Mütter und Väter machen viele Dinge. Einige davon durfte ich selbst erleben, andere kenne ich nur vom Hörensagen. Jedenfalls: Alle davon scheinen mir sehr empfehlenswert für ein gelungenes Leben.
- Ein zu teures Cocktailkleid für keinen Anlass kaufen.
- Strandurlaub an der Oberen Adria.
- Zehn Kilometer am Stück laufen und einen Berg hinaufklettern.
- Aus dem Tom-Turbo-Buch-vorlesen.
- Das Tom-Turbo-Buch schlecht finden.
- Dennoch Bewunderung für Thomas Brezina und seinen unfassbaren Schreib-Output hegen.
- Ein bisschen neidisch sein, weil das mit dem eigenen Blog nicht so leicht gelingt.
- Roten Lippenstift tragen. Auch und gerade untertags.
- Stilettos anziehen und nach einer halben Stunde wieder ausziehen, weil die Füße so unglaublich wehtun.
- Im Kino einen Herz-Schmerz-Julia-Roberts-Film anschauen und feststellen, dass man einfach zu alt für diese Art von Schwachsinn ist.
- Um Hilfe bitten und angebotene Hilfe annehmen.
- Auch wenn das heißt, dass Opa und die Kinder zwei Schokoladekuchen verputzen und stundenlang fernsehen.
- Lehrerinnen und Lehrer der eigenen Kinder anpflaumen und sich am nächsten Tag reumütig für das eigene Fehlverhalten entschuldigen.
- Sex im Badezimmer haben, während die Kinder vorm Fernseher sitzen. Bevorzugt mit dem eigenen Mann.
- Eine Gesichtsbehandlung buchen und feststellen, dass man dieses Martyrium nie wieder über sich ergehen lassen möchte.
- Dafür eine feste Beziehung zu einem Friseur eingehen.
- Sich in einer Bar mit einer Freundin betrinken, ohne den ganzen Abend einen einzigen Satz über die Kinder zu sprechen.
- Dabei mit dem Barkeeper oder sonst einem Typen flirten.
- Anschließend froh sein, dass man zum eigenen Mann nach Hause geht. Weil andere Männer nämlich meist irgendwie komisch sind, wenn man jahrelang neben einem einzigen gelebt hat.
- Das Bad verdrecken lassen, bis es einem anderen Familienmitglied zu viel ist. Dieses Familienmitglied wird man selbst sein.
- Einen exzellenten BH mit fachgerechter Beratung kaufen. Der Busen schaut nicht mehr aus wie mit 25, obwohl dir dein Mann das nie sagen würde.
- Vor anderen Müttern mit dem eigenen Kind und seiner Intelligenz angeben.
- Sich anschließend für dieses Verhalten genieren.
- Ein Wochenende alleine wegfahren. Die Kinder dabei nicht vermissen. Und den Mann auch nicht.
- Einen Babyschwimmkurs mit perfekten Müttern in perfekten Bikinis besuchen. Und nachher eine Schachtel Vanilleeis essen, weil der eigene Bauch sich nie wieder rückbilden wird. Außer durch die wundersamen Fähigkeiten der Schönheitschirurgie.
- Das trotzige Kind im Supermarkt vor dem Süßigkeitenregal schreien lassen. Und sich nicht davon irritieren lassen, wenn andere Erwachsene blöd schauen.
- Nein zu den Kindern sagen und dazu stehen.
- Nein zu den Kindern sagen und nachgeben. Aber nur, wenn es um das zweite Eis geht.
- Niemals jemandem erzählen, dass man beim zweiten Eis nachgegeben hat. Wegen der Wichtigkeit von Konsequenz in der Kindererziehung und so.
- Einem Kaufrausch im Spielzeuggeschäft erliegen und zu Hause schamhaft gestehen, dass man dort 182 Euro auf einmal ausgegeben hat (obwohl es in Wirklichkeit 326 Euro waren).
- Mit den Kindern Cola trinkend und Popcorn essend einen Disney-Film im Kino anschauen.
- Brazilian Waxing. Unfassbar zeitsparend.
- Bei "Findet Nemo", "Heidi" oder "Bambi" zu Hause mit den Kindern auf der Wohnzimmercouch weinen.
- Kindern die Wahrheit über die Welt sagen. Und sie anschließend trösten darüber, dass die Erwachsenen alles irgendwie falsch machen im Moment.
- Einen völlig sinnlosen Workshop oder Vortrag zum Thema Kindererziehung besuchen und dafür mindestens 30 Euro bezahlen. Vor Ort wissend nicken und die eigenen Qualitäten maßlos loben. Mitleidsvoll auf die Eltern schauen, die dort tatsächlich Hilfe suchen und ihr Innerstes offenbaren.
- Die neueste Justin-Bieber-Single auswendig mitsingen können.
- Und wenn in der Öffentlichkeit über ihn gesprochen wird, unschuldig fragen: Justin wer???
- Sich am Samstagmorgen schlafend stellen und den Mann aufstehen lassen und dann heimlich lesen, bis jemand lauthals schreit: "Mama!!! Frühstück!!!!!!"
- Einen Geburtsvorbereitungskurs besuchen und dort unangenehme Fragen stellen, zum Beispiel: Was passiert, wenn ich während der Geburt auf die Toilette muss?
- Daran glauben, dass man eine gute Mutter ist.
- Irgendetwas vergessen, zum Beispiel Schlafwindeln für die Kleinsten, Mitteilungsheft für das Volksschulkind, den Anzug für die Maturafeier aus der Putzerei oder das Akne-Gegenmittel-Rezept von der Hautärztin.
- Dann darauf warten, dass es irgendjemandem auffällt. Und dann die Schuld a) jemand anderem geben oder b) darauf verweisen, dass die Kinder zur Selbstständigkeit und zur Eigenverantwortung erzogen werden. Anschließend aushalten, dass irgendein Familienmitglied tagelang nicht mit einem spricht.
- Die Bedürfnisse der Kinder achten. Und die eigenen Bedürfnisse nie, nie, nie vergessen.
- Zum Kinderarzt gehen und vorher im Internet alles nachgelesen haben über die schwierige Erkrankung des Kindes. Fest daran glauben, dass es mit einhundertprozentiger Sicherheit der durch Vergleiche mit Forumseinträgen und Google-Bildern diagnostizierte Hautpilz ist und danach vom Kinderarzt mit der Bitte entlassen werden, das Kind doch öfter als einmal im Jahr einzucremen. Weil nämlich der Hautpilz nur trockene Haut ist. Erleichtert sein und beim nächsten Mal die exakt gleiche Vorgehensweise samt Google-Diagnose anwenden.
- Unterwäsche kaufen oder Sexspielzeug oder jedenfalls, was immer notwendig ist, tun, um das Sexleben mit dem eigenen Partner aufrechtzuerhalten.
- Sich am Telefon verleugnen lassen, wenn ein Schwiegerelternteil anruft. Die Kinder als Ausrede benutzen, weil man nicht zum Großtanten-Besuch oder zum Adventsingen will.
- Immer, immer, immer, wenn es ganz schlimm wird, ein Lied auf den Lippen haben. Bevorzugt dieses.
- Jeden einzelnen Tag dankbar sein dafür, dass die Kinder da sind. Weil sie uns den Spiegel vorhalten, uns herausfordern und das Leben ohne sie einfach fürchterlich langweilig wäre.
- Genau jetzt aufstehen, vor die Tür gehen, etwas nur ganz für sich selbst tun und sich selbst beglückwünschen dazu, dass man all das schafft.
- Und vorher noch die Kinder umarmen und abbusseln. (Sanna Weisz, 11.12.2016)