlossen als Blöcke agieren. In beiden Gruppen finden sich zweifellos zahlreiche anders Denkende und Handelnde. Aber das Alter ist eine Konfliktlinie in der politischen Auseinandersetzung, deren Bedeutung in Zukunft wohl kaum abnehmen wird. (Flooh Perlot, 11.6.2019)