Wer in den vergangenen Tagen in den Bezirken Neubau und Mariahilf unterwegs war, hatte des Gefühl, dass demnächst ein großes Ereignis bevorsteht. Politiker klopften an der Türe, Plakate wurden affichiert und Youtube-Videos gedreht. Wien-Wahl? Bundespräsidentschaftswahl? Nein. Es geht "nur" um eine Einkaufsstraße, die verkehrsberuhigt werden soll. Ja, die Mariahilfer Straße neu ist ein Prestige-Projekt der Grünen Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou. Ja, die erste rot-grüne Koalition in Wien wird daran gemessen. Dennoch kann man kurz vor dem Start der Anrainerbefragung sagen: Gut, dass die Aufregung bald vorbei ist.

Was sich seit August gezeigt hat, war beispielhaft für das Versagen der Parteipolitik. Die Grünen sind viel zu naiv in das Projekt gestartet. Die Maßnahmen wurden unzureichend kommuniziert. Die Roten haben erste Reihe fußfrei mitangesehen, wie der Koalitionspartner anrennt (Beispiel: 13A-Streckenführung). Und auch die ÖVP, die gar nicht mehr geschlossen gegen die Fußgängerzone ist, hat dazu beigetragen, das Projekt schlecht zu reden, indem sie beim Parteien-Hick-Hack an vorderster Front mitspielte.

Nun kann sich die Stadtregierung nach der Auszählung der Stimmen wieder jenen Themen widmen, die alle Wienerinnen und Wiener stärker betreffen. Was wurde aus dem Vorsatz, wohnen leistbar zu machen? Wann gibt es genug Kinderbetreuungsplätze? Wann werden endlich mehr Initiativen gesetzt, um den sozialen Zusammenhalt und die Integration in der Stadt zu fördern?

In Wien gibt es genug Baustellen, die sich mehr Aufmerksamkeit der Politik verdienen würden. (Rosa Winkler-Hermaden, DER STANDARD, 17.2.2014)