Wow. Mit so vielen solchen Postings habe ich nicht gerechnet. Stopfleber zu machen ist eine ziemliche Qual für Gänse. Die Stopfer behaupten zwar beharrlich das Gegenteil, aber das ist wohl so, wie die Tabakindustrie lange abgestritten hat, dass Zigaretten ungesund sind. 

Ich habe bisher trotzdem gelegentlich Foie Gras gegessen. Weil ich das Stopfen nicht für grausamer gehalten habe, als etwa männliche Küken zu schreddern. Oder Truthähne in wenigen Wochen auf ihr Schlachtgewicht zu mästen, sodass ihre Knochen nicht schnell genug mitwachsen und unter ihrem Gewicht brechen. Oder afrikanische Migranten zu Hungerlöhnen Gemüse ernten lassen. Oder südamerikanische Kleinbauern gewaltsam zu vertreiben, damit man auf ihrem Land gentechnisch verändertes Soja anbauen kann, mit dem wiederum in Österreich Kühe gemästet werden. Und nein, das AMA-Siegel heißt nicht, dass da kein Soja aus Brasilien in die Kuh gekommen ist.

Fast jeder Österreicher unterstützt täglich Grausamkeiten, wenn er isst, und sei es nur, dass er beim All-you-can-eat-Chinesen um die Ecke Huhn Süß Sauer nimmt oder im Dezember spanische Tomaten kauft. Gleichzeitig hat jeder andere ethische Grenzen, die er für den Genuss nicht überschreiten würde. 

Trotzdem hat jeder Poster, der sich hier aufregt, recht. Ich habe mir bisher, vielleicht naiv, gedacht: das Gänsestopfen ist nicht das große Problem unserer Nahrungskette. Weil das das Stopfen natürlich nicht besser macht und ich Leid nicht aufwiegen will ("Ich esse fünf mal kein Schnitzel, dafür gönn ich mir einmal Foie Gras") verstehe ich jeden, der es schrecklich findet, Foie Gras zu essen.

Wer Fleisch isst, war ich immer überzeugt, sollte zumindest einmal eine Schlachtung gesehen und am besten mitgemacht haben. Als Stadtkind habe ich recht lange dafür gebraucht, weil Tiere töten - im Gegensatz zu Fleisch essen - in Teilen Österreichs so ein Tabu ist, dass nicht einmal Fleischer gern Journalisten dabei zusehen lassen. In einem Gänsemast-Betrieb hingegen war ich noch nie. Ich verspreche aber, das bei Gelegenheit nachzuholen. Gut möglich, dass ich danach keine Foie Gras mehr esse. Bei Interesse werde ich gerne darüber berichten.
Nächste Woche gibts übrigens Sauschädl. (derStandard.at, 18.12.2011)