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Bitcoin wurden gewissermaßen Opfer des eigenen Erfolgs, der starke Zulauf in die Onlinewährung hat das technische System dahinter an seine Leistungsgrenzen gebracht.

Foto: Jens Kalaene/dpa

Wien – Sehr teuer oder extrem langsam – vermehrt sind aus der Community Klagen über Transaktionen mit der Digitalwährung Bitcoin zu vernehmen. Waren noch vor einem Jahr Gebühren im Bereich weniger US-Cent üblich, werden inzwischen für eine zeitnah durchgeführte Transaktion mitunter mehr als zwei Dollar fällig – was die Bezahlung einer Pizza oder eines Glases Bier mit Bitcoin empfindlich verteuert. Bei Anbietern mit geringeren Gebühren heißt es bis zur Ausführung oftmals: Bitte warten.

Damit ist der Bitcoin gewissermaßen Opfer des eigenen Erfolgs geworden, der starke Zulauf in die Onlinewährung hat das technische System dahinter an seine Leistungsgrenzen gebracht. Abhilfe für dieses sogenannte Skalierungsproblem soll eine Umstellung per 1. August bringen – allerdings hat die damit verbundene Unsicherheit den Kurs zuletzt regelrecht abstürzen lassen. Nachdem die Notierung Mitte Juni noch an der Marke von 3000 Dollar gekratzt hatte, war ein Bitcoin am vergangenen Wochenende im Tief um weniger als 1820 Dollar zu haben.

"Noch vor wenigen Tagen habe ich befürchtet, dass die Umstellung ein Chaos werden könnte", sagt Eric Demuth, Chef der Wiener Firma Coinimal, welche die Handelsplattform für Digitalwährungen Bitpanda betreibt. Ursache seien Unsicherheiten darüber gewesen, welche Technologie ab 1. August zur Anwendung kommen werde. Seit Montag dürften die Würfel aber gefallen sein: Bitmain, der weltgrößte Bitcoin-Schürfer – diese schaffen durch Rechenleistung zusätzliche Einheiten der Digitalwährung -, gab bekannt, künftig auf das sogenannte Segwit-2X-Protokoll zu setzen.

Kurshoch nach Umstellung

"Ich bin zu 99 Prozent sicher, dass Segwit 2X kommen wird", erwartet nun Demuth. Obwohl er trotzdem kurzfristige "Tumulte" rund um die Umstellung für wahrscheinlich hält, bereitet ihm der 1. August keine großen Sorgen mehr – und offenbar auch der Mehrheit der Community. Seit der Ankündigung von Bitmain geht es mit dem Kurs wieder steil aufwärts: Rund 2750 Dollar standen am Sonntag wieder zu Buche.

Wie es nach der Umstellung weitergehen wird, erklärt Demuth wie folgt: "Wenn sie vernünftig umgesetzt wird, sehen wir noch vor 1. September ein neues Allzeithoch. Ich bin sicher, dass der Kurs über 3000 Dollar steigen wird." Darüber hinaus will er keine längerfristigen Kursprognosen abgeben, da er diese für "unseriös" hält, gewährt aber Einblick in seine Erwartungshaltung für die generelle Entwicklung.

Insgesamt sind die mehr als 800 Digitalwährungen derzeit rund 80 Milliarden Dollar wert, also bloß ein kleiner Bruchteil von herkömmlichen Zahlungsmitteln. "Momentan nehme ich 20 bis 30 dieser Coins ernst", sagt Demuth, der die Situation mit den Anfängen des Internets in den frühen 1990er-Jahren vergleicht – mit dem Unterschied, dass die Entwicklung bei Digitalwährungen schneller gehen werde.

Euro als Digitalwährung

"Ich erwarte aber nicht, dass Bitcoin den Euro irgendwann ablösen wird", betont Demuth. Vielmehr werde es auf eine Koexistenz von digitalen Währungen und Euro, Dollar & Co hinauslaufen. Wobei er davon ausgeht, dass die Europäische Zentralbank (EZB) Bargeld früher oder später abschafft – "das passiert schon Schritt für Schritt" – und im Gegenzug den Euro technologisch ebenfalls als digitale Währung ausgestalten wird.

"Ich halte das für ein realistisches Szenario", sagt Demuth. "Die EZB kann die Kontrolle über die Währung behalten und sich gleichzeitig die technologischen Vorteile herauspicken." Durch den Einsatz der dahinterstehenden Blockchain-Technologie würde der Euro fälschungssicher und alle Transaktionen nachvollziehbar – und damit für illegale Aktivitäten nur schwer nutzbar.

Wie Demuth digitale Währungen als Investitionsobjekt einstuft? "Ich halte sie für eine gute Anlage, wenn ich den Horizont habe, sie zumindest fünf Jahre zu halten." Er empfiehlt drei bis fünf Prozent des Vermögens in diese Coins zu investieren, um ein Portfolio zu diversifizieren, da digitale Währungen nicht mit anderen Finanzprodukten korrelieren würden, sich also unabhängig entwickeln. Welche Onlinewährung er bevorzugt? "Ich bin ein Fan von Bitcoin, weil es der stabilste Coin ist, mit der größten Nutzung", sagt Demuth. "Bitcoin ist für mich digitales Gold."

Gute Geschäfte

Geschäftlich profitiert der Coinimal-Chef und -Mitgründer ebenfalls vom Höhenflug der Digitalwährungen. Die 2014 gestartete Plattform Bitpanda ist ihm zufolge seit dem Vorjahr profitabel und beschäftigt 20 Mitarbeiter, weitere sollen demnächst hinzukommen. Die Plattform wickelt für 300.000 Kunden Transaktionen für rund 30 Millionen Euro ab. Jeden Tag kommen laut Demuth 1500 Neuanmeldungen dazu: "Die kommen von ganz alleine. Wir machen keine Werbung, das läuft nur über Mundpropaganda." (Alexander Hahn, 23.7.2017)